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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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seinen Körper gerichtet; inständig bat er ihn, doch kein Vergnügen an diesem Frevel zu finden. Aber seine Nervenenden waren treulos; die Eroberung setzte sie in Brand. Unter der spießenden Marter zeigte sich ein unverzeihlicher Teil von ihm der Lage durchaus gewachsen.
    Auf der Treppe rappelte sich Dooley mühsam hoch. Seine Lendenwirbelregion, die seit einem Autounfall vorige Weihnachten anfällig war, hatte praktisch unmittelbar, nachdem der Rasende in der Halle über ihn hergefallen war, ihren Geist aufgegeben. Jetzt, während er die Treppe hinunterstieg, bereitete die geringste Bewegung unerträgliche Qualen. Gelähmt vor Schmerz, torkelte er zur untersten Treppenstufe und blickte erstaunt in die Eingangshalle. Sollte das etwa Boyle sein – er, der Hochnäsige, er, der Aufsteiger, hergenommen wie ein Stricher, der dringend Geld für Dope braucht? Das Schauspiel fesselte Dooley mehrere Sekunden lang, bis er seinen Blick davon löste und ihn zu dem Gummiknüppel auf dem Fußabtreter hinüberschwenkte. Er bewegte sich vorsichtig, aber der Rasende war zu sehr von der Deflorierung in Anspruch genommen, um ihn zu bemerken.
    Jerome lauschte dem Herzen Boyles. Es schlug laut und verführerisch, und mit jedem Stoß in den Mann schien es lauter zu werden. Er wollte es haben: seine Hitze, seine Lebendigkeit.
    Jeromes Hand wanderte nach vorn, zu Boyles Brust, und fingerte an dem Fleisch.
    »Gib mir dein Herz«, sagte er. Das war wie eine Zeile aus einem der Songs.
    Boyle kreischte in die Wand, als ihm sein Angreifer die Brust zerfleischte. Er hatte Photos von der Frau in der Versuchsanstalt gesehen; in blitzartiger Deutlichkeit stand ihm die offene Wunde ihres Torsos vor Augen. Jetzt hatte der Irrsinnige dieselbe Greueltat im Sinn. Gib mir dein Herz. Bis an den Rand seiner Zurechnungsfähigkeit in Panik versetzt, bot Boyle all seine Kraft auf und setzte sich erneut zur Wehr, indem er hinter sich langte und den Torso des Mannes mit seinen Fingern zerkrallte: Nichts jedoch – nicht einmal der blutige Haarausfall auf dessen Kopfhaut – unterbrach den Rhythmus seiner Stöße. In höchster Not versuchte Boyle, eine seiner Hände zwischen seinen Körper und die Wand zu zwängen und zwischen seinen Beinen hindurch zu langen, um den Sauhund zu entmannen. Zur gleichen Zeit griff Dooley an und versetzte dem Hinterkopf des Mannes einen Hagel Gummiknüppelhiebe. Die Ablenkung verschaffte Boyle kostbaren Spielraum; er drückte sich mit aller Kraft gegen die Wand; die in Boyles Brust geschlagene Hand des Mannes, glitschig vor Blut, verlor ihren Halt. Und nochmals legte sich Boyle ins Zeug. Diesmal gelang es ihm, den Mann vollständig abzuschütteln. Die Körper fuhren auseinander; blutend, aber außer Gefahr, drehte sich Boyle um und sah zu, wie Dooley dem Mann durch die Eingangshalle folgte und dabei auf seinen schmierigen Blondkopf einprügelte. Er unternahm jedoch kaum etwas zu seinem Selbstschutz: Seine brennenden Augen (hier und jetzt erst erfaßte Boyle die sinnlich konkrete Genauigkeit dieser Metapher) ruhten noch immer auf dem Gegenstand seiner Zuneigung.
    »Bring ihn um!« sagte Boyle leise, während der Mann, von Schlägen eingedeckt, grinste – grinste! »Brich ihm sämtliche Knochen im Leib!«
    Selbst wenn Dooley, gehandikapt wie er war, in geeigneter Verfassung gewesen wäre, dem Befehl zu gehorchen, so hätte er doch keine Gelegenheit dazu gehabt. Seine Beschimpfungen wurden durch eine Stimme vom anderen Ende der Eingangshalle her unterbrochen. Eine Frau war aus der Wohnung aufgetaucht, durch die Boyle gekommen war. Auch sie war ein Opfer dieses Marodeurs, ihrer Verfassung nach zu urteilen; aber Dooleys Ankunft hatte ihren Belästiger offenkundig abgelenkt, ehe er ernsthaften Schaden anrichten konnte.
    »Verhaftet ihn!« sagte sie, auf den lüstern schielenden Mann deutend. »Er hat versucht, mich zu vergewaltigen!«
    Dooley rückte dem Gefangenen auf den Leib, um sich seiner zu bemächtigen, aber Jerome hatte andere Absichten. Er setzte seine Hand in Dooleys Gesicht und stieß ihn rückwärts gegen die Haustür. Die Kokosmatte rutschte unter ihm weg: Er stürzte beinahe. Bis er sein Gleichgewicht wiedererlangt hatte, war Jerome auf und davon. Boyle machte einen erbärmlichen Versuch, ihn aufzuhalten, aber die Fetzen seiner Hose waren um seine Unterschenkel gewickelt, und Jerome, schnellfüßig, hatte bald die halbe Treppe hinter sich.

    »Fordern Sie Verstärkung an«, befahl Boyle Dooley. »Und machen Sie

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