Das 8. Gestaendnis
Problem.«
»Das gibt’s doch nicht«, platzte Yuki heraus. »Sie hängen? Nach … wie lange jetzt? Vielleicht zehn Stunden Beratung?«
»Euer Ehren «, meinte Hoffman. »Bitte lassen Sie nicht zu, dass sie so früh schon aufgeben. Das ist doch total absurd !«
Duffys Gesichtsausdruck war undurchschaubar, aber auf Hoffmans Miene spiegelte sich genau dieselbe Aufregung, derselbe Ärger, dieselbe Übelkeit, die auch Yuki empfand. Allein die Prozessvorbereitungen hatten Monate in Anspruch genommen. Dutzende Zeugen hatten unter Eid ausgesagt. Unzählige Arbeitsstunden waren in die Vorbereitung geflossen, gefolgt von einer sechswöchigen und, wie Yuki fand, ziemlich reibungslosen Präsentation der Fakten im Gerichtssaal.
Sollte der Prozess abgebrochen werden - und genau das war die Konsequenz, wenn die Geschworenen kein einstimmiges Urteil finden konnten -, dann würde die Staatsanwaltschaft die notwendigen Mittel für einen zweiten Versuch womöglich nicht mehr zur Verfügung stellen. Und auch Hoffmans Kanzlei würde vermutlich die Reißleine ziehen.
Und das bedeutete, dass Stacey Glenn freikommen würde.
»Nehmen Sie Platz. Die Angeklagte brauchen wir dazu nicht.«
Dann rief Duffy dem stellvertretenden Sheriff zu: »Mr. Bonaventure, bitten Sie die Geschworenen herein.«
19
Während die Geschworenen ihre Taschen neben ihre Plätze stellten, zuckten alle möglichen Gedanken durch Yukis Kopf wie das Blinklicht eines Streifenwagens. Sie musterte die Geschworenen einzeln und suchte in ihren Gesichtern oder in ihrer Körpersprache nach irgendwelchen Signalen.
Wer glaubte, dass Stacey Glenn unschuldig war? Wie viele hatten sich dafür ausgesprochen aufzugeben … und wieso?
Die Sprecherin, Linda Chen, war US-Amerikanerin chinesischer Abstammung, vierzig Jahre alt, hatte eine Eliteuniversität besucht und war eine erfolgreiche Immobilienmaklerin. Sie besaß ein kompromissloses Auftreten, zu dem ihr breites und herzliches Lächeln ein Gegengewicht bildete. Yuki und Hoffman waren bei der Zusammenstellung der Geschworenen sehr froh gewesen, dass sie dabei war, umso mehr, als sie dann auch noch zur Sprecherin gewählt worden war.
Jetzt fragte sich Yuki, warum sie wohl zugelassen hatte, dass die Geschworenen so schnell die Flinte ins Korn geworfen hatten.
Duffy lächelte die Geschworenen an und sagte: »Ich habe ernsthaft über Ihre Nachricht nachgedacht. Mir ist vollkommen klar, dass ein sechswöchiger Prozess eine ziemliche Qual ist und dass viele von Ihnen endlich wieder nach Hause gehen wollen.
Andererseits war dieser Prozess schon bis jetzt eine ziemlich kostspielige Angelegenheit … und das nicht nur in Bezug auf das Geld, auch wenn der Bundesstaat Kalifornien eine ganze Stange investiert hat. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben über ein halbes Jahr daran gearbeitet, um Ihnen
diesen Fall zur Entscheidung vorlegen zu können. - So wie es jetzt aussieht«, sagte Duffy, »sind Sie die Experten in der Sache Das Volk gegen Stacey Glenn . Wenn Sie nicht zu einer einstimmigen Entscheidung gelangen können, muss der Prozess ganz neu aufgerollt werden, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass andere Geschworene qualifizierter oder unvoreingenommener oder mit mehr Weisheit gesegnet sein könnten als Sie.«
Dann erläuterte Duffy der Jury, dass er sie hiermit bitten wollte, ihre Beratungen fortzusetzen, nicht etwa, um eventuelle tiefe, auf Indizien beruhende Überzeugungen ins Wanken zu bringen, sondern damit sie ihre Ansichten unvoreingenommen noch einmal unter die Lupe nehmen und versuchen konnten, einen Konsens zu erreichen.
Der Richter verpasste den Geschworenen damit die sogenannte »Allen Charge«, auch »Dynamit-Belehrung« genannt, deren Funktion genau darin bestand, mögliche Blockaden in einer festgefahrenen Geschworenenjury zu lösen. Puristische Juristen betrachteten dieses Mittel allerdings als Zwangsmaßnahme, und eine ganze Reihe von Bundesstaaten lehnten die Anwendung der »Allen Charge« grundsätzlich ab.
Yuki wusste, dass das in dieser Situation die beste verfügbare Maßnahme war, doch konnte die Allen Charge leider auch zum Bumerang werden, zum Beispiel, wenn sich die Geschworenen dadurch auf den Schlips getreten fühlten und sich einfach auf den Urteilsspruch einigten, der ihrer Tätigkeit am schnellsten ein Ende setzte.
Und für Yuki war klar, dass die einfachste und schmerzloseste Entscheidung in diesem Fall der Freispruch gewesen wäre.
Richter Duffy sagte gerade: »Sie sollen es
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