Das 8. Gestaendnis
Wort abkaufen, völlig egal, was sie sich ausdachte.
Das würde einfach nicht funktionieren.
Voller Enttäuschung über sich selbst, voller Schrecken angesichts der Frage, was mit Vasuki geschehen würde, wenn sie gefunden wurde, ließ Pet Girl einen letzten vergeblichen Blick über das vom Mondlicht beschienene Bett gleiten. Nichts rührte sich.
Sie packte den Katzenkäfig, verließ Mollys Schlafzimmer und machte die Tür wieder zu, damit wenigstens Mischa verschont blieb.
Im Freien angelangt, begann Pet Girl ihren langen Fußmarsch den Twin Peaks Boulevard entlang und versicherte sich dabei, dass alles in Ordnung war. So schrecklich Vasukis Verlust auch sein mochte, aber die Schlange hatte ja keine Kennzeichnung.
Niemand konnte Vasuki mit ihr in Verbindung bringen.
72
Conklin und ich saßen in der Frühstücksküche und befragten Molly Caldwell-Davis, die mich ansah, als würde sie sich redlich bemühen, einen schweren Fall von Gedächtnisverlust zu überwinden. Ihre Augen waren gerötet, und sie stieß - unterbrochen von langen Pausen, in deren Verlauf sie krampfhaft versuchte, sich an den vergangenen Abend zu erinnern - mit krächzender Stimme bruchstückhafte Sätze hervor.
Conklin sagte: »Immer eins nach dem anderen, Molly. Fangen Sie einfach am Anfang an, und erzählen Sie uns von der Party gestern Abend, okay?«
»Ich will. Meinen Anwalt.«
Über ihren Köpfen waren laute Schritte zu hören.
Die Notärzte waren gekommen und wieder gegangen, aber in Mollys Schlafzimmer wimmelte es von Kriminaltechnikern. Außerdem standen Claire und zwei ihrer Assistenten oben im Flur und warteten, bis die Spurensucher fertig waren, damit sie endlich an die Arbeit gehen konnten.
Da perlte Claires Stimme über die Brüstung zu uns herunter. »Lindsay, kannst du mal nach oben kommen? Das musst du dir ansehen.«
»Brauchen Sie denn einen Anwalt, Molly?«, sagte Conklin gerade. »Sie stehen doch gar nicht unter Verdacht. Wir möchten einfach nur wissen, was hier passiert ist, verstehen Sie? Weil, irgendetwas ist da ganz sicher passiert.«
Molly starrte über Conklins Schulter hinweg, und ich stand auf und machte mich auf den Weg zur Treppe. Im Flur begrüßte mich Charlie Clapper, geschniegelt, gutmütig und mit frisch gebügelter Ironie.
»Schon wieder’ne Wiederholung, Lindsay. Jede Menge Fingerabdrücke, keine Waffen, kein Blut, kein Abschiedsbrief, keine Anzeichen für einen Kampf. Wir haben sechs Gläser mit verschreibungspflichtigen Medikamenten und ein bisschen Zeug von der Straße gefunden, aber ich glaube nicht, dass wir es hier mit einer Überdosis zu tun haben. Ich glaube, das hier war entweder Sodom oder Gomorrha, und jetzt hat sich Gott eingeschaltet.«
»Ich habe, ehrlich gesagt, gar nicht gewusst, dass du dich im Alten Testament so gut auskennst«, sagte ich und reckte den Hals, um das Stillleben auf dem Bett hinter Clapper besser sehen zu können.
»Ich bin Alttestamentler mütterlicherseits«, sagte er.
Ich hätte bestimmt darüber gelacht, aber beim Anblick des Tatorts kam mir das alles schlagartig viel zu wirklich vor. Ich murmelte: »Bis demnächst«, und ging an Clapper vorbei in Mollys Schlafzimmer. Dort lagen zwei nackte, tote Männer.
Der Junge auf dem Boden, den Kopf zur Seite gedreht, sah aus, als wäre er noch keine zwanzig. Die platinblonden Haare waren zu spitzen Stacheln gegelt, die grünen Augen immer noch geöffnet. Es sah so aus, als hätte er versucht zur Tür zu kriechen, bevor er zusammengebrochen war.
Der ältere Mann lag halb zusammengekrümmt auf dem Bett. Sein Speckbauch hing wie eine Schürze bis über die Genitalien. Auch er hatte die Augen offen. Er war nicht im Schlaf gestorben.
So sah er aus, der Tod durch den Biss der Krait. Zusammenbruch des zentralen Nervensystems, Lähmung der Reizleitungen zwischen Nerven und Muskeln. Die Opfer waren nicht mehr in der Lage gewesen zu atmen.
»Wie lange sind sie schon tot?«
»Sie sind noch warm, Lindsay. Ich würd’s dir ja gerne noch genauer sagen, aber du musst von sechs bis zwölf Stunden
ausgehen. Hat die Besitzerin des Hauses noch irgendetwas gesagt, was uns weiterhelfen könnte?«
»Nein. Bloß die schlimmen vier Worte: ›Will meinen Anwalt sprechen‹.«
Claire seufzte. »Bevor sie verstummt ist, hat sie mir noch erzählt, dass der tote Junge ihr Hausdiener sei, ein gewisser Jordan Priestly. Sie hat ihn Tyco genannt.«
»Tyco, wie diese Spielzeugfirma? Ach so, verstehe. Ein Lustspielzeug.«
»Aber die
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