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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Johannson mit einem affektierten Grinsen, »das ist noch harmlos im Vergleich zu vielem, was sie sonst noch vollführt haben, seit wir ihnen einen Schuß von dem Wirkstoff spritzten. Von dem Punkt an haben sie alle normalen Verhaltensmuster fallengelassen; sie haben die Signale zur Paarungsbereitschaft übergangen, ebenso die Werberituale. Für Nahrung zeigen sie keinerlei Interesse mehr. Sie schlafen nicht.
    Sie sind zu sexuell Besessenen geworden. Alle anderen Anreize sind vergessen. Wenn der Wirkstoff nicht auf natürlichem Weg ausgeschieden wird, dann befürcht’ ich, sie werden sich zu Tode bumsen.«
    Carnegie schaute sich die restlichen Käfige an: In jedem wurden die gleichen pornographischen Szenen durchgespielt.
    Massenvergewaltigung, homosexuelle Verbindungen, feurige und ekstatische Masturbation.
    »Kein Wunder, daß die Doktoren ein Geheimprojekt aus ihrer Entdeckung gemacht haben«, fuhr Johannson fort. »Sie hatten da was spitzgekriegt, das ihnen ein Vermögen hätte einbringen können. Ein Aphrodisiakum, das tatsächlich wirkt.«
    »Ein Aphrodisiakum?«
    »Die meisten sind natürlich unbrauchbar. Rhinozeroshorn, lebende Aale in Sahnesoße: symbolisches Zeugs. Sollen auf assoziativem Weg erregen.«

    Carnegie erinnerte sich an den Hunger in Jeromes Augen.
    Der fand hier seinen Widerhall, in denen der Affen. Hunger und die Verzweiflung, die der Hunger mit sich bringt.
    »Und die Salben ebenfalls, alles unbrauchbar. Cantharis vesicatoria… «
    »Was ist das?«
    »Sie kennen das Zeug vielleicht unter dem Namen Spanische Fliege? Es ist eine aus einem Käfer hergestellte Paste. Wie gesagt, unbrauchbar. Bestenfalls holt man sich von derartigen Mitteln eine Entzündung. Aber das hier…« Er nahm ein Fläschchen mit farbloser Flüssigkeit in die Hand. » Das grenzt schon verdammt nah an Genialität.«
    »Mir kommen sie nicht besonders glücklich damit vor.«
    »Na ja, es ist noch nicht ausgereift«, sagte Johannson. »Ich glaube, die Forscher waren zu sehr aufs Geld aus und sind gut zwei, drei Jahre früher zu Tests an lebenden Versuchsobjekten übergegangen, als man es vernünftigerweise vertreten kann. Im bisherigen Stadium ist der Stoff fast tödlich, da gibt’s keinen Zweifel. Aber mit der Zeit könnte man es schaffen, daß er wirklich funktioniert. Wissen Sie, die haben die mechanischen Probleme umgangen; dieser Stoff wirkt unmittelbar auf die sexuelle Phantasie ein, auf die Libido. Wenn man den Geist erregt, folgt das Fleisch nach. Das ist der Trick bei der Sache.«
    Ein Rütteln am Maschendraht ganz in der Nähe lenkte Carnegies Aufmerksamkeit von Johannsons bleichen Gesichtszügen ab. Eines der Affenweibchen, das offenbar mit den Aufmerksamkeiten mehrerer Männchen nicht zufriedengestellt war, hatte sich gegen die Wand ihres Käfigs gespreizt und streckte die flinken Finger nach Carnegie aus; ihre Gatten hatten sich, um nicht liebelos zu bleiben, auf Analverkehr verlegt. »Blinder Junge.« sagte Carnegie. »Ist das Jerome?«

    »Es muß wohl Cupido sein, oder?« sagte Johannson. »›Sie sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen, drum nennt man ja den Gott der Liebe blind.‹ Das is’ aus dem Sommernachtstraum. «
    »Der Barde war nie meine besondere Stärke«, sagte Carnegie. Er ging wieder dazu über, das Affenweibchen anzustarren. »Und Jerome?«
    »Der hat den Wirkstoff in seinem Organismus. Eine beträchtliche Dosis.«
    »Dann is’ er wie dieser Haufen da!«
    »Ich würde eher vermuten – da seine intellektuellen Fähigkeiten größer sind –, daß das Aphrodisiakum bei ihm doch wohl nicht ganz auf die gleiche, radikal enthemmende Art wirken kann. Muß aber gleich dazusagen, daß Sex die Besten von uns zu Affen machen kann, hab’ ich recht?« Johannson gestattete sich den Anflug eines Lächelns bei dieser Bemerkung. »All unsere sogenannten höheren Interessen müssen hinter der Jagd nach Lust zurückstehen. Eine kurze Zeit lang macht uns Sex zu Besessenen; wir können vollbringen, oder glauben zumindest vollbringen zu können, was einem im nachhinein wie eine außerordentliche Glanzleistung vorkommen mag.«
    »Ich kann an Vergewaltigung nichts Außerordentliches finden«, merkte Carnegie an, bemüht, Johannsons Ergießungen einzudämmen. Aber der andere war nicht zu bändigen.
    »Sex ohne Ende, ohne Kompromiß oder Rechtfertigung«, sagte er. »Stellen Sie sich das vor. Der Traum Casanovas.«
    Die Welt hatte so viele Zeitalter gesehen. Das Zeitalter der Aufklärung; der Reformation; der

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