Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das 8. Gestaendnis

Das 8. Gestaendnis

Titel: Das 8. Gestaendnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
Vom Netzwerk:
Dann stürmte sie in Richtung Ausgang und sagte: »Wie viel Uhr ist es? Wie lange bin ich schon hier?«
    Candy hielt Schritt mit Yuki und redete ununterbrochen.
    »Es ist schon nach fünf. Ich habe Ihre Aktentasche und Ihre Handtasche und sämtliche Unterlagen hier. Im Interesse einer umfassenden Aufklärung habe ich Ihre Brieftasche aufgemacht. Ich musste Ihre Krankenversicherungskarte herausholen und … oh! Hier sind auch der Name und die Telefonnummer der Frau, die Sie angefahren hat. Sie hofft, dass Sie nicht so schwer verletzt sind. Wahrscheinlich hat sie Schiss gekriegt, weil sie mit ihrem BMW eine Rechtsanwältin umgenietet hat… ha! Oh, und geben Sie mir das Rezept, Yuki. Wir fahren bei einer Apotheke vorbei. Haben Sie etwas zu essen zu Hause? Haben Sie vielleicht Kopfschmerzen?«
    »Kopfschmerzen?«
    Candy schaute sie an und nickte stumm.
    Yuki griff sich an die linke Seite ihres Schädels und spürte Stoppeln und stachelige Nähte, eine ganze Reihe davon.

    »Oh, neeeeein. Einen Spiegel. Ich brauche sofort einen Spiegel!«
    Candy wühlte in ihrer Handtasche, fand einen fünf mal fünf Zentimeter großen Klappspiegel und reichte ihn Yuki. Die klappte ihn auf, suchte den richtigen Winkel und starrte, als sie sich schließlich in ganzer Pracht erkennen konnte, mit weit aufgerissenen, ungläubigen Augen hinein.
    Man hatte ihr den Kopf rasiert. Eine sieben Zentimeter breite Schneise führte von der linken Schläfe in langem, elegantem Schwung bis hinter das linke Ohr. Schwarze Fäden zogen sich wie eine stachelige Raupe in der Mitte dieser fein säuberlich rasierten Bahn entlang.
    »Sehen Sie mich an. Ich bin ein Monster !«, schrie Yuki.
    »Aber der Monsterlook steht Ihnen. Kommen Sie, ich stütze Sie. Und jetzt bringe ich Sie nach Hause.«

23
    Es war wieder mal ein verdammt geiler Abend im Aria. Aus der Wurlitzer dröhnten Gangster-Raps und Opernklassiker, Touristen ließen sich von Martinis in Hochstimmung bringen und die Stammgäste von Gin und Tonic, vom Sehen und Gesehenwerden.
    »Pet Girl« saß alleine an der überfüllten Theke und hegte ihr Geheimnis, als wäre es ein frisch geschlüpftes Vogelküken.
    Sie war eine zierliche Blondine mit braunen Augen und wirkte zehn Jahre jünger als ihre dreiunddreißig, eine Frau, die einen Raum jederzeit unbemerkt betreten und wieder verlassen konnte, so, als trüge sie einen Tarnmantel, als wäre sie eine gottverdammte Superheldin.
    Das war die positive Seite.
    Pet Girl legte einen Zehner auf den Tresen. Sie nahm ihren Irish Coffee und schlenderte zurück in den VIP-Raum, wo McKenzie Oliver, der vor Kurzem verstorbene Rockstar und ihr ehemaliger Freund, in einem Bronzesarg auf dem Billardtisch aufgebahrt war.
    Pet Girls Affäre mit McKenzie hatte sechs Monate oder siebenundzwanzig Jahre lang gedauert, je nachdem, wie man es sehen wollte, aber so oder so hatte sie vor wenigen Tagen ein jähes Ende genommen.
    Das war ätzend. Und sie hatte immer noch nicht so ganz kapiert, wieso eigentlich. Sie hatte ihn geliebt, den wahren Menschen, der er gewesen war, den Jungen mit der Hühnerbrust und den Plattfüßen und seine Art, wie er gleichzeitig cool und verängstigt ausgesehen hatte, wie damals im Sandkasten, als er noch Mikey gewesen war und sie seine Freundin.

    Aber das alles hatte ihm ganz eindeutig nicht das Geringste bedeutet. Glasklarer Beweis war diese minderjährige, drogensüchtige Pennerin mit dem tätowierten Gesicht und den Nasenringen, McKenzies »feste« Freundin, mit der er sich während der ganzen Zeit, als sie mit ihm zusammen gewesen war, ebenfalls regelmäßig getroffen hatte. Und Pet Girl hatte es als Letzte erfahren, wie so oft, da man sie zeit ihres Lebens nicht ernst genommen hatte.
    Als sie die beiden im Bett erwischt hatte, hatte McKenzie sie mit diesem Blick angeschaut, der besagte: Komm schon . Überleg doch mal, wer ich bin. Was hast du erwartet?
    Er hatte sich nicht einmal bei ihr entschuldigt.
    Jetzt warf Pet Girl einen Blick in den mit Samt ausgelegten Sarg und musste zugeben, dass McKenzie gut aussah. Zumindest sauber - in jeder Hinsicht. Sie spürte ein Kribbeln in der Nase, ihre Augen füllten sich mit Tränen, die Trauer schlug wie ein Blitz in ihr Herz ein - was sie am allerwenigsten erwartet hatte und genau dann, als sie es am allerwenigsten erwartete.
    Sie wischte die Tränen ab, ließ seinen Haustürschlüssel in die Brusttasche seines ledernen Anzugsjacketts gleiten und flüsterte dem Toten zu: » Leck mich , du Arschloch.«

Weitere Kostenlose Bücher