sind Sie darauf gekommen, dass ich Ihre Enkelin bin?“
„Das sieht man, meine Kleine.“ Grunwald griff in seine Büchse der Pandora und holte die alten Fotos hervor.
Vicky und Dominique sahen sich die Fotos an. „Verblüffend“, sagte Dominique, „wie ein Ei dem anderen.“
„Ich habe Manuela sogar einmal angesprochen, da unten am See“, sagte Grunwald.
Vicky lächelte. Ja, jetzt erinnerte sie sich an den alten Mann mit dem Stock. Sie erinnerte sich auch an den Gedanken, den sie damals hatte. So ein Haus kann man nur erben. Gleichzeitig schoss ihr durch den Kopf, dass sie von diesem Mann keinesfalls etwas erben wollte. Dass sie keinesfalls als seine verschwundene Enkelin Manuela durchs Leben laufen wollte, als die Tochter von Topterroristen und Massenmördern. Nein, danke. Sie wollte lieber die Tochter der wunderbaren Fiona Pratchett bleiben, die ihr ein bescheidenes Reihenhäuschen und viel Liebe, Wärme und einen gesunden Menschenverstand vermacht hatte.
„Bitte nennen Sie mich nicht mehr Manuela. Ich bin und bleibe Victoria McIntosh. Und für meinen Großvater Vicky.“
Der alte Mann erhob sich langsam aus seinem Rattansessel, ging auf sie zu, nahm ihre Hand und küsste sie.
„Meine Verehrung, Mrs. McIntosh. Vicky.“
Epilog
Er blinzelte in die Sonne, die bereits hoch am Himmel stand. Da war sie, sie bog gerade um die Terrasse der Fischerhütte. Sie lächelte dieses besondere Lächeln, das er so sehr liebte. Und winkte. Mit dem gesunden Arm winkte er zurück. „Danke, Frau Birkholz“, sagte er, als seine Haushälterin den Korb mit den frischen Croissants auf den gedeckten Terrassentisch stellte, „Sie können jetzt den Cappuccino machen, Mrs. McIntosh wird gleich da sein.“
Victoria McIntosh. Ela. Sein Mädchen. Auch wenn sie nicht sein Mädchen sein wollte. Er lächelte in sich hinein. In der tiefen Tasche seines Morgenmantels fühlte er das Papier. Er hatte sein Testament geändert. Sie würde die Erbschaft nicht ausschlagen können, genauso, wie sie ihr Erbe nicht verleugnen konnte. Aber sie würde es erst nach seinem Tod erfahren. Fast zärtlich streichelte er das Papier, das ihm endlich die Kontrolle über sein Leben zurückgegeben hatte. Der alte Fuchs hatte noch einmal zugeschlagen.
Er hatte eine Stiftung zugunsten von Opfern des internationalen Terrorismus gegründet. Seitdem gehörte ihm nichts mehr, alles, was er besaß, hatte er dieser Stiftung vermacht: die Bank, das Haus, die Aktien, die Anlagen. Noch war er Vorsitzender des Stiftungsrats, aber in seinem Testament hatte er Vorkehrungen für seine Nachfolge getroffen. Er sah in Victoria McIntosh eine würdige Nachfolgerin an der Spitze der Stiftung. Sie würde das Vermögen, das seit Generationen in ihrer Familie vermehrt wurde, nicht nur über die Bank weiter vermehren lassen, sondern dafür Sorge tragen, dass es denen zugutekam, die es wirklich brauchten. Sitz der Stiftung war die Villa, die sein Vater an das Ufer des Schlachtensees gebaut hatte. Und Dominique Durand würde die Leitung der französischen Niederlassung der Bank übernehmen. Übernehmen müssen.
„Hallo Uropa!“, rief Vicky bereits von der Terrassentür aus. Hatte er das richtig verstanden? Als er in ihr eifriges, erhitztes Gesicht schaute, wusste er, dass er richtig verstanden hatte.
„Wir bekommen ein Baby?“, fragte er.
Vicky setzte sich zu ihm an den Frühstückstisch. „Ja, ja, ja, es hat geklappt.“
Er griff ihre Hand und drückte sie. „Jetzt ist alles gut“, sagte er.
Ja, alles würde gut werden.
Hinweis
„Das 5. Gebot“ ist ein rein fiktionaler Roman. Die Figuren und Geschehnisse entspringen ausschließlich meiner Fantasie, eine Beziehung zwischen den als Hintergrund gewählten historischen Ereignissen der späten Siebzigerjahre zueinander ist niemals festgestellt worden. Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Die Häuser am Schlachtensee und in der Gilgestraße gibt es nicht.
Wer mehr über die historischen Hintergründe erfahren will, kann hier nachschauen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Jonestown
http://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Armee_Fraktion
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