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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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Metallkabel. Wir befestigen die Holzbretter an den beiden unteren Kabeln. Die oberen beiden sind unsere Geländer.«
    »Das funktioniert auf keinen Fall«, sagte Charlie, schüttelte seinen Kopf und schob die Zeichnung weg.
    »Leute bauen andauernd Hängebrücken«, sagte Reggie zu ihm.
    »Kann sein«, sagte Charlie. »Aber für uns ist es unmöglich, das zu schaffen, eine ganze Brücke zu bauen.«
    »Es sind nur fünf Meter. Und wenn wir …«
    »Es ist unmöglich«, sagte er ablehnend, drehte sich um und sah zu, wie seine Finger auf dem Griffbrett tanzten, Saiten anschlugen, die Gitarre zum Singen brachten.
    »WAS MACHST DU , wenn du jemandem magst, der dich nicht auch mag?«, fragte Reggie ihre Mom. Sie befanden sich im Wartebereich vom Hair Express. Vera blätterte durch die neueste Ausgabe von Variety, die sie aus ihrer Tasche gezogen hatte. Sie trug eine große Lederhandtasche, die mehr eine Einkaufstasche war, war immer zum Bersten voll. Um an ihre Schlüssel oder den Lippenstift zu kommen, musste sie Hände voll Rechnungen, Notizen, die auf einen kleinen Block gekritzelt waren, Streichholzbriefchen, ausgetrocknete Stifte, eine Wimpernzange, eine silberne Schere in Form eines Vogels, Coupons, Make-up, leere Zigarettenschachteln, verlorene Knöpfe, Kopfschmerztabletten und Teebeutel herausholen. (Vera war keine Teetrinkerin, legte die feuchten Beutel aber auf ihre Augen, um Falten entgegenzuwirken.)
    »Woher weißt du, dass er dich nicht auch mag?«, fragte Vera, während sie das Magazin in ihren weiß behandschuhten Händen hielt, sodass Reggie nur ihre Augen sehen konnte. Die Wimpern ihrer Mutter waren so dick getuscht, dass Reggie sich fragte, wie sie ihre Augen offen halten konnte.
    Es war Sonntagabend, und Reggie war der letzte Termin des Tages. Die anderen Friseusen fegten Haare zu Haufen zusammen, weichten Kämme in Desinfektionsmittel ein und zählten ihr Trinkgeld. Dawn wurde gerade mit einer alten Dame mit pfirsichfarben getöntem Haar fertig.
    Vera trug ein scharlachrotes Kleid und passende High Heels. Das war eine der Sachen, die ihre Mutter an sich hatte – sie zog sich immer an, als würde sie zu einer Party gehen. Sie legte volles Make-up auf, um zum Donutshop zu gehen, weil, wie sie immer sagte: »Man weiß nie, wem man begegnen wird. Die Welt dreht sich um Verbindungen, Regina. Es geht nicht nur darum, wen du kennst, sondern auch wen sie kennen. Es ist alles ein großes Netz, alles ist miteinander verbunden, jeder zieht an des anderen Fäden.«
    Reggie wusste, dass ihre Mutter sie nach dem Haarschnitt zu Hause absetzen und dann zu einer Probe gehen würde. Sie spielte in einem Stück drüben in New Haven mit – etwas Düsterem von einem örtlichen Stückeschreiber, der gerade anfing, sich einen Namen zu machen. Regie führte ein Mann namens Rabbit, der Immer-mal-wieder-Freund ihrer Mom, der das Temperament eines Künstlers hatte und, in Veras Worten, sowohl ein Bastard, als auch ein Genie war. »Er kennt jeden«, sagte Vera immer mit einem stolzen Lächeln im Gesicht. »Er hat sogar einen Cousin in Hollywood, der für Martin Scorcese gearbeitet hat.« Vera sprach die Namen von berühmten Leuten in einem gedämpften, verschwörerischen Tonfall aus, als wären es magische Beschwörungsformeln, die man nicht laut zu sagen wagte.
    Vera blickte Reggie weiterhin über ihr Magazin hinweg prüfend an, wartete auf eine Antwort. Reggie biss sich auf die Lippe. »Weil er jemand anderen mag.«
    Vera nickte wissend. »Und mag dieser jemand ihn?«
    Reggie dachte einen Augenblick nach. »Ich denke nicht. Jedenfalls nicht so.«
    Vera lächelte. »Dann lass ihn wissen, was du fühlst. Das ist es, was ich getan habe, um Rabbit zu bekommen. Er traf sich mit dieser kleinen Blonden, bis ich ihn von den Socken gehauen habe.« Vera lächelte selbstzufrieden.
    »Aber das kann ich nicht tun!«
    Das war dumm. Sie hatte weder das Aussehen, noch die Anmut ihrer Mutter. Vera konnte jeden Mann von den Socken hauen. Reggie war nur ein schlaksiges, unbeholfenes Mädchen mit einer Brust, die so flach war wie die eines Jungen. Erst letzte Woche, als sie mit ihrer Mom in Ferraros Markt gewesen war, war der Junge an der Kasse kaum in der Lage gewesen, die Augen von Vera zu nehmen. Er hatte gesagt: »Kann ich Ihnen die zum Auto raustragen? Oder wird Ihr Sohn die nehmen?« Vera hatte ihn nicht verbessert, nur gesagt: »Wir kriegen das hin. Danke.«
    »Es gibt andere Wege, Regina. Aber denk dran, du kannst nicht ändern, was eine

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