Das Abkommen
sondern ging am Rand des Rasens entlang, bis ich eine schattige Stelle unter einem Baum gefunden hatte. In einiger Entfernung konnte ich sehen, dass es Jacobs gelungen war, sich eine Zigarette anzuzünden, was Anne nicht im Geringsten abschrecken konnte. Schließlich ergriff er die Flucht und drängte sich zwischen den Gästen hindurch, während Anne ihm erbarmungslos auf den Fersen blieb.
Das Selters war kalt, und der Schatten und die Ruhe taten mir gut. Ich war mit diesen Leuten aufgewachsen, ich hatte mit ihnen zusammengearbeitet, ich hatte die gleiche Geschichte wie sie, aber ich hatte nichts mit ihnen gemein. Es ist schon seltsam, wenn man keinen Platz hat, wo man hingehört.
Ich ging zu einer außerordentlich schönen Hibiskushecke und blieb davor stehen, um mir anzusehen, wie ein Kolibri seinen Schnabel in eine besonders farbenprächtige Blüte steckte.
»Hübsch, nicht wahr?«
Ich drehte mich um, sah aber niemanden. Als ich ein Stück weitergegangen war, stellte ich fest, dass die Hecke eine Bank verdeckte. Und auf der Bank saß Paul Trainer.
»Ja, sehr hübsch«, erwiderte ich, während die völlig grundlose Ruhe, die daher rührte, dass ich mit Anne hier war, auf einen Schlag verschwunden war.
Trainer wandte sein wächsern aussehendes Gesicht der Sonne zu und schloss die Augen. Soweit ich das feststellen konnte, war er der Einzige auf der Party, der einen Anzug trug – dunkelgrau trotz der Hitze, mit einem Jackett, das so lang war, dass man vermutlich bis ins achtzehnte Jahrhundert zurückgehen musste, um eine Zeit zu finden, in der so etwas modern gewesen war.
»Sie hatten recht«, sagte er plötzlich.
»Wie bitte?«
»Mit dem, was Ihre Generation fühlt, wenn sie raucht. Informationen prägen einen, wenn man jung ist. Als ich ein Kind war, hat man die gesundheitlichen Risiken heruntergespielt. Überall wurde Werbung für Zigaretten gemacht. Selbst nach allem, was passiert ist, fällt es mir schwer zu glauben, dass Rauchen schlecht für mich ist …«
Ich nickte, aber je weniger ich sagte, desto besser war es vermutlich für mich.
»Wenn Sie die Augen schließen, sehen Sie die Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen und die Untersuchungen der Gesundheitsbehörde. Sie sind zu jung, um sich daran erinnern zu können, wie der Marlboro Man mit der Zigarette in der Hand in den Sonnenuntergang geritten ist. Irgendwie tut mir Ihre Generation leid. Manchmal müssen Informationen mit dem Verlust der Romantik bezahlt werden.«
»Die Leute leben heute eben gesundheitsbewusster«, sagte ich. Ich hatte schon vergessen, dass ich eigentlich den Mund halten wollte.
Er lachte. »Ihre Generation hat die Sicherheit für sich gepachtet, nicht wahr? ›Komm sicher nach Hause‹ oder ›Fahr vorsichtig.‹ Niemand will einfach nur Spaß haben.«
»Vermutlich haben Sie recht.«
Der Kolibri war verschwunden, und mit ihm der Grund, warum ich hier war, also drehte ich mich um und wollte gehen.
»Trevor, warum haben Sie Geschichte studiert?«
Ich blieb stehen und wusste nicht genau, was ich davon halten sollte, dass Paul Trainer sich die Mühe gemacht hatte, mein Hauptfach am College herauszufinden.
»Das Studium der Vergangenheit scheint mir so … tot zu sein«, sagte er. »Wie das Studium von Schatten. Das ist passiert, dann ist jenes passiert …«
Die Wahrheit war nicht sehr beeindruckend. Als ich im College angekommen war, hatte ich wie immer nicht gewusst, was ich eigentlich machen wollte, und dann hatte ich im ersten Semester einen sehr guten Lehrer in Geschichte. Aber letztendlich war es die richtige Entscheidung gewesen. Mein Studium hatte mir Spaß gemacht.
»Es geht nicht so sehr um das, was passiert ist, Mr Trainer, sondern darum, wem es passiert ist. Es ist eher ein Studium der menschlichen Natur. Es geht darum, herauszufinden, was hinter diesen Jahreszahlen und Ereignissen steckt. Das ist das Interessante dabei.«
»Und was steckte hinter den Jahreszahlen und Ereignissen der Tabakindustrie?«
Ich zuckte mit den Achseln. »Die Vereinigten Staaten konnten erst durch Tabakexporte entstehen. Die Weltkriege wurden mit Adrenalin und Nikotin gewonnen. Die Entwicklung unserer politischen und wirtschaftlichen Systeme wurde mit dem Geld der Tabakindustrie finanziert …«
»Haben Sie gewusst, dass das Militär früher Zigaretten in die Verpflegungspakete der Soldaten gepackt hat?«
»Nein.«
Er lächelte. »Natürlich haben Sie das gewusst.«
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Anne zielstrebig auf den
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