Das 9. Urteil
Film auftauchen würde. Der »Filmproduzent« hatte Bosco also angewiesen, sich mit dem Boot in der Nähe von Fort Baker startklar zu halten und auf einen Koffer zu achten, der irgendwann am Nachmittag von der Brücke geworfen wurde.
Er gab Bosco zweihundertfünfzig Dollar Vorschuss und versprach ihm die andere Hälfte bei Ablieferung des Gewehrkoffers. Die Übergabe sollte vor dem Greens Restaurant bei Fort Mason stattfinden.
Hatte Bosco ernsthaft geglaubt, dass das Ganze echt war? War er ein dreckiger Lügner oder einfach nur dämlich?
»Hat dieser Produzent Ihnen seinen Namen verraten?«, wollte ich wissen.
»Na klar. Tony irgendwas, fängt mit T an. Er hat ganz normal ausgesehen«, fuhr Bosco fort. »Ungefähr eins achtzig groß, ziemlich sportlich. Ich weiß nicht mal mehr, was er angehabt hat. Hey. Moment mal, Moment mal. Er hat mir seine Visitenkarte gegeben.«
Wir ließen uns Boscos klatschnasse Brieftasche bringen, und er zog die Karte aus dem Geldscheinfach und zeigte sie mir.
Es war eine selbst gemachte und vorgestanzte Visitenkarte, ausgedruckt mit einem Tintenstrahler. Nicht viele Menschen in dieser Stadt hätten so eine Karte für bare Münze genommen, aber Roger Bosco war hocherfreut darüber, dass er damit seine Geschichte untermauern konnte. Er grinste wie einer, der in seinem Garten auf eine Ölquelle gestoßen ist.
»Da, sehen Sie«, sagte er und stach mit seinem schwieligen Zeigefinger auf das verschwommene, rote Logo ein. »Anthony Tracchio. FKZ Productions.«
Jacobi und ich nahmen die Karte mit nach draußen.
»Das wird dem Chief gefallen«, sagte Jacobi matt und steckte die Karte in einen Indizienbeutel. »Ich rufe ihn an und sage ihm, dass dieser Lippenstift-Irre immer noch frei rumläuft. Und, ach ja, dass wir das Geld geborgen haben.«
70
Sie waren in Cindys Schlafzimmer. Das Licht der Straßenlampen schien zu den Vorhängen herein und zeichnete kräftige Streifen auf die Bettdecke. Cindy kuschelte sich an Richie und legte ihm den Arm um die Hüften.
»O Mann«, sagte Rich, »ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber das ist mir bisher noch nie passiert. Tut mir leid, Cin.«
»Ach, das macht doch nichts. Mach dir keine Gedanken, bitte«, sagte Cindy, rüttelte ihn sanft, küsste ihn auf die Wange. »Alles in Ordnung?«
»Ich glaube nicht. Ich bin doch gerade mal dreißig.«
»Weißt du, was ich glaube? Irgendwas beschäftigt dich. Was denkst du gerade, Rich? Schnell. Das Erste, was dir in den Kopf kommt.«
»Lindsay.«
»Ich geb dir eine Million Dollar, wenn du das zurücknimmst«, sagte Cindy. Sie drehte sich weg und starrte an die Decke. War Rich in Lindsay verliebt? Oder bedeutete die Tatsache, dass er ihr Partner war, dasselbe wie verliebt zu sein, nur in anderer Form?
Eines jedenfalls wusste sie: Rich und Lindsay hatten ein sehr enges Verhältnis. Und sie fragte sich wieder einmal, ob das nicht ein Warnsignal war, ein Warnsignal, das besagte, dass sie auf dem Abstellgleis gelandet war und lieber aussteigen sollte.
»Aahh, das ist jetzt falsch rübergekommen.« Rich zog sie wieder an sich. »Ich hab doch nicht so an sie gedacht. Sondern an diesen Lippenstift-Irren, der sie gezwungen hat, dass sie sich auszieht. Der hätte sie jederzeit umbringen können. Ich bin ihr Partner, Cindy, und ich hab sie im Stich gelassen.«
Cindy seufzte und schmiegte sich in Richs Arme, strich ihm mit den Fingerspitzen sanft über den flachen Bauch.
»Du hast getan, was du konntest. Aber ich weiß, was du meinst. Ich bin ihr begegnet, vor dem Chronicle , als sie auf dem Weg zu diesem Irren war. Sie hat mir zugezwinkert. Sie wollte mir damit sagen, dass alles gut wird, obwohl das alles andere als sicher war. Ich hab mich so unendlich hilflos gefühlt.«
»Ganz genau.«
»Ich hätte in dieser Situation so gerne etwas unternommen, aber ich hatte keine Chance, absolut keine.«
Rich küsste ihre Handfläche. »Mutige Frauen hauen mich immer total um«, sagte er. »Du zum Beispiel, Cin. Du bist Kriminalreporterin. Und wohnst hier.«
Cindy wusste, was er damit meinte. Sie war in diese helle Wohnung im Blakely Arms gezogen – ein tolles Haus in einer nicht unproblematischen Gegend –, nur um kurz nach dem Eintreffen ihrer Möbel zu erfahren, dass schon diverse Hausbewohner einem Mörder zum Opfer gefallen waren.
»Ich lebe in ständiger Angst«, erwiderte sie. »Das, was du Mut nennst, ist nur das Aufbegehren gegen meine Angst vor allem. So versuche ich eben, alleine
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