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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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Für ihn – und für mich – hörte es sich so an, als hätten wir die Firma gerade für einen Apfel und ein Ei verscherbelt.
    »Ich weiß nicht, was ich noch dazu sagen soll. Wir sind derselben Meinung wie der Bericht.« Trainer brach ab, doch der Ton seiner Stimme und seine Körpersprache brachten den Gedanken für ihn zu Ende: Und was werden wir jetzt tun?
     
    »Warum hast du mir nicht gesagt, was du vorhast?« Mein Vater redete mit Trainer, doch sein Blick war auf mich gerichtet. Ich konnte ihn aus den Augenwinkeln heraus sehen, während ich durch das Fenster nach draußen starrte, wo das Denkmal für Thomas Jefferson, der einer der ersten amerikanischen Tabakfarmer gewesen war, an uns vorbeirauschte. Die Sonne ging gerade unter und tauchte die Stadt in ein magisches Licht, das ihren Bewohnern vermutlich nie auffiel.
    »Wir hätten deine Aussage durchgehen können. Wir hätten ihr den letzten Schliff geben können …«
    Trainer runzelte missbilligend die Stirn. »Damit meinst du, einen Haufen unbewiesener Behauptungen aneinanderzureihen und alles andere rauszustreichen. Aber das wäre an der Sache vorbeigegangen, nicht wahr, Edwin? Ich wollte nicht, dass meine Aussage von Anwälten totgekaut wird. Alles, was wir in den letzten zwanzig Jahren gesagt haben, ist vorher von einer Horde Rechtsanwälte keimfrei gemacht worden. Die Leute durchschauen das.«
    »Aber nur so können wir uns schützen«, protestierte mein Vater. Ich hielt das für eine ziemlich lahme Antwort.
    »Vor was, Edwin? Gerichtsverfahren? Letztes Jahr habe ich sechshundert Millionen Dollar für Anwälte ausgegeben. Ich bin mir nicht so sicher, ob es nicht besser gewesen wäre, das ganze Geld ein paar von diesen fanatischen Anti-Tabak-Organisationen zu spenden. Wahrscheinlich wäre ich dann auch genau dort, wo ich jetzt bin.«
    »Paul, weißt du eigentlich, was du da gerade tust?«, erwiderte mein Vater, der etwas beleidigt klang. »Hast du schon mit dem Vorstand darüber gesprochen?«
    »Natürlich habe ich mit dem Vorstand gesprochen. Ich habe mit sämtlichen Vorständen gesprochen.« Ich konnte erkennen, wie sein Spiegelbild im Fenster auf die Uhr sah. »Trevor, haben Sie Hunger? Wir haben früh Schluss gemacht.«
    »Früh Schluss gemacht« war eine Untertreibung. Die Anhörung war beendet worden, nachdem Trainer allem, was in dem Bericht gestanden hatte, zugestimmt hatte. Einige Kongressabgeordneten hatten noch versucht, ihn über einen anderen Blickwinkel zu ködern, doch er hatte die Fangfragen pariert, indem er ihren Analysen zugestimmt und sie gefragt hatte, was genau sie vorschlagen würden, um die Lage zu bereinigen. Aktion war das Einzige, was Politiker noch mehr fürchteten als versteckte Videokameras.
    »Ich hätte nichts dagegen, jetzt etwas zu essen. Kennen Sie ein gutes Restaurant hier in der Gegend?«, sagte ich.
    »Paul«, mischte sich mein Vater ein. »Diese Sache wird einen Riesenrummel auslösen. Wir müssen darüber sprechen, wie wir reagieren sollen …«
    Trainer nahm eine Fernbedienung in die Hand und schaltete den Videorekorder in der Konsole zwischen uns ein. »Haben Sie das gesehen, Trevor?«
    Er drückte auf die Wiedergabetaste, und auf einem winzigen Bildschirm erschien ein MTV-Interview mit lan Kingwell. Ich beugte mich vor und sah mir an, wie er hinter der feinen Rauchspirale, die von der Zigarette in seiner Hand aufstieg, über die Not der Kinder in der Dritten Welt referierte.
    Obwohl ich mich redlich bemüht hatte, hatte ich Annes noch sehr konservative Schätzung darüber, wie viele Leute es umbringen würde, wenn Kingwell im Fernsehen zur Zigarette griff, nicht vergessen können. Dass ich gar nicht dazu gekommen war, Kingwell die Vertragsunterlagen zu geben, schien gar nicht mehr wichtig zu sein. Ich hätte sie ihm gegeben. Um ein Haar hätte ich sie ihm gegeben. Und das war alles, worauf es ankam.

EINUNDZWANZIG
    Während meiner kurzen und letztendlich erfolglosen Suche nach Gott hatte ich einmal am Gottesdienst eines Wanderpredigers in einem Zelt teilgenommen. Es war eine energiegeladene – vielleicht sogar ekstatische – Veranstaltung gewesen, aber der Mangel an Führung war mir dann doch etwas sauer aufgestoßen. Darius hatte mich unterstützt, indem er ein paar bissige Bemerkungen gemacht und mich begleitet hatte, aber angesichts des Chaos war er ausgeflippt, und wir waren gegangen, bevor er anfangen konnte, in Zungen zu reden.
    Ich weiß, dass sich das anhört, als hätte ich Gott keine richtige Chance

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