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Das 9. Urteil

Das 9. Urteil

Titel: Das 9. Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Hand, Kimme und Korn genau zwischen die farblosen Augen eines Kerls in Baseballjacke gerichtet. Ich drückte ab.
    Das einzige Problem war: Ich hatte die Glock nicht dabei.

62
    »Du bist ja so still, Prinzessin«, sagte die Stimme in meinem Ohr.
    »Was soll ich denn sagen?«
    »Nein, du hast recht. Denk nicht zu viel nach. Führ einfach deine Mission zu Ende.«
    Aber ich dachte trotzdem nach. Falls ich sein Gesicht zu sehen bekam und überlebte, dann würde ich, wenn es sein musste, den Dienst quittieren, um meine Aufgabe zu Ende zu bringen. Dann würde ich mir jedes einzelne der Tausende Fotos von ehemaligen Soldaten, Matrosen, Elitekämpfern und Strandwächtern in San Francisco vornehmen.
    Und falls er nicht in San Francisco wohnte, würde ich mir so lange alle möglichen anderen Fotos anschauen, bis ich ihn hatte, und wenn es das Letzte war, was ich je tun würde.
    Aber natürlich würde er nicht zulassen, dass ich sein Gesicht sah und mich danach einfach verkrümelte.
    Ich ging die Market Street entlang, bog um eine Ecke, und schließlich sah ich das Parkhaus vor mir. Der Typ im Wachhäuschen lehnte mit geschlossenen Augen an der Rückwand, ganz in seinen iPod versunken. Ich klopfte an die Scheibe und reichte ihm mein Ticket. Er streifte mich nur flüchtig.
    »Das macht fünfundzwanzig Dollar«, sagte er.
    Ich schob ihm das Geld zu, und er gab mir den Autoschlüssel.
    »Welcher Wagen ist es?«, erkundigte ich mich bei dem Ding um meinen Hals.
    »Der grüne Chevy Impala, das vierte Auto auf der rechten Seite. Es ist gestohlen, du brauchst also gar nicht erst zu versuchen, irgendwelche Rückschlüsse auf mich zu ziehen.«
    Der Wagen war uralt, vielleicht sogar aus den Achtzigerjahren, und sah nicht so aus, als würde der Besitzer den Verlust möglichst schnell anzeigen. Ich machte die Tür auf, und mein Blick fiel auf einen nagelneuen Pelican-Gewehrkoffer auf dem Rücksitz – lang genug, um ein Sturmgewehr darin unterzubringen.
    »Wofür ist der denn?«, fragte ich den Lippenstift-Killer.
    »Aufmachen«, sagte er.
    Pelican ist bekannt für seine erstklassigen Schutzbehälter. Sie sind mit Schaumstoff gefüttert, besitzen unknackbare Schlösser und überstehen Feuer und Wasser genauso unbeschadet wie eine Explosion.
    Ich klappte den Koffer auf. Er war leer.
    »Leg das Geld da rein«, sagte der Killer.
    Erneut befolgte ich seine Anweisungen, holte das Geld aus Tylers Spezialköfferchen, stapelte die Scheine in den Pelican-Koffer, ließ die Schlösser zuschnappen, während ich innerlich vor Wut kochte … ich war einem Irren dabei behilflich, eine ganze Stadt zu erpressen. Unwillkürlich musste ich daran denken, wie die Nazis im Zweiten Weltkrieg ganz Paris die Daumenschrauben angelegt hatten.
    »Jetzt schiebst du Mr. Tylers Koffer unter den Lexus zu deiner Linken«, sagte der Killer. »Nur eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme. Falls ihr einen Peilsender eingebaut habt.«
    »Haben wir nicht«, sagte ich, hatten wir aber doch. Im Griff war ein GPS-Sender versteckt.
    »Und zieh deine Schuhe aus«, sagte der Killer. »Schieb sie zusammen mit dem Koffer unter das Auto.«
    Ich gehorchte und stellte mir vor, wie Jacobi das GPS -Signal bis in das Parkhaus verfolgen und den Koffer finden würde – nur um festzustellen, dass er in einer Sackgasse gelandet war.
    »Na, hast du Lust auf eine kleine Spazierfahrt«, wollte mein ständiger Begleiter wissen.
    »Liebend gerne«, sagte ich mit gespielter Fröhlichkeit.
    »Liebend gerne, was?«, sagte FKZ .
    »Liebend gerne, Sir«, erwiderte ich.
    Ich stieg ein und ließ den Motor an.
    »Wohin?«, wollte ich wissen, und meine Stimme klang fast so, als hielte ich mich bereits für tot.

63
    »Herzlich willkommen zu unserer kleinen Fahrt ins Blaue«, sagte der Killer.
    »Wohin soll ich fahren?«
    »Nach links, Prinzessin.«
    Ich schaute auf meine Armbanduhr. Jetzt trug ich schon seit einer Ewigkeit diesen Teufel um den Hals und wusste noch immer nichts über ihn, nichts über sein Vorhaben. Da er unseren genialen Plan – Stichwort: »Folge der Spur des Geldes« – durchkreuzt hatte, arbeitete mein Gehirn auf Hochtouren an einer Alternative. Aber wie? Ich wusste ja nicht, wo der Kerl die Übergabe stattfinden lassen wollte.
    Ich verließ das Parkhaus und fuhr am Museum für Asiatische Kunst vorbei. Der Killer sagte, ich solle die Larkin Street entlangfahren. Ich warf einen Blick in den Rückspiegel, ohne die geringste Spur eines Zivilfahrzeugs zu entdecken.
    Niemand folgte mir.
    Ich

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