Das 8. Gestaendnis
Vaterfigur hier habe ich auch ohne Mollys Hilfe erkannt. Das ist Brian Caine.«
»Oh.«
»Ja, genau. Der Brian Caine. Tony Tracchio kann schon mal sein gusseisernes Suspensorium anlegen«, fuhr Claire fort, »denn Caine Industries wird ihm keine ruhige Minute mehr lassen.«
Claire befahl ihren Assistenten, das Spannbettlaken an allen vier Ecken zu packen und um Caines Leiche zu wickeln, damit sämtliche Spuren intakt blieben, wenn sie das Ganze in den Leichensack steckten.
Dann sagte sie zu mir: »Wenn ihr hier fertig seid, dann könnt ihr zu mir in den Obduktionssaal kommen, du und Conklin. Ich werde mir Zeit lassen mit diesen Herren hier und sie noch gründlicher unter die Lupe nehmen, als ihre Mamas das nach ihrer Geburt gemacht haben.«
73
Ich ging zurück in die Frühstücksküche und sah, dass Christine Rogers sich zu Molly und Conklin gesellt hatte.
Rogers besaß ebenfalls Prominentenstatus als Allzweckanwältin für reiche Menschen. Sie sah gepflegt und hübsch aus, blond, graue Augen und wirkte für eine Senior-Partnerin einer großen Kanzlei mit dem eigenen Namen auf dem Türschild erstaunlich jung.
Ich musste mir die Frage stellen, wieso Molly Caldwell-Davis mit Kanonen auf Spatzen schießen wollte, obwohl es noch nicht einmal Spatzen zu sehen gab.
Wir hatten sie bis jetzt noch gar nicht als potenzielle Täterin im Visier gehabt.
Lagen wir falsch?
Schwärme von Fragen jagten mir durch den Kopf. War Molly mit den Baileys bekannt? Mit Sara Needleman? Wo war Molly bei deren Ermordung gewesen? Gab es eine Verbindung zwischen ihr und den Opfern der Schlangenmorde zu Beginn der Achtzigerjahre?
War dieses immer noch ziemlich zugedröhnte, reiche Mädchen wirklich verschwiegen genug, schlau genug, besessen genug, um eine Serienmörderin zu sein?
Und wenn ja, was war bloß in sie gefahren, dass sie in ihrem eigenen Bett zwei Menschen umgebracht hatte?
Christine Rogers sah zwar erschöpft aus, aber ihr Haar glänzte, ihre Bluse war frisch gestärkt, und ihr Armani-Nadelstreifenanzug hätte mich ein Monatsgehalt gekostet. Auch wenn sie einen irrsinnigen Terminplan hatte - sie benahm sich professionell vom Scheitel bis zur Sohle.
»Ms. Caldwell-Davis ist voll und ganz zur Kooperation bereit«,
sagte sie. »Als sie gestern Abend gegen halb zwei zu Bett gegangen ist, waren Brian Caine und Jordan Priestly noch am Leben. Als sie heute Morgen irgendwann nach zehn wieder aufgewacht ist, waren sie tot.«
Ich blickte Ms. Rogers fest in die Augen und sagte: »Wenn sie vielleicht mal kurz ihre Gedanken sammeln könnte, dann könnten wir womöglich den einen oder anderen Hinweis ergattern.«
»Was immer geschehen sein mag: Meine Mandantin hat die ganze Zeit geschlafen und ist wie durch ein Wunder verschont geblieben«, sagte Rogers. »Ich will, dass die Polizei, die Verwaltung, die Presse, alle einschließlich Gott, erfahren, dass Molly mit dem Tod ihrer guten Freunde nicht das Geringste zu tun hat. Sie ist zutiefst betrübt angesichts dieses schmerzlichen Verlustes. Und sie hat nichts zu verbergen.«
»Wunderbar«, meinte Conklin. »Also, Molly, fangen wir noch einmal von vorn an. Wir brauchen eine Liste mit allen Personen, die gestern Abend hier waren, einschließlich der Caterer, der Lieferanten und derjenigen, die Ihren Hund ausführen.«
Molly blickte Conklin aus rot geränderten Augen an. Getrockneter Speichel hing ihr in den Mundwinkeln.
»Tyco hat meinen Hund ausgeführt. Ich habe das Essen für die Party gemacht, und Brian stand hinter der Bar. Die Hälfte der Leute, die da waren, kenne ich gar nicht, das stimmt wirklich. Manche haben eben andere Leute mitgebracht und die wieder irgendwelche anderen.«
»Fangen wir mit denen an, die Sie kennen«, sagte Conklin.
74
Es war später Nachmittag, als Conklin und ich den Obduktionssaal betraten und Tycos Leiche auf einer Bahre vor uns liegen sahen. Seine Augen waren geschlossen, aber aus einer Edelstahlschale im Scheinwerferlicht blitzten uns seine versammelten Nippelringe und Piercings an.
»Ich wollte eigentlich schon aufgeben«, sagte Claire. »Aber hier, schaut mal.«
Sie hob den linken Arm des Jungen hoch und reichte mir eine Lupe. Damit konnte ich die - in ihren Worten - »zwei klar definierten, nadelstichartigen Wunden« erkennen.
Claires erster Assistent, Bunny Ellis, stand neben mir. Jetzt zog er den Reißverschluss des zweiten Leichensacks auf, in dem sich die sterblichen Überreste von Brian Caine befanden.
Ich drehte mich um - und einen
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