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Das 9. Urteil

Das 9. Urteil

Titel: Das 9. Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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meiner Trance … Ich war frei.
    Ich stellte mich an das Heck des Impala und reckte den Arm in die Luft. Eine pfauenblaue Honda-Limousine schoss hupend an mir vorbei. Danach kam eine Corvette, deren Fahrer mich zwar lüstern anstarrte, aber nicht anhielt. Wofür hielt er mich denn? Für eine Prostituierte?
    Und so stand ich auf diesem Highway, nur mit einem Höschen bekleidet, den Arm erhoben, während in meinem ganzen Körper die Angst kribbelte, dass ich jeden Moment von einem Autofahrer, der mit seinen Gedanken nicht bei der Sache war, überfahren wurde … bis schließlich ein himmelblauer BMW seine Fahrt verlangsamte, vor dem Impala an die Seite fuhr und anhielt.
    Ich beugte mich zum Beifahrerfenster hinab. »Polizei. Geben Sie mir Ihr Handy.«
    Hinter dem Steuer saß mit weit aufgerissenen Augen ein achtzehnjähriger Junge. Er reichte mir sein Telefon, und ich deutete auf eine Zeitung auf dem Beifahrersitz. Er gab sie mir, und ich bedeckte damit meine Brust, während ich die Zentrale anrief und meinen Namen und meine Dienstnummer durchgab.
    »Lindsay! O Gott. Ist alles in Ordnung? Was brauchst du? Wo bist du?«
    Ich kannte die Telefonistin, May Hess, die ungekrönte Königin des roten Telefons. »Ich bin auf der Brücke …«
    »Bei dieser nackten Selbstmörderin?«
    Ich stieß ein bellendes Lachen aus, hatte mich aber wieder im Griff, bevor ich hysterisch werden konnte. Ich bat May, sofort einen Hubschrauber zur Bay zu schicken, damit die Küstenwache einen Mann in einem Motorboot aufgreifen konnte. May erwiderte: »Alles klar, Sergeant. Die Brückenpatrouille ist in dreißig Sekunden da, höchstens.«
    Ich hörte die Sirenen. Die flatternde Zeitung an die Brust gedrückt, beugte ich mich über das Geländer und sah, wie das kleine Fiberglasboot sich immer dichter an den schwimmenden Gewehrkoffer schob. Ein Hubschrauber kam heran und senkte sich über die Nussschale, drängte sie ans südliche Ufer.
    Das Boot wich aus, mal nach links und mal nach rechts, wie ein Pferd beim Rodeo, flüchtete sich unter die Brücke, gab Vollgas, doch der Hubschrauber gab nicht eher nach, bis es vor Crissy Field strandete.
    Der Lippenstift-Killer sprang aus dem Boot und rannte in Zeitlupe durch das hüfttiefe Wasser. Und dann war die Küstenwache bei ihm.
    Ein Megafon blökte, befahl dem Killer, sich flach auf den Boden zu legen, die Arme weit von sich gestreckt. Streifenwagen rasten den Strand entlang und umzingelten ihn.
    Das Spiel ist aus, Psycho.

67
    Ich beobachtete die Hafenpolizei bei der Bergung des Pelican-Koffers, dann dröhnten rings um mich herum ohrenbetäubende Sirenen.
    Als ich mich umdrehte, sah ich eine ganze Flotte aus zivilen sowie schwarz-weißen Streifenwagen mit quietschenden Reifen hinter dem Impala zum Stehen kommen. Darin saßen im Prinzip alle Polizeibeamten, die ich im Lauf meines Lebens kennengelernt hatte. Alle stiegen sie jetzt aus und stürmten auf mich zu.
    Da wurde ich auf einen Land Rover auf der Gegenfahrbahn aufmerksam. Irgendwie hatte der es noch vor der Sperrung auf die Brücke geschafft. Ein bärtiger Mann sprang heraus, hielt eine Kamera mit einem langen Teleobjektiv in der Hand und fing an, mich zu fotografieren, so, wie ich war: Todesangst im Gesicht, den Chronicle quer über der Brust, pinkfarbenes Höschen und so weiter.
    Ein Schrei zu meiner Linken: » HEEE !«
    Ein Mann brach aus einem der Streifenwagen hervor, ein großer, kräftiger Typ mit einer Statur wie ein Football-Spieler. Er überquerte die Fahrbahn, lief auf den Mann mit der Kamera zu und brüllte: »Gib das her!«
    Der große, kräftige Typ war Joe.
    Der Fotograf wollte ihm die Kamera nicht freiwillig geben, also packte Joe ihn am Kragen, riss ihm das Ding aus der Hand und warf es über das Brückengeländer. Er ließ den Kerl auf der Motorhaube des Land Rover liegen und rief ihm über die Schulter hinweg zu: »Zeig mich doch an!«
    Dann kam der Mann, den ich liebe, mit besorgter Miene auf mich zugerannt. Er breitete die Arme aus, ich fiel ihm um den Hals und fing an zu weinen. »Wir haben ihn«, sagte ich.
    »Hat der Drecksack dir etwas getan?«
    »Nein. Wir haben ihn, Joe.«
    »Da hast du jedenfalls recht, Liebste. Es ist vorbei.«
    Joe wickelte mich in seine große Jacke ein und nahm mich erneut in die Arme. Conklin und Jacobi stiegen aus einem grauen Zivilfahrzeug und kamen zu uns. Gleichzeitig fragten sie: »Geht es dir gut, Lindsay?«
    »So gut wie noch nie«, piepste ich mit tränennassen Wangen.
    »Geh nach Hause«,

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