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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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er den Fußweg hinunterraste, wurde Catso nicht einmal gewahr, daß sich die Knoten auf ihre verstohlene Art in seine Hand geschmuggelt hatten; zu sehr war er mit dem Problem der Flucht beschäftigt. Brendan war schon auf die Archway Road verschwunden. Catso riskierte einen Blick über die Schulter, um zu sehen, ob die Polizisten ihm nachsetzten.
    Es zeigte sich jedoch keine Spur von ihnen. Selbst wenn sie jetzt anfingen die Verfolgung aufzunehmen, so überlegte er, würden sie ihn nicht schnappen. Wenn, dann wäre Karney dran.
    Catso verlangsamte sein Tempo, blieb dann stehen und blickte wieder den Pfad hinauf, um zu sehen, ob der Idiot irgendwelche Anstalten machte zu folgen, aber er war noch nicht einmal durch den Zaun geklettert.
    »Verdammt soll er sein«, sagte Catso im Flüsterton.
    Vielleicht sollte er wieder zurücklaufen und ihn holen?
    Während er noch unschlüssig auf dem verfinsterten Fußweg herumstand, wurde er gewahr, daß sich das, was seiner Meinung nach ein böiger Wind in den überhängenden Bäumen gewesen war, schlagartig gelegt hatte. Die plötzliche Stille war ihm unheimlich. Er löste seinen Blick von dem Pfad, um in den Ästebaldachin hin auf zu schauen, und seine entsetzten Augen erfaßten die Gestalt, die eben zu ihm heruntergekrochen kam und einen Gestank von Schlamm und Zersetzung mit sich brachte. Langsam, wie in einem Traum, hob er die Hände, um die Kreatur davon abzuhalten, ihn zu berühren, aber mit nassen, eisigen Gliedern langte sie herunter und riß ihn an sich.
    Karney, der gerade durch den Zaun kletterte, konnte beobachten, wie Catso vom Boden gelüpft und in die Deckung der Bäume gezerrt wurde; sah, wie seine Beine in der Luft strampelten, während ihm Diebesgut aus den Taschen fiel und den Fußweg Richtung Archway Road hinunterhopste.
    Dann kreischte Catso auf, und seine baumelnden Beine begannen, sich noch rasender zu bewegen. Am oberen Ende des Fußwegs hörte Karney jemanden rufen. Ein Polizist zu einem anderen, vermutete er. Im nächsten Moment hörte er das Geräusch laufender Füße. Er sah flüchtig zur Hornsey Lane hinauf – die Polizeibeamten mußten erst noch den oberen Zugang des Fußwegs erreichen – und schaute dann wieder in Catsos Richtung hinunter, gerade rechtzeitig, um mitzubekommen, wie dessen Körper vom Baum herunterfiel.
    Schlaff stürzte er zu Boden, kam aber im nächsten Moment wieder schwankend auf die Beine. Catso schaute kurz den Fußweg zu Karney hinauf. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war, selbst im düsteren Zwielicht der Natriumdampflampen, der eines Irrsinnigen. Dann rannte er los. Karney, zufrieden, daß Catso einen Vorsprung hatte, schlüpfte durch den Zaun zurück, als die Polizisten am oberen Ende des Fußwegs auftauchten und die Verfolgung Catsos aufnahmen. All dies –
    der Knoten, die Diebe, die Jagd, der Aufschrei und das alles –
    hatte nur eine Handvoll Sekunden in Anspruch genommen, in denen Karney nicht Atem geholt hatte. Nun legte er sich auf ein dornenbesetztes Brombeerstrauchkissen und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen, indes auf der anderen Seite des Zauns die Polizisten, ihrer Verdachtsperson hinterherschreiend, den Fußpfad hinunterpreschten.
    Catso hörte die Befehle kaum. Es war nicht die Polizei, vor der er davonrannte; es war das schlammverschmierte Wesen, das ihn emporgehoben hatte, um ihn an sein zerschlitztes und schwäriges Gesicht zu drücken. Als er die Archway Road erreichte, spürte er, wie seine Glieder zu zittern begannen. Falls seine Beine wegknickten, würde die Kreatur ihn mit Sicherheit zum zweiten Mal holen kommen und, wie vorher auch, ihren Mund auf den seinen legen. Nur hätte er diesmal nicht mehr die Kraft zu schreien; das Leben würde ihm aus den Lungen gesaugt werden. Seine einzige Hoffnung lag darin, die Straße zwischen sich und seinen Peiniger zu bringen. Den lauten Atem der Bestie in den Ohren, erkletterte er die Leitplanke, hüpfte auf die Straße hinunter und lief quer über die Fahrbahn Richtung Süden. Mitten auf der Straße erkannte er seinen Fehler. Das Grauen in seinem Kopf hatte ihn für alle anderen Risiken blind gemacht. Ein blauer Volvo – der Mund seines Fahrers ein makelloses O – steuerte direkt auf ihn zu. Wie ein Tier wurde Catso von seinen Scheinwerfern eingefangen, gebannt; zwei Herzschläge später traf ihn seitlich ein Schlag, der ihn im Rechtsdrall über den Mittelstreifen schleuderte, einem Sattelschlepper in den Weg. Der zweite Fahrer hatte keine

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