Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
Vom Netzwerk:
Hörer.
    »Carnegie.«
    Die Stimme am anderen Ende war fast bis zur Unhörbarkeit leise. »Carnegie«, sagte Johannson, »wir sind jetzt mit dem Labor ganz durch; ham jeden verwertbaren Hinweis auf die Tests von Dance und Welles ausgegraben, den wir finden konnten…«
    »Und?«

    »Außerdem ham wir Spuren von dem Wirkstoff aus der Spritze untersucht, die sie bei der Versuchsperson verwendet haben. Ich glaub’, wir haben den Jungen gefunden, Carnegie.«
    »Welchen Jungen?« wollte Carnegie wissen; er ärgerte sich über Johannsons dunkle Andeutungen.
    »Den Blinden Jungen, Carnegie.«
    »Und?«
    Aus irgendeinem unerklärlichen Grund war Carnegie sicher, daß der Mann in die Hörmuschel hineinlächelte, bevor er antwortete: »’s wär vielleicht besser, Sie kommen vorbei und schaun sich’s selber an. Paßt’s Ihnen so gegen Mittag?«
    Johannson hätte einer der größten Giftmörder der Geschichte sein können. Er hatte alle erforderlichen Qualifikationen dazu: einen ausgeprägten Sinn für Sauberkeit und Ordnung (Giftmörder waren, nach Carnegies Erfahrung, Musterbeispiele an Häuslichkeit), eine geduldige Wesensart (Gift brauchte mitunter lange), und vor allem ein umfassendes toxikologisches Wissen. Wer ihm bei der Arbeit zusah, wie es Carnegie schon in zwei früheren Fällen getan hatte, konnte einen ausgefuchsten Mann bei seinem ausgefuchsten Handwerk bewundern, ein Anblick, der Carnegie das Blut in den Adern gefror.
    Johannson hatte sich in der obersten Etage der Versuchsanstalt eingerichtet, wo Doktor Dance ermordet worden war; das war ihm lieber, als für seine Untersuchungen die polizeilichen Einrichtungen zu benutzen, weil, wie er Carnegie erklärte, ein Großteil der Apparaturen, die die Hume-Gesellschaft besaß, einfach nirgendwo sonst zu haben war.
    Sein raumgestaltender Einfluß hatte, unter Mithilfe seiner beiden Assistenten, das Labor jedoch von dem Verhau, den die Experimentatoren hinterlassen hatten, in einen Traum der Ordnung verwandelt. Nur die Affen bildeten eine Konstante.

    Johannson konnte machen, was er wollte, er brachte ihr Verhalten nicht unter Kontrolle.
    »Wir hatten keine besonderen Schwierigkeiten, die Droge zu finden, die man bei Ihrem Mann verwendet hat«, sagte Johannson. »Wir haben einfach die in der Spritze verbliebenen Spuren mit Substanzen gegengecheckt, die wir gleichfalls im Labor fanden. Anscheinend haben sie dieses Zeug, oder Varianten des Stoffes, schon einige Zeit lang fabriziert. Die Leute hier behaupten natürlich, nichts darüber zu wissen. Ich möcht’ ihnen fast glauben. Was die guten Doktoren hier getrieben haben, hatte ganz den Charakter eines privaten Experiments, da bin ich sicher.«
    »Was für ein Experiment eigentlich?« Johannson nahm die Brille ab und machte sich daran, die Gläser mit der Zunge seiner roten Krawatte zu putzen. »Zuerst ham wir gedacht, sie hätten eine Art Halluzinogen entwickelt«, sagte er. »In mancherlei Hinsicht ähnelt der bei Ihrem Mann verwendete Wirkstoff einem Narkotikum. In der Tat – wenn man mal von den Methoden absieht – haben sie meines Erachtens einige sehr aufregende Entdeckungen gemacht. Entwicklungen, mit denen wir absolutes Neuland betreten.«
    »Es ist also keine Droge?«
    »Aber ja doch, natürlich ist es eine Droge«, sagte Johannson und setzte die Brille wieder auf, »aber eine, die zu einem sehr spezifischen Zweck hergestellt wurde. Sehen Sie selber.«
    Carnegie folgte Johannson durch das Labor zu der Reihe von Affenkäfigen. Die separate Einsperrung war aufgehoben. Der Toxikologe hatte es für angebracht gehalten, die Verbindungstüren zwischen den aneinandergrenzenden Käfigen zu öffnen, so daß die Tiere sich beliebig in Gruppen zusammentun konnten. Die Folge war absolut offenkundig: Die Tiere waren mit einer komplexen Abfolge sexueller Handlungen beschäftigt. Weshalb nur, fragte sich Carnegie, benehmen sich Affen dauernd obszön? Wenn er mit seinen Sprößlingen, als sie noch Kinder waren, in den Regent’s-Park-Tiergarten ging, war es jedesmal die gleiche heiße Darbietung gewesen; das Affenhaus löste eine peinliche Frage nach der anderen aus. Nach einer Weile war er mit den Kindern nicht mehr hingegangen. Er fand es einfach zu beschämend.
    »Haben die denn nichts Besseres zu tun?« fragte er Johannson, schaute flüchtig weg und dann wieder hin auf eine ménage à trois, die so intim war, daß man unmöglich erkennen konnte, welches Glied zu welchem Affen gehörte.
    »Glauben Sie mir«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher