Das 5-Minuten-Grauen
Konnte sie dagegen ankommen? Würde es ihr gelingen, sich zu wehren?
Sie wußte es nicht, sie mußte es aber versuchen. Eine Chance war das Fenster, und wenn sie dabei einfach durch die Scheibe sprang. Im Zirkus gab es einen Mann, der so etwas ohne Verletzungen überstand. Sie hatte ihm des öfteren zugeschaut und traute sich auch ohne Übung eine derartige Leistung zu.
Aber da waren die vier!
»Haut ab!« brüllte Rita, bevor sie startete. Sie täuschte einen Lauf zur linken Seite hin an, die Frauen zuckten auch in die Richtung, aber Rita drehte sich auf der Stelle und hetzte nach rechts, auf das nächste Fenster zu, das nicht weit entfernt lag.
Nicht erst lange klettern, nur auf die breite Bank aus Stein, dann durch die Scheibe.
Etwas traf mit vehementer Wucht ihren Rücken. So hart und brutal, saß es ihr den Atem raubte.
Rita stöhnte auf. Plötzlich kreisten bunte Flecken vor ihren Augen. Der Schmerz wühlte sich hoch bis in die Schultern, sie verfehlte die Bank und rutschte ab.
Mit dem Bauch fiel sie gegen die Kante, die hart durch ihre Kleidung in die Haut schnitt.
Es war schwer für sie, sich auf den Füßen zu halten. Rita sackte zusammen, wollte aber nicht fallen, denn dann war ihre Chance vertan. Daß sie nicht fiel, dafür sorgten helfende Mörderhände. Die Frauen packten zu und hielten sie fest. Und Flora trat seitlich an sie heran, um ihr den Gegenstand zu zeigen, der so hart ihren Rücken getroffen hatte. Es war die schwere silberne Kaffeekanne. »Sie ist ein wirklich praktischer Gegenstand!« zischte Flora. »Für viele Dinge zu gebrauchen. Man muß nur kreativ sein. Und noch etwas, Süße. Keine haben wir laufenlassen, keine ist uns entkommen. Du wirst es auch nicht.«
»Warum denn?« jammerte sie. »Warum wollt ihr mich töten? Ich habe euch nichts getan.«
»Wie war das mit Elena Parker?«
»Ich habe von ihr gehört.«
»Auch sie hat uns nichts getan, Süße.«
Rita hatte Schwierigkeiten mit der Luft, weil der Schmerz ihren Rücken zu stark malträtierte. Sie kam sich auf dem Boden hockend so gedemütigt vor und suchte noch immer nach einer Chance, diesen furchtbaren Frauen zu entkommen.
Etwas ringelte aus Floras Hand. Es war lang, dünn, schwarz und glänzte leicht.
Eine Peitschenschnur.
Rita Wilson haßte Peitschen. Als sie die Schnur glatt wie eine Schlange über den Boden ringeln sah, sprang sie plötzlich auf, den Schmerz im Rücken nicht achtend.
Flora lachte. Genau zwei Schritte weit ließ sie die junge Frau kommen, dann schwirrte etwas durch die Luft, an Rita vorbei, und dicht vor ihrem Hals zog sich die Peitsche mit einem knallenden Geräusch zusammen, um noch im gleichen Augenblick drei dunkle Ringe um ihre Kehle zu legen. Flora zog nur kurz.
Sie stoppte nicht nur Ritas Lauf, die Frau kippte auch nach hinten. Sie merkte, daß ihr durch den plötzlichen Ruck die Luft genommen wurde, röchelte, würgte und landete auf dem harten Boden. Das Stechen im Rücken bekam sie nicht mehr mit, denn eine gnädige Bewußtlosigkeit hielt sie umfangen.
Flora ging auf sie zu, drehte ihre rechte Hand und löste mit einer lässig anmutenden Bewegung die Ringe.
Rita blieb liegen…
Stumm, regungslos, wie tot. Ein bleiches Gesicht, umrahmt von wunderschönen roten Haaren, was auch Georgette auffiel, denn sie kniete neben der Bewußtlosen nieder und strich mit den gespreizten Fingern durch die Flut auf dem Kopf.
»Wunderschönes Haar hat sie. Ich hätte es mir früher auch so gewünscht, ehrlich. Sie ist sehr schön, die Kleine.«
»Trotzdem muß sie sterben!« sagte Flora hart.
Clara und Erica nickten, wobei der alternde Vamp noch etwas hinzufügte: »Im Höllenschlamm werden sich die beiden Gesichter treffen. Ob sie sich wohl erkennen werden?«
Flora warf ihr einen kalten, fast verächtlichen Blick zu. »Geh jetzt und hol die Umhänge.«
»Ja, ja.« Erica nickte und lief mit schnellen Schritten weg. Sie hörte nicht, wie Flora flüsterte: »Der Teufel wird uns dankbar sein und uns ein langes Leben schenken. Höllenschlamm, wie wunderbar verjüngend er doch wirkt…«
Plötzlich strahlten ihre Augen, als wäre sie erst zwanzig…
***
Der Schlamm war da, und auch die Gesichter schimmerten als bleiche Schatten darin.
Ich hatte meinen ersten Schrecken überwunden und ging nüchtern an die Gefahr heran.
Noch stand ich auf einer kleinen Insel. Bs würde auch dauern, bis das Zeug meine Füße umwaberte. In diesen Minuten mußte ich mir etwas einfallen lassen.
Daß mich die beiden
Weitere Kostenlose Bücher