Das 5-Minuten-Grauen
waren.
Er streckte seinen Arm noch weiter aus und bekam den Schalter zu fassen. Eine Bewegung mit dem Daumen, dann zuckte das Licht an der Decke und wurde hell. Ralf Weidenfels starrte auf seine Schuhe, sah, was geschehen war und vergaß das Atmen.
Der Schreck war durch seinen Körper gefahren wie eine glühende Lanze. Das Feuer tobte, löste sich mit der Kälte ab, und der Schüttelfrost erwischte ihn bis in die Zehenspitzen.
Vor ihm breitete sich ein schwarzer, widerlich nach Tod und Leichen stinkender Brei aus, der wie ein dicker Teppich fast den gesamten Zimmerboden bedeckte.
Es war der reinste Horror!
Ralf Weidenfels hob nur langsam den Kopf. Zeitlupenhafte Bewegungen, von der blanken Furcht diktiert.
Er schaute nach vorn.
Und genau dort sah erden Schrank, in dem die Masse aufbewahrt wurde, die aus dem ursprünglichen Gefäß herausgestürzt war und sich auf dem Fußboden verteilt hatte.
Für Ralf Weidenfels war es ein Teppich des Grauens, der ihn festhielt, als wollte er ihn nie mehr loslassen.
Und dieser Teppich bewegte sich…
Es sah unheimlich aus, wie er Falten warf, als würde ein leichter Windstoß über ihn hinweggleiten. Zudem arbeitete eine gewisse Kraft in ihm, die dafür Sorge trug, daß kleine Blasen an die Oberfläche stiegen und dort zerplatzten.
Die dabei entstehenden zischenden Geräusche hinterließen auf dem Rücken des Mannes eine Gänsehaut. Er wollte den Mund öffnen, um nach Hilfe zu rufen, selbst das schaffte er nicht. Dieser grauenvolle Anblick hatte ihn gelähmt.
Aber das war nicht alles.
Etwa in der Mitte des Raumes zeichnete sich auf der Oberfläche oder dicht darunter etwas ab, das ihm einfach nicht in den Kopf wollte, weil es ein Anblick war, den er nicht erwartet hätte. Ralf spürte nicht einmal Angst davor, sein wissenschaftlich geschulter Verstand wollte es nur nicht einsehen.
Wie kam ein Gesicht in den Schlamm?
Ralf stand da. In seiner Kehle spürte er das Würgen, das langsam höherstieg. Die Lippen zitterten, seine Gedanken jagten, und trotz dieser steifen Haltung versuchte er, eine gewisse Logik in das Geschehen hineinzubringen.
Das Unmögliche war möglich geworden, und der Wahnsinn hatte Methode bekommen.
Trotz seiner starren Haltung konnte er ein Zittern nicht vermeiden. Der Schweiß hatte sich jetzt soweit gesammelt, daß er in langen Bahnen über seine Wangen rann und irgendwo im Hemdkragen versickerte. Gleichzeitig bohrte sich eine Faust in seine Magengrube, als wollte sie seine Eingeweide in den Rücken drücken.
Wenn er atmete, was ihm schwerfiel, dann saugte er die Luft pfeifend in seine Lungen.
Das Gesicht zog ihn magisch an. Es gehörte einer Frau, schwebte wie ein Schatten in oder über diesem schwarzen Schlammteppich und war für ihn nicht erklärbar.
Er selbst hatte den Schlamm nicht untersucht, jedoch von Kollegen nebenbei gehört, daß er nach der Analyse die gleichen Eigenschaften besaß wie ein menschlicher Körper.
Der Schlamm mußte einmal ein Mensch gewesen sein, das war die logische Folge. Und das Gesicht?
Es gehörte einer Frau, es schimmerte auch weiterhin, und wenn sich der Schlamm wellte, so bewegten sich auch die Lippen sowie die Wangen. Dann kam es ihm so vor, als würde es ihn einfach angrinsen und sich an seinem Schock weiden.
Ralf wußte nicht, wie lange er auf dem Fleck gestanden hatte. Waren es Minuten, waren es nur Sekunden gewesen? Er kam nicht dahinter, weil er jeglichen Zeitbegriff verloren hatte. Für ihn stand nur fest, daß er so rasch wie möglich wegmußte.
Noch blieb er stehen, der Anblick hatte ihn einfach zu stark in den Bann geschlagen.
Er zwinkerte, der Schweiß brannte in seinen Augen wie eine starke Säure, dann hob er seinen rechten Fuß…
Nein, er wollte es, doch der Fuß blieb stecken.
Ralf schaute nun an sich herab. Er mußte dem Phänomen einfach auf den Grund gehen — und bekam den zweiten, diesmal noch größeren Schock.
Sein rechtes Bein steckte fest. Es war bereits bis weit über den Knöchel und fast bis zum Knie im schwarzen Schlamm verschwunden und sah so aus, als wollte ihn die Masse in sich hineinziehen, um mit ihm das gleiche zu machen wie mit anderen Menschen.
Der Schlamm fraß ihn…
Ralf Weidenfels stöhnte auf. Noch immer schrie er nicht um Hilfe, bekam aber sehr deutlich zu spüren, daß sich seine Sichtperspektive zu den Einrichtungsgegenständen des Zimmers verschoben hatte. Sie kamen ihm alle größer vor…
Nur hatten nicht sie sich vergrößert, nur er war geschrumpft,
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