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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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War das ein nobles Gefühl? Bemitleidenswert? Dumm? Oder alles zusammen?
    Doch der Moment war viel zu perfekt, um ihn zu analysieren, also grinste ich einfach weiter.
    Schließlich zog Anne den Kopf wieder ins Wageninnere und fing an, sich Haarsträhnen aus dem Mund und den Augen zu streichen, während sie erfolglos versuchte, Ordnung in ihre Frisur zu bekommen. »Warum sehen Sie eigentlich so glücklich aus? Sagten Sie nicht, dass Sie solche Veranstaltungen hassen?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Die Sonne scheint, die Vöglein singen …«
    »… und eines Tages wird Ihnen das alles hier einmal gehören.«
    Mein Lächeln verschwand, und ich fühlte mich, als hätte ich einen Schlag in den Magen bekommen.
    Um ganz ehrlich zu sein, ihre Bemerkung war mehr oder weniger richtig. Genau genommen gehörten das Haus und das Grundstück gar nicht meinem Vater – es war alles Teil des Familientrusts. Wenn er starb, würde ich der Hauptbegünstigte werden (unter der Voraussetzung, dass ich dann immer noch in der Tabakindustrie arbeitete) und konnte es nutzen, bis es irgendwann einmal an die Kinder überging, die ich wohl nie haben würde.
    Als ich um eine lang gezogene Kurve bog, sah ich zu beiden Seiten der Straße geparkte Autos. Ich fuhr schneller, weil ich plötzlich das dringende Bedürfnis verspürte, Anne auf die Party zu bekommen. Ein paar Stunden mit den Barnetts waren genug, um jeden davon zu überzeugen, dass mein Leben nicht ganz so glücklich war, wie es aussah.
    »Wie geht’s, Jimmy? Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen. Was machst du denn so?«, sagte ich, während ich aus dem Auto stieg und ihm die Schlüssel in die Hand drückte.
    »Autos parken, Trev.«
    Ich kannte ihn noch länger als Darius. Als Kinder hatten wir immer geklaute Zigaretten hinter dem Gästehaus zusammen geraucht, bis uns sein Vater erwischt hatte, dem das aber vollkommen egal gewesen war.
    »Jimmy, darf ich dir Anne vorstellen?«, sagte ich.
    »Hallo. Schön, Sie kennenzulernen.« Ihr Lächeln und ihr Händedruck hatten eine unbekümmerte Freundlichkeit an sich, die ich schon lange nicht mehr an ihr gesehen hatte.
    »Jimmys Vater ist der Hausverwalter hier. Wir sind schon seit unserer Kindheit Freunde.« Mir war klar, dass ich aufschnitt – ich wollte ihr beweisen, dass ich wie alle normalen Leute alte Freunde hatte, obwohl ich Millionen von Menschen umbrachte.
    »Wie schön.« Sie sah die Straße entlang zu dem weitläufigen Rasenflächen vor dem Haus meines Vaters. »Da lang?«
    Jimmy nickte, und sie ging etwas unsicher auf das Haus zu, in Schuhen, die vermutlich auch geliehen waren.
    »Hübsches Mädchen«, sagte Jimmy. »Scheint nett zu sein.«
    »Sie hasst mich«, erwiderte ich.
    Er warf mir einen etwas desinteressierten Blick zu und setzte sich dann ans Steuer meines Wagens. »Was gibt es an dir zu hassen?«
     
    Auch diese Party war wieder perfekt organisiert. Meiner begrenzten Erfahrung nach schien das Wetter bei solchen Gelegenheiten immer mitzuspielen, und auch heute machte es keine Ausnahme: Die leichte Brise, die durch den Garten strich, war nicht so heiß und feucht wie sonst, und wehte nur so dezent, dass sie weder Servietten noch Hüte in Unordnung brachte. Auf dem Rasen standen Zelte mit zurückgeschlagenen Seitenwänden, die Schatten spendeten für Teakholzmöbel und Frauen, deren Schönheitschirurg ihnen geraten hatte, direktes Sonnenlicht zu meiden. Überall waren Blumengestecke zu sehen – sie hingen an niedrigen Ästen und an Spalieren, die extra für die Party aufgestellt worden waren, und standen in Terrakottatöpfen, die so groß waren, dass sie wohl mit einem Kran herbeigeschafft worden waren.
    Die etwa hundert Gäste hatten sich auf dem Rasen verteilt, in kleinen Konversationsgrüppchen von drei oder vier Leuten, bis auf die Stellen, an denen sie sich um die Büfetttische drängten. Die meisten von ihnen hielten brennende Zigaretten in der Hand, aber nur die Hälfte zog ab und zu einmal daran. Der Rauch war gerade so dicht, um die Mücken fernzuhalten.
    Anne war direkt vor mir. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, wanderte sie langsam zwischen den Gästen hindurch und musterte jedes Gesicht so aufmerksam wie ein Gemälde in einem Museum. Ich ging in eine Richtung, in der ich ihr den Weg abschneiden würde, und versuchte, die Aufmerksamkeit zu ignorieren, die meine Anwesenheit hervorrief. Ich hatte Anne fast erreicht, als mein Vater aus einem der Zelte kam.
    »Ich bin froh, dass du es geschafft

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