Das 5. Gebot (German Edition)
kannst, nicht wahr, mein Kind.“ Bei den letzten Worten sah er Vicky direkt an.
„Mein Name ist Vicky, Victoria McIntosh, geborene Pratchett.“
„Das habe ich gehört. Was wir jetzt lösen müssen, ist das Rätsel, wie du zu Mrs. Pratchett gekommen bist.“
„Oh, das ist einfach zu erklären“, sagte Dominique und warf Vicky einen fragenden Blick zu. „Soll ich?“
Vicky nickte, dankbar, dass nicht sie all das wiedergeben sollte, was sie in diesem erschütternden Brief von Isabelles Mutter erfahren hatte.
Dominique fasste so knapp wie möglich auf Englisch die Ereignisse der späten Siebzigerjahre in Guyana zusammen. Gerhard, George und Peter Neumann hörten gebannt zu.
„Oh Gott, die arme Fiona. Jetzt verstehe ich auch, warum sie so war, wie sie war. Die arme Frau hat zeit ihres Lebens versucht, den Tod ihrer Tochter wiedergutzumachen“, sagte George.
Vicky war nicht entgangen, dass Gerhard Grunwald und Peter Neumann mehrmals Blicke gewechselt hatten. Nun nickte Grunwald Peter zu. „Neumann hatte recht bald vermutet, dass Petra nach Venezuela wollte.“
„Nur ist sie nie in Venezuela angekommen“, stimmte ihm Neumann zu.
„Weil meine Tochter in irgendeiner Höhle in Guyana verrottet ist“, sagte Grunwald bitter. „Vicky, du musst wissen, dass deine leibliche Mutter Petra Grunwald eine international gesuchte Terroristin war. Vielleicht hast du schon mal etwas von der Roten Armee Fraktion gehört. Diese Terrorgruppe hat vor allem in den Siebzigerjahren in Deutschland ihr Unwesen getrieben. Petra hat nicht nur den Tod meiner besten Freunde und einer unschuldigen Frau auf dem Gewissen. Sie hat auch unser aller Leben ruiniert. Ihr – deine Schwester Birgit und du – habt die ersten drei Jahre eures Lebens hier in diesem Haus bei meiner Frau Trudi und mir verbracht. Petra hat euch in einer Nacht- und Nebelaktion von hier entführt. Trotzdem ist es gut, dass ich jetzt weiß, wo Petra begraben ist. So hat die liebe Seele Ruh!“
„Meine Mutter ist Fiona Pratchett“, sagte Vicky. „Diese Frau, diese Petra, ist nicht meine Mutter. Eine Mutter entführt nicht ihre Kinder. Von wem waren sie eigentlich ... Äh, wer ist unser Vater?“, fragte Vicky und fürchtete sich insgeheim vor der Antwort.
„Der Vater ist ein Verführer, ein Menschenverächter. Er hat aus meiner Petra erst das gemacht, als was sie geendet ist. Er hat sich all diese und noch mehr Verbrechen ausgedacht und eine rote Zelle angeführt. Neumann hatte seine Spur bis nach Venezuela verfolgt, aber dann ist er auch dort untergetaucht und erst bei einem Attentat wieder aufgetaucht, bei dem er sich selbst in die Luft gesprengt hat.“
„Warum haben die das gemacht?“, fragte Vicky. Dabei war ihr das alles zu viel, eigentlich wollte sie das überhaupt nicht wissen. Ihre leiblichen Eltern waren Mörder. Reichte das nicht?
„Sie wollten eine bessere Welt erschaffen. Mit Waffengewalt eine bessere Welt. Was für eine Hirnrissigkeit.“
Vicky sah hinaus in die grünen Baumkronen. Wie viel Leid doch aus guter Absicht entsteht, dachte sie. Da wollten Menschen eine bessere Welt, und alles, was blieb, war Mord und Totschlag. „Man sollte nicht Gott spielen“, sagte sie in das allgemeine Schweigen.
„Schon in der Bibel steht: Du sollst nicht töten“, sagte der Alte.
Neumann nickte. „Das fünfte Gebot.“
Vicky dachte nach. „Wie sind Sie eigentlich an das Geständnis Ihres Neffen gekommen? Ich meine, wo Sie doch gerade erst von seinem Selbstmord erfahren haben.“
„Ich bin gläubiger Christ“, sagte Grunwald und lächelte.
„Muss ich jetzt noch Angst haben, dass mich jemand umbringen will?“, fragte Vicky, die lieber nicht nachfragen wollte, was Grunwald mit dem letzten Satz gemeint hatte.
„Nein, es ist vorbei. Das Unternehmen, das mein Neffe beauftragt hatte, war käuflich. Neumann hat einen lebensrettenden Deal gemacht.“
„Aber woher wussten Sie, wen Ihr Neffe beauftragt hatte?“, fragte Vicky.
Neumann ergriff das Wort: „Weil Detektiv Winter vor vielen Jahren mal dieses Unternehmen erwähnt hatte. Er arbeitet seit langem für den Neffen von Herrn Grunwald. Die Detektei ist eine der führenden in Berlin. Da habe ich einen Versuchsballon steigen lassen, und siehe da: Der Schuss traf ins Schwarze.“
„Und nun?“, fragte Dominique. „Was passiert jetzt? Was ist mit der Polizei?“
„Polizei?“ Neumann und Grunwald wechselten wieder einen Blick. „Nur, wenn Manuela das möchte“, sagte der Alte.
„Wie
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