Das Abkommen
konnte ich würfelförmige Gebäude erkennen, die Dienstleistungen wie Möbelpolsterung und die Reparatur von Staubsaugern anpriesen. Hausnummern waren Mangelware, aber es gab immerhin so viele, dass ich mir mit etwas kreativer Mathematik ausrechnen konnte, wo ich ungefähr war. Als ich der Meinung war, nur noch wenige Blocks von meinem Ziel entfernt zu sein, parkte ich den Wagen am Bordstein und setzte meine Suche zu Fuß fort.
Ich brauchte etwa zehn Minuten, um das Gebäude zu finden, nach dem ich suchte – ein weißes Rechteck, dessen futuristische architektonische Details darauf schließen ließen, dass es etwas vierzig Jahre alt war. Ich zwängte mich zwischen den vor dem Haus geparkten Autos hindurch und joggte eine Metalltreppe hoch, um ein wenig von meiner nervösen Energie loszuwerden, bevor ich vor Nummer zweihundertzwei stehen blieb.
Ich hatte mir versprochen, nicht einfach wie angewurzelt dazustehen, und ich hielt mein Versprechen, indem ich sofort an die Tür klopfte. Möglicherweise rührte ein Teil meines Mutes daher, dass ich davon ausging, kein normaler Mensch würde freitagabends um neun Uhr zu Hause sein, aber ich beschloss, diese Möglichkeit zu ignorieren.
Nachdem ich auch nach zehn Sekunden noch keinen Ton aus der Wohnung hinter der Tür gehört hatte, wurde ich etwas lockerer und wollte wieder zur Treppe gehen. Ich war nur ein paar Schritte weit gekommen, als die Tür aufging.
»Trevor?«
Ich drehte mich möglichst lässig um, als wäre es eine ganz zufällige Begegnung, und lächelte. Sie trug ein langes T-Shirt und eine Jogginghose. Die pinkfarbenen Socken an ihren Füßen erklärten, warum ich nicht gehört hatte, dass sie an die Tür gekommen war.
»Anne. Hallo. Wie geht es Ihnen?«
Durch geschickte Fragen an ihren Chef wusste ich, dass Anne keinen Freund hatte. Das musste wohl daran liegen, dass sie sich zwischen den vielen blendend aussehenden, muskulösen, gut erzogenen und intelligenten Männern, die sich in sie verliebt hatten, einfach nicht entscheiden konnte.
»Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
»Ähm, als ich dem Ausschuss beigetreten bin, habe ich eine Kopie der Telefonliste bekommen.«
Sie dachte kurz über meine Erklärung nach und schien sie plausibel zu finden. »Warum sind Sie hergekommen?«
»Ich wollte Sie um einen Gefallen bitten. Darf ich reinkommen?«
»Ist das der Gefallen?«
Wenn ich klug gewesen wäre, hätte ich mich in diesem Moment über das Geländer geworfen und einen fliegenden Start hingelegt. Doch das hätte unsere nächste Begegnung wohl noch peinlicher gemacht, als sie es nach diesem Abend sowieso schon sein würde. »Nein. Ich hatte gehofft, Sie um den Gefallen bitten zu können, während ich in Ihrer Wohnung bin.«
Sie sah mich an, als hätte ich vor, sie zu ihrer ersten Zigarette zu verführen. Komm schon, fünf Millionen Teenager können sich nicht irren.
»Ich halte das für keine gute Idee.«
»Warum?«
Anne hatte vermutlich gute Gründe dafür, aber sie waren wohl alle zu impertinent, um sie einem Kerl ins Gesicht zu sagen, der dazu beitrug, dass sie ihr Gehalt bekam. Sie trat einen Schritt beiseite, forderte mich aber nicht zum Eintreten auf. Das war wohl das Beste, das ich kriegen konnte.
Ich versuchte, mich nicht allzu offensichtlich umzusehen, während ich in ihrer Wohnung herumging und die Gelegenheit nutzte, in ihrem Privatleben herumschnüffeln zu können. Sie hatte die Wände in einem kräftigen Blau gestrichen, und durch eine offene Tür im hinteren Teil der Wohnung konnte ich ein ungemachtes Bett sehen, das von einem genauso auffallenden Rot umgeben war. Die kleine Kochnische, die in eine Ecke des Wohnzimmers gequetscht war, sah nicht so aus, als könnte man darin kochen, machte aber einen gepflegten, fröhlichen Eindruck. Die Möbel stammten alle von Ikea, bis auf ein altes Sofa mit einer Patchwork-Steppdecke auf der Rückenlehne, das so altmodisch und abgenutzt aussah, dass es nur ein Familienerbstück sein konnte. Auf dem niedrigen Couchtisch daneben sah ich ein halb volles Glas Wein und ein Buch mit dem Titel Weg in die Wildnis.
Die Wohnung wirkte unglaublich warm und gemütlich, und das hätte ich ihr auch gesagt, wenn ich es mir nicht schon lange abgewöhnt hätte, mich über die Wohnungen anderer Leute zu äußern. Sie hielten es für herablassend und verglichen meinen Kommentar dann sofort mit der eingebildeten Pracht meines ererbten Palastes.
»Tut mir leid wegen der Wohnung«, meinte Anne. Sie drehte sich erst
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