Das 8. Gestaendnis
bedeckten Boden gleiten sah - aufmerksam, hungrig, gierig nach Futter.
Pet Girl machte einen Schrank auf und holte ihr Werkzeug heraus: die Zange mit dem Pistolengriff, die Stahlkappenstiefel und die Schweißerhandschuhe aus Hirschleder mit Kevlarfutter. Sie waren dick und trotzdem elastisch und die Stulpen reichten bis hinauf zu den Ellbogen.
Nachdem sie das alles angelegt hatte, stellte sie sich vor Vasukis Käfig, bewunderte den starken, muskulösen Körper der Schlange, ihren Blick und fühlte eine beinahe telepathische Verbindung zu ihrer Lieblingskrait.
Sie schob den schweren Käfigdeckel beiseite, fing die
Schlange mit der Zange ein und sagte: »Wenn wir zurück sind, kriegst du was zu essen, Schätzchen.«
Vorsichtig ließ sie Vasuki in einen Kissenbezug fallen, steckte ihn dann in einen Katzenkäfig und ließ die Schlösser zuschnappen.
Dann nahm sie eine neugeborene Strumpfbandnatter aus einem der Brutkästen und warf sie in Vasukis Käfig, damit ihr Liebling gleich bei der Rückkehr seine Belohnung vorfand.
Mit einem letzten Blick versicherte Pet Girl sich, dass alles in Ordnung war, dann verließ sie ihre Schlangenfarm und schloss die Tür ab.
Sie griff sich in den Ausschnitt und holte das antike Medaillon hervor, das sie an einer massiven goldenen Kette um den Hals trug. Es war ein Geschenk ihres Vaters, und im Inneren befand sich ein Bild von ihm.
Pet Girl hob das Medaillon an die Lippen, küsste es, sagte: »Hab dich lieb, Daddy«, und dann löschte sie das Licht.
71
Das Durcheinander, das noch vor zwei Stunden, bei Pet Girls erstem Besuch, in Mollys Wohnung geherrscht hatte, hatte sich gelegt. Dutzende Kerzen flackerten in ihren Haltern, überall lagen abgegraste Serviertabletts herum und die Partygäste, die bewusstlos zu Boden gesunken waren, schnarchten und zuckten, bekamen aber garantiert nichts mit.
Da hörte sie ein Geräusch aus der Küche, Metall scharrte über den Boden. Pet Girl erstarrte, duckte sich hinter ein Sofa, wollte so tun, als sei sie die ganze Zeit über hier gewesen. Aber als sie dann in der Dunkelheit von einem lebendigen Wesen angesprungen wurde, hätte sie beinahe laut aufgeschrien.
»Mischa! Psssst.« Sie streichelte den seidigen Kopf des Spaniels und zwang ihr Herz mit aller Macht, wieder ruhiger zu schlagen.
»Ist Tyco mit dir Gassi gegangen?«, flüsterte sie und machte die Leine vom Halsband los. Mischa wedelte mit dem Schwanz, kauerte sich nieder und pinkelte auf den Teppich. Dann duckte er sich in Erwartung einer Rüge … aber es kam keine.
Pet Girl befahl dem Hund sitzen zu bleiben und stieg dann mit schnellen Schritten die Treppe hinauf, die mit dramatischem Schwung in den ersten Stock führte. Mollys Schlafzimmer befand sich am Ende des Flurs. Unter dem Türspalt war kein Licht zu sehen.
Pet Girl drehte an dem Messing-Türknauf.
Was, wenn jemand aufwacht?
Ja, was?
Sie trat ein und zog die Tür hinter sich ins Schloss, stand
lautlos im Schatten, spürte das Blut in den Ohren pochen, alle Sinne geschärft durch die Gefahr - den unvergleichlichen Nervenkitzel.
Das Bett stand direkt vor ihr, genau zwischen zwei Fenstern, über und über mit einem Knäuel aus nackten Leibern bedeckt. Ein geflecktes Laken, irgendein Tierfellmuster, fast schon zu einem Seil verdreht, verband die Leiber lose miteinander.
Pet Girl versuchte herauszufinden, welches Körperteil zu welcher Person gehörte, und als sie das Gefühl hatte, dass sie so weit war, streifte sie die Handschuhe über und hob Vasuki aus dem Katzenkäfig.
Die Schlange registrierte die neue Umgebung, spannte sich in Pet Girls Hand und Pet Girl spürte Vasukis unbändige, tödliche Kraft. Wie alle Kraits war auch Vasuki nachtaktiv. Und sie hatte drei Tage lang nichts gegessen.
Ihr Kopf schwang hin und her, während Pet Girl sie über das Bett hielt. Sie zischte - und urplötzlich verdrehte sich das drahtseilartige Tier in der Hand seiner Besitzerin. Nur einen Sekundenbruchteil später hatte die Schlange sich aus Pet Girls Griff gewunden, war auf das Bett gefallen und zwischen die Laken geschlüpft.
Sie war sofort in Deckung gegangen. Hatte sich vollkommen unsichtbar gemacht.
Pet Girl keuchte wie unter großen Schmerzen.
Vasuki war verschwunden. Ihr Plan war außer Kontrolle geraten.
Einen kurzen, wahnsinnigen Augenblick lang überlegte Pet Girl, ob sie das Licht einschalten und nach Vasuki suchen und sich irgendeine Geschichte ausdenken sollte, falls jemand aufwachte - aber Molly würde ihr kein
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