Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
Vom Netzwerk:
gegeben, und vielleicht stimmt das ja auch, aber inzwischen sah es ganz danach aus, als würde man mich mit einem brauchbaren Ersatz versorgen.
    Es sah genauso aus, wie ich es in Erinnerung hatte: die sanfte Hügellandschaft, das blendende Weiß der Zeltleinwand, das Buffet mit schweren, gehaltvollen Südstaatengerichten (die Pasteten standen extra und waren auf einem kleinen Podest angerichtet, damit sie näher am Himmel waren.) An der Leinwand hinter der Bühne hatte Terracorps Logo den Platz des sonst eher üblichen Holzkreuzes eingenommen, doch es leuchtete in der Nachmittagssonne mit der gleichen Verheißung auf Glück, Klarheit und Zugehörigkeit.
    Wir waren etwa eineinhalb Stunden außerhalb Washingtons in einer überraschend weitläufigen und ländlichen Region Virginias, aber ich hatte immer noch keine Ahnung, was der Grund dafür war.
    »Paul, um was geht es hier eigentlich?«, fragte ich, während ich einen Moskito gegen meinen Hals klatschte, der einen blutigen Fleck auf meiner Hand hinterließ.
    Trainer schlug die Zeltleinwand noch etwas weiter zurück, sodass ich die Männer und Frauen im Innern sehen konnte, die kostenlose Zigaretten rauchten und sich ungeduldig miteinander unterhielten.
    »Können Sie sich noch an die Zeiten erinnern, in denen man sich auf die Presse verlassen konnte?«, flüsterte Trainer, der meine Frage ignorierte. »Nein, vermutlich nicht. Dafür sind Sie zu jung. Aber früher war es tatsächlich so. Damals haben sich die Presseleute noch nicht nach der öffentlichen Meinung gerichtet. Damals haben sie noch keine Meldung gestrichen, weil sie ihre Kunden nicht vor den Kopf stoßen wollten oder es nicht geschafft haben, den Sachverhalt in einem Zehn-Sekunden-Spot unterzubringen …«
    »Sie meinen damals, als wir die Presse völlig mit unseren Werbeetats kontrolliert haben anstatt wie heute nur halb?«
    Er sah mich an und lächelte. »Genau das meine ich.«
    Die Sonne machte sich daran unterzugehen, und der Schatten des Zelts hatte sich bis ins Unendliche verlängert. Ich folgte ihm mit meinen Augen und versuchte, meinen Vater zu finden, der plötzlich verschwunden war.
    »Fertig, Trevor?«
    »Fertig? Wofür?«
    Er wies mit dem Daumen auf das Zelt, während sich ein schelmisches Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. »Für die da.«
    Ein schelmisches Grinsen mag bei kleinen Kindern ja ganz niedlich und bei Collegestudenten lässig wirken, aber wenn man es bei einem älteren Mann sieht, läuft es einem kalt über den Rücken.
    »Heute sind Sie kein Zuschauer, Trevor. Das ist Ihre Show.«
    Seltsamerweise überraschte mich das gar nicht. Vielleicht war ich schon zu abgestumpft dazu. Der Gedanke daran konnte meine Laune sogar etwas bessern, denn genau diesen Zustand hatte ich immer angestrebt.
    »Paul, Sie sind derjenige, der vor dem Ausschuss ausgesagt hat. Wäre es nicht besser, wenn Sie dann auch die Fragen der Presse beantworten?«
    »Das ist keine Pressekonferenz mit Fragen, Trevor, sondern eine Pressemitteilung. Und Vorstandsvorsitzende verlesen keine Pressemitteilungen.«
    »Doch, das tun sie.«
    »Ich nicht.«
    »Halten Sie das wirklich für eine gute Idee? Haben Sie denn schon vergessen, was passiert ist, als ich das letzte Mal im Fernsehen gewesen bin?«
    »Oh, da sind Ihnen doch nur die Nerven durchgegangen. Das hier wird ein Kinderspiel für Sie.« Er drückte mir einen Stapel Karteikarten in die Hand. »Lesen Sie einfach ab, was draufsteht. Und vergessen Sie den Augenkontakt nicht – auch mit den Kameras. Das lässt Sie ehrlicher wirken. Und wenn Sie nervös werden, stellen Sie sich das Publikum einfach …«
    »… in Unterwäsche vor«, beendete ich niedergeschlagen seinen Satz. »Ich weiß.«
    »Ich wollte sagen: tot. Wer will diese Leute schon in ihrer Unterwäsche sehen? Das ist doch pervers.« Er schlug die Zeltleinwand noch weiter zurück. »Ich sehe mir das Ganze von hier aus an.«
     
    Im Zelt war es brütend heiß, und ich fing an zu schwitzen, als ich zum zweiten Mal an diesem Tag durch einen Gang ging, der von Feinden gesäumt war. Die Sonne schien direkt durch die Plastikfenster des Zelts herein, und ich musste die Augen zusammenkneifen, während ich auf die Bühne stieg und auf die etwa zwanzig Sonnenbrillen hinabstarrte, die mich beobachteten. Es gab weder ein Mikrofon noch ein Rednerpult, hinter dem ich mich verstecken konnte, und so stand ich völlig ungeschützt da. Ich räusperte mich.
    »Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind«, sagte ich. Das stand

Weitere Kostenlose Bücher