Das 5. Gebot (German Edition)
davongekommen sind. Ihr Auto ist ausgebrannt, Ihre Sachen sind wahrscheinlich futsch.“
Sie wollte zu George. Wie spät war es eigentlich? War George überhaupt schon in Berlin? Aber er sollte um Gottes willen nicht vom Krankenhaus aus angerufen werden. Den Schock musste sie ihm ersparen. Und Onkel Willy? Der war sicher in der Bahnhofskneipe in Sheffield gestrandet. Aber Onkel Willy musste nicht alles wissen. Celia. Natürlich, Celia, sie war doch mit ihr verabredet gewesen. Aber ihre neue Telefonnummer hatte sie nicht im Kopf. Sie gab der Krankenschwester die Adresse und bat darum, Celia zu benachrichtigen. Celia würde ihr erst mal helfen. Sie brauchte ein Handy und ein paar Sachen. Siedend heiß fiel Vicky ein, dass sie für den folgenden Tag die Umzugskisten, einen Container und den Pfarrer bestellt hatte. Vicky merkte, dass sie kaum mehr einen klaren Gedanken fassen konnte.
„So, und jetzt ruhen Sie sich schön aus“, sagte Schwester Julie, als sie ihre Wunden versorgt hatte. Um Vickys Hals lag eine dicke Manschette, den Kopf hatte Schwester Julie fest eingewickelt.
„Muss ich wirklich diesen blöden Tropf haben?“, fragte Vicky, der die Nadel im Handrücken wehtat.
„Ohne Tropf würde es noch mehr wehtun …“
Als die Schwester gegangen war, fiel Vicky in einen unruhigen Schlaf, bis sie von einem Klopfen an der Tür geweckt wurde.
Im nächsten Moment stand Celia neben ihrem Bett. „Himmel, du machst ja Sachen“, sagte ihre alte Freundin. „Wie geht es dir, Schätzchen?“
„Wonach sieht’s denn aus?“
„Nach der neuen Kollektion von Dolce & Gabbana. Hast du dolle Schmerzen?“
„Am meisten tut mir dieser blöde Schlauch in der Hand weh.“
Vicky bat Celia, ins Langtry Manor zu fahren und ihr ein paar Sachen zum Anziehen und Waschzeug zu holen. „Mein Handy ist außerdem futsch. Ich muss George anrufen, aber ich will nicht, dass das Krankenhaus das macht, die erschrecken ihn zu Tode. Und irgendjemand muss morgen früh da sein, wenn Mums Haus ausgeräumt wird. Könntest du bei Sarah vorbeifahren – du weißt schon, die schrecklich neugierige Alte aus dem Haus gegenüber – und sie bitten, morgen den Abtransport der Möbel zu überwachen? Außerdem brauche ich Geld, mein Portemonnaie ist wohl mitverbrannt. Hilfst du mir, Celia?“
„Wie bist du je ohne mich klargekommen?“ Celia lächelte. „Mal sehen, wie viel ich bei mir habe.“ Sie wühlte in ihrer Geldbörse. „Fünfzig Pfund ... Die lasse ich dir erst mal da. Ich hole dir jetzt deine Klamotten, und morgen kriegst du ein funkelnagelneues Prepaid-Handy.“ Celia legte ihr eigenes Handy auf Vickys Nachttisch. „Bis nachher“, sagte sie.
„Du bist die Größte, danke.“ Vicky kämpfte gegen die schon wieder aufsteigende Übelkeit an.
„Und Sarah? Die kommt wie üblich in euer Haus?“, fragte Celia.
Vicky sah sie verständnislos an.
„Na, der Schlüssel, unter der Abdeckung der Gartenlampe. Liegt er da immer noch?“
Obwohl ihr hundeelend war, lächelte Vicky. So war das mit alten Freunden. Sie selbst hatte das Schlüsselversteck ihrer Mutter total vergessen. „Wahrscheinlich liegt er da immer noch.“
„Bis gleich.“ Als Celia die Tür öffnete, traf sie auf eine dunkelhaarige Frau in Uniform.
„Der Arzt hat mir gestattet, kurz mit Ihnen zu sprechen“, sagte die Uniformierte und stellte sich als Police Sergeant Banks vor.
„Mir ist so schlecht. Ich fürchte, ich muss mich gleich übergeben.“
„Nun, immer noch besser, als tot zu sein“, sagte die Polizistin. „Es grenzt an ein Wunder, dass Sie diesen Unfall überlebt haben.“
„Wissen Sie, was passiert ist?“ Vicky schluckte den sich sammelnden Speichel herunter.
„Das wollte ich eigentlich von Ihnen wissen.“ Die Polizistin zog sich einen Stuhl neben Victorias Bett. „Sie hatten einen schweren Unfall, Ihr Auto beziehungsweise das Auto von Fiona Pratchett hat nach einem Zusammenprall mit einem LKW Feuer gefangen und ist vollkommen ausgebrannt. Sie wurden bei dem Aufprall herausgeschleudert.“
„Ist irgendjemand zu Schaden gekommen, ich meine, außer mir ...“
„Gott sei Dank nicht. Nur eine Menge zerbeultes Blech.“ Die Polizistin zückte ihr Notizbuch.
Vicky schloss die Augen. Um sie herum drehte sich alles. Die Frau sollte gehen, Vicky wollte alleine sein. Nachdenken, soweit ihr schmerzender Schädel das zuließ. Was war passiert? Sie war mit Celia verabredet gewesen und hatte an der Küste entlang fahren wollen. Auf dem Weg zum Meer
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