DAS 5. OPFER
Buchstützen zu seinen Seiten.
Charlie starrte Tara böse an und schüttelte den Kopf.
»Was ist?«, fragte Tara. »Ich dachte, ein bisschen Gras irgendwann würde Spaß machen. Denkst du nicht?«
»Ja, sicher«, sagte Charlie. »Stell dir nur mal vor, was passieren würde, wenn mein Dad Wind davon bekäme oder auch nur ein Krümelchen bei mir finden würde – ich fühle mich, als wäre ich auch so schon nur einen halben Schritt von der Jugendstrafe entfernt. Ich muss ihm nicht auch noch einen wirklichen, berechtigten Grund liefern.«
»Zu schade«, sagte Tara und behielt Sid im Auge, der an der Kasse anstand.
»Sid ist ein totaler Kiffer«, sagte Charlie, der bemerkte, dass Tara immer noch seinen Cousin anstarrte. »Es sind keine Gehirnzellen mehr übrig geblieben. Mein Dad hat mir erzählt, dass Onkel Bo wirklich sauer ist, weil Sid von keinem der Colleges, für die er sich beworben hat, angenommen worden ist. Er muss im Herbst auf das Community College gehen und Förderunterricht in Englisch nehmen und so was.«
Tara sah zu, wie Sid und die Mädchen gingen, wandte sich dann wieder Reggie zu.
»Deine Mom muss am Ausrasten sein, Reg«, sagte Tara und rührte Süßstoff in ihren Kaffee. Sie rührte zu schnell und heftig, sodass der Löffel gegen den weißen Keramikbecher klirrte und Kaffee über den Rand lief. »Sind sie und Candy noch befreundet? Woher kennen sie sich überhaupt? Wann hat sie sie zum letzten Mal gesehen?« Manchmal erinnerten Reggie Taras Sätze an die Fahrt mit einem Autoskooter – einer stieß an den nächsten, schob ihn aus dem Weg, bis der nächste daherkam, der noch schneller und wütender war.
Reggie zuckte die Achseln. »Ich bin mir nicht sicher. Und meine Mom war in den letzten paar Tagen nicht da, also konnte ich sie nicht fragen.«
»Wo ist sie?«, fragte Tara.
»Weiß ich nicht«, gab Reggie zu, dann erzählte sie Charlie und Tara zögerlich die Geschichte, die sich in der Bowlingbahn ereignet hatte – wie Vera mit einem Mann in einem weißen Hemd weggefahren und seitdem nicht nach Hause gekommen war. »Sie hat in diesem Stück in New Haven mitgespielt. Sie ist wahrscheinlich dort und wohnt bei Freunden.«
»Also warte mal«, sagte Tara und stellte ihren Kaffee so heftig ab, dass er über die Seite schwappte. »Dieser Kerl im weißen Hemd, mit dem deine Mutter wegfuhr, er hatte ein braunes Auto?« Ihre Stimme wurde hoch und quietschend, wie bei einem Spielzeughund.
»Ja«, sagte Reggie. »Und?«
»Hallo! Braunes Auto, Reg. Wie der Kerl, der Candace Jacques abgeholt hat! Der Kerl, der Andrea McFerlin getötet haben könnte! Was ist, wenn deine Mom von einem Serienmörder abgeholt wurde?«
»Herr im Himmel!«, schrie Charlie und knallte die Ketchup-Flasche auf den Tisch. »Ich verstehe es nicht, Tara. Wie kommt es, dass deine Gedanken so schnell zu den kaputtesten Orten wandern?«
»Ich verbinde nur die Punkte miteinander. Es ist nicht meine Schuld, dass dir das Bild nicht gefällt, das dabei erscheint.«
»Aber es gibt keine Verbindungen!«, blaffte Charlie und rieb seine Schläfen, als hätte er Kopfschmerzen bekommen. »Du nimmst allen möglichen Blödsinn an, ziehst voreilige Schlüsse, die unbegründet sind! Ich hoffe, du beachtest das gar nicht, Reg.«
Reggie schüttelte ihren Kopf, um auszudrücken, dass sie das natürlich nicht tat. Sie stocherte in den Pommes herum, auf die Charlie zu viel Ketchup gekippt hatte, und fühlte sich plötzlich überhaupt nicht mehr hungrig. Sie wischte ihre Hände an einer Papierserviette ab und hinterließ schmierige, rote Fingerabdrücke.
»REGGIE?«, SAGTE GEORGE, ALS er die Tür öffnete. Er blinzelte sie durch seine Brille hindurch an, als würde er versuchen zu entscheiden, ob sie es wirklich war. Schließlich lächelte er freundlich. »Was für eine nette Überraschung. Du bist den ganzen Weg mit deinem Rad hergefahren?« Er sah an Reggie vorbei zu ihrem Peugeot-Fahrrad, das im Gras lag. »Hast du einen Scheinwerfer oder so was?«
»Katzenaugen«, sagte Reggie.
»Nun, wenn du mit deinem Rad im Dunkeln herumfährst, dann werden wir ein paar anständige Lichter für dein Rad beschaffen. Komm herein.«
Reggie folgte George durch den Flur seines kleinen Farmhauses in die Küche. Sie war klein und dunkel, mit nachgemachter Holzvertäfelung. Die Arbeitsflächen waren aus weißem Resopal und geschrubbt, bis sie glänzten. George hatte einen kleinen Tisch mit vier Stühlen, und darüber hing eine nachgemachte Tiffany-Lampe. Das
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