Das 8. Gestaendnis
Dann trug sie sich ins Kondolenzbuch ein und ließ sich auf ein Sofa plumpsen, um die Party vom Rand aus zu verfolgen.
Und es war schon eine tolle Party, die McKenzie da bekam.
Die Typen aus seiner Band zogen Kokslinien auf dem Billardtisch. Bono kauerte mit seinem Manager in einer Ecke. Willie Nelson kam vorbei, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen, und alle anderen quatschten sinnloses Zeug über diese Tragödie, die Leute, die sie schon ihr Leben lang kannte, die Leute, die glaubten, dass sie sie kannten, und die doch nicht das Geringste über sie wussten.
Pet Girl schloss die Augen und hörte J’razz zu, dem Leadsänger
von McKenzies Band. Er sang »Dark Star«, McKenzies Hommage an sich selbst. Als der Applaus verklungen war, prostete J’razz dem Leichnam zu und sagte: »Echt Scheiße, dass du so verflucht früh abgetreten bist, Mann.«
Das Licht ging aus. Kerzen leuchteten. Alle stimmten ein, als J’razz »A Hole in the Night« anstimmte, McKenzies Freunde und Fans, und alle dachten, dass es die Drogen waren, die ihn umgebracht hatten.
Doch Pet Girl wusste, dass Drogen nichts damit zu tun hatten.
McKenzie Oliver war ermordet worden.
Das wusste sie, weil sie es getan hatte.
Zweiter Teil
Die Oberschicht
24
Pet Girl saß mit dem Rücken zur Wand auf dem Fußboden des ehemaligen Kinderzimmers. Sie trug Schweißerhandschuhe und Stiefel mit Stahlkappen, und ihr geliebter Rama lag sicher in ihrer Tasche. Sie lauschte und hörte dem Gebrüll der Baileys zu, das gedämpft durch die Gipswand zu ihr durchdrang.
»Schwein!«
»Schlampe!«
»Halt’s Maul, halt’s Maul, halt’s Maul!«
Diese Idioten wussten nicht einmal, dass sie keine drei Meter von ihnen entfernt in der Dunkelheit saß, dass sie seit Stunden darauf gewartet hatte, dass sie nach Hause kamen und sich in den Schlaf vögelten.
Sie hatte die Zeit gut genutzt und war den großen Plan noch einmal durchgegangen. Sie war vorbereitet. Sie kannte ihre Angewohnheiten, den Grundriss, den besten Weg ins Haus und den schnellsten Weg wieder hinaus.
Und sie kannte den Code.
Es war ein guter Plan, aber Pet Girl hatte auch einen Plan B in der Tasche - für den Fall, dass sie geschnappt wurde. Und sie hatte sogar den Nerv, ihn in die Tat umzusetzen .
Auf der anderen Seite der Wand beschuldigte Ethan Bailey seine Frau gerade, in der Gegend herumzuvögeln, und Pet Girl hatte keinen Zweifel, dass sie genau das auch getan hatte. Isa war schon damals auf der Katherine Delmar Burke School eine ziemlich begabte Flirterin gewesen.
Seit damals hatte Isa die Kunst der beiläufigen Verführung unbestreitbar zur Vollkommenheit entwickelt. Wie Gwyneth Paltrow, wenn sie einen guten Tag hatte.
Aber das war nicht der Grund, weshalb Pet Girl Isa so hasste.
Der lag noch tiefer, in der Zeit, als ihr Leben in tausend Scherben zersprungen war … als Pet Girl zehn gewesen und ihr Vater gestorben war. Damals, bei der Beerdigung, hatte Isa sie fest in den Arm genommen und gesagt: »Es tut mir soooooo leid. Aber du darfst niemals vergessen, dass ich dich liebe. Wir sind die besten Freundinnen, für immer .«
»Für immer« hatte ein paar Wochen gedauert.
Aber als das Vermögen und der Beistand ihres Vaters voll und ganz an seine richtige Familie gefallen waren, da war es, als ob Pet Girl und ihre Mutter niemals existiert hätten. Keine Privatschulen, keine Tanzkurse, keine Geburtstagspartys mehr auf dem Hügel der Snobs. Pet Girl war durch das feinmaschige Netz derer, die alles hatten, in das eintönige und trostlose Flachland der Scheißegalen gestürzt, dorthin, wo die uneheliche Tochter eines verheirateten Mannes auch hingehörte.
Isa hingegen hatte mit achtzehn ihren Schulabschluss gemacht und mit zweiundzwanzig in einem handgefertigten, perlenverzierten Carolina-Herrera-Hochzeitskleid Ethan Bailey geheiratet. Die gesamte höhere Gesellschaft der Westküste war zu der Feier eingeladen gewesen. Danach war es genauso weitergegangen: ihre beiden klugen Kinder, ihre Wohltätigkeitsveranstaltungen, ihre Zugehörigkeit zur funkelnden Spitze der High Society.
Pet Girls Mutter hatte gesagt: »Mach was, Schätzchen. Fang noch mal von vorn an.« Doch Pet Girl war in dieser Stadt verwurzelt, und ihre Wurzeln gingen noch tiefer und reichten noch weiter zurück als Isas mitternachtsblaue Blutlinie.
Und so sah also Pet Girls Leben nach dem Fall aus: Sie arbeitete für die Baileys und ihre ekelerregende Bande, führte ihre neurotischen Hunde Gassi, lagerte ihre
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