Das 5. Gebot (German Edition)
Lothar, der es möglicherweise deshalb zum mächtigen Chef einer mächtigen Organisation gebracht hatte.
Susanne war die Dritte. Susannes Tod war wie eine Raubkatze, die ihn angefallen hatte. Die Katze hatte ihm die Krallen ins Gesicht geschlagen und ihm die Eingeweide aus dem Leib gerissen.
Das Entsetzen war grenzenlos.
30. Kensington
Sie bewunderte ihn grenzenlos. Wie perfekt er auf Französisch parlierte. Sie hätte höchstens eine gestotterte Version zustande gebracht, allerdings nur, wenn sie vorher ein Wörterbuch bemüht hätte. Gespannt lauschte sie dem Telefongespräch. Leo hatte einfach die Nummer angerufen, die auf der Website der Kanzlei zu finden war. Er war offensichtlich dabei, eine Verabredung für sie zu treffen, so viel Französisch verstand sie gerade noch. Morgen. Morgen? In Lyon? Vicky versuchte hektisch den Kopf zu schütteln. Sie hatte nicht vor, dieses Haus so schnell wieder zu verlassen. Allein ihre Halsmanschette und die Schmerzen hinderten sie daran, ihren Unmut zu zeigen. Leo war gnadenlos. „Adieu, Mme Wersinger, merci, à demain.“
„Sie erwartet uns morgen Nachmittag. Isabelle hat sich die Sekretärin mit einem anderen Anwalt geteilt. Sie wird uns in den Büroräumen von Isabelle empfangen.“
„Leo, was heißt ‚uns‘?“
„Uns heißt uns. Wir fliegen nach Lyon, Häseken. Definitiv morgen.“
„Leo, ich kann so unmöglich nach Lyon fliegen. Ich sehe aus wie Frankensteins Braut!“
„Schlimmer. Aber lassen wir das. Du kriegst ein schickes Staubtuch um die Halskrause gebunden, und alles ist gut.“
„Und ich habe Schmerzen.“
„Du willst kneifen? Große Indianermädchen kennen keinen Schmerz. Lasse ich nicht gelten. Ich habe nur bis Ende der Woche Zeit, und einer muss ja auf dich aufpassen.“
„Leo, ich kann nicht, ich traue mich nicht aus dem Haus. Da draußen ist irgendjemand, der will, dass ich mir die Radieschen von unten ansehe.“
„Diesen jemand hast du abgehängt, oder? Niemand weiß, dass du hier bist.“
„Vielleicht sucht mich ja die Polizei? Wegen des Unfalls!“
„Du meinst, du bist zur Fahndung ausgeschrieben und nun auf ewig dazu verurteilt, dich hier bei mir zu verstecken? Red keinen Quatsch, Häseken, vielleicht sucht dich die Polizei an Orten, an denen sie dich vermuten, aber ganz bestimmt nicht in einer landesweiten Fahndung. So schnell geht das nicht!“
„Leo, ich habe gebrochene Rippen. Das tut weh!“
„Memme! Wir buchen jetzt einen Flug, und dann gehe ich einkaufen. Du brauchst was zum Anziehen.“
„Leo, hab Erbarmen!“
„Erbarmen ist was für Katholiken.“
„Außerdem musst du mir den Verband um die Rippen neu wickeln. Und ich brauche ein neues Druckpflaster am Kopf. Das ist mal das Dringlichste.“
„Ich habe eine bessere Idee, Kleines. Ich rufe jetzt unseren alten Freund Oli an und bitte ihn, hier vorbeizuschauen und dich professionell zu verarzten.“
„Oli? Oliver Cole?“
„Ach ja, du kennst den Knackarsch ja.“
„Na, hör mal, den habe ich dir doch sozusagen in die Arme getrieben, damals.“
„Stimmt, das hatte ich ganz vergessen. Also Oli. Okay?“
Vicky wollte wieder nicken. „Ja!“ Oje, das klang kläglich. Sie wusste selbst, wie verzagt sie wirken musste, aber das war ihr gleichgültig. Bei Leo konnte sie sie selbst sein. Und sie hatte definitiv Angst. Scheißangst, wie sie in Gedanken hinzufügte.
„Was um Gottes willen soll ich George sagen?“, fragte sie Leo, der bereits eifrig im Internet nach Flügen suchte.
„Sag ihm, dass wir morgen früh um 7.50 Uhr mit der British Airways von Heathrow nach Lyon fliegen. Und dass er noch ein paar Tage auf dich verzichten muss.“
Vicky kauerte sich in Leos alten Bibliothekssessel, der so herrlich nach Juchtenleder roch, und wählte Georges Nummer. Wieder nur die Mailbox. Sie hinterließ ihm eine Nachricht: „Ruf mich bitte zurück, ich muss dir ganz viel erzählen. Morgen früh fliege ich mit Leo nach Lyon, ich erzähle dir später warum. Bitte sei nicht böse, ich weiß, es hört sich alles verrückt an. Ich liebe dich!“
Leo musterte sie nachdenklich. „Kein Wunder, dass er dich für durchgeknallt hält.“
Nach seinem Telefonat mit Oli, den er bat, mit Spritzen, Pflaster, Bandagen und viel guter Laune vorbeizukommen, zog sich Leo an. „So, Häseken. Löwenvater kauft jetzt was Schickes fürs Häseken. Größe 38 dürfte dir nicht mehr so ganz passen. Also 40. Stimmt’s?“
„Findest du mich auch zu dick?“, fragte Vicky.
„Hast
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