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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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worden war. Die einzige Ausnahme war der Kongressabgeordnete Sweeny, der sich von den verbalen Attacken, mit denen Anne Kimball ihn auf der Party meines Vaters überzogen hatte, erholt hatte. Er nickte weise.
    »Wir haben den Bericht gelesen«, sagte Godfrey. »Außerdem habe ich mir noch einige der früheren Berichte angesehen und die Antworten der Tabakindustrie darauf. Ich muss sagen, dass das bei mir zu einem gewissen … Überdruss geführt hat. Soweit ich das sagen kann, gibt es Tausende von Untersuchungen, die sich eigentlich alle darüber einig sind, dass Rauchen sehr schlecht für einen ist. Dass es Krebs, Lungenemphyseme, Herzkrankheiten und noch hundert andere schlimme Dinge verursachen kann. Ganz zu schweigen davon, dass es süchtig macht. Und jeder neue Bericht ist eine weitere Bestätigung dieser Aussagen.«
    »Die Tabakindustrie hat bereits eingeräumt, dass Zigaretten gesundheitsgefährdend sind und ein Suchtpotenzial besitzen«, betonte Trainer.
    »Das ist richtig«, gab Godfrey zu. »Aber erst vor Kurzem. Warum nicht früher?«
    »Seit diese Frage zum ersten Mal gestellt wurde, hat es gewaltige wissenschaftliche Fortschritte gegeben«, erwiderte Trainer. »Ich möchte darauf hinweisen, dass frühe Studien nicht nur ohne jede Beweiskraft waren, sondern häufig auch noch zu dem Ergebnis kamen, Rauchen sei der Gesundheit förderlich. Bis heute hat man nicht genau verstanden, durch welchen Prozess das Rauchen die Gesundheit angeblich schädigt. Der erste Bericht der Gesundheitsbehörde aus den Sechzigern hat sich zwar bemüht, die gesundheitlichen Risiken in einen etwas zuverlässigeren Kontext zu bringen, aber die Untersuchungen waren weit davon entfernt, perfekt zu sein. Einige übereifrige Anti-Tabak-Aktivisten haben doch tatsächlich Ratten den Rücken rasiert und ihnen Nikotin auf die Haut gerieben. Einmal hat sich eine solche Gruppe sogar dazu verstiegen, Beagles einen Luftröhrenschnitt zu verpassen und ihnen das Rauchen beizubringen. Und es gab auch schon Leiter der Gesundheitsbehörde, die eindeutig falsche Aussagen über die Tabakindustrie gemacht haben. Wir – und offenbar auch die Öffentlichkeit, die unsere Produkte nach wie vor verwendet – sind der Meinung, dass die Beweise nicht eindeutig genug waren.«
    Trainer hörte sich großartig an. Durch und durch vernünftig, ruhig, gütig und ein kleines bisschen gebrechlich – wie ein netter Großvater. Leider waren nicht alle so beeindruckt wie ich. Da ich eigentlich nur Politiker erkenne, denen man ein Verhältnis mit einer Praktikantin nachgewiesen hat, wusste ich nicht, wer der Mann war, der sich plötzlich einmischte.
    »Ich muss dieser Farce ein Ende machen. Mich interessiert jetzt eigentlich nur noch, wie Sie nachts schlafen können, obwohl Sie wissen, dass Sie ein Produkt herstellen, das jedes Jahr Hunderttausende Menschen tötet.«
    »Ich nehme an, auf die gleiche Art und Weise wie Sie auch, obwohl Sie wissen, dass Sie bis jetzt noch mit keinem Wort gefordert haben, dieses Produkt gesetzlich verbieten zu lassen – weil jeder die Freiheit haben sollte, seine eigenen Entscheidungen zu treffen, und weil dieses Produkt ein Eckpfeiler der amerikanischen Wirtschaft ist.«
    Godfrey griff ein, bevor die beiden dazu übergehen konnten, sich gegenseitig anzubrüllen. »Mr Trainer, Ihr Geschichtsunterricht war zwar sehr interessant, aber ich frage mich, worauf Sie eigentlich hinauswollen.«
    »Dazu komme ich gleich … Wie ich bereits ausgeführt habe, haben unsere Wissenschaftler den Bericht genau unter die Lupe genommen. Und sie sind der Meinung, dass die wissenschaftlichen und statistischen Methoden dem Problem inzwischen gerecht werden.«
    Ich fragte mich inzwischen das Gleiche wie Godfrey – worauf wollte Trainer hinaus?
    »Kurz und gut, wir halten die Schlussfolgerungen, die in dem Bericht der Gesundheitsbehörde gezogen werden, für richtig.«
    Im Saal wurde es plötzlich laut, da die Zuschauer alle auf einmal zu reden begannen. Ich warf einen Blick zu den Vorstandsvorsitzenden hinter mir und stellte fest, dass bei der Hälfte von ihnen die Gesichtsfarbe von leichenblass zu einer Art grünlichem Grau gewechselt hatte. Mein Vater sah aus, als würde er sich gleich übergeben.
    »Mr Trainer, würden Sie das bitte noch etwas weiter ausführen?«, sagte Godfrey, der sich anhörte, als würde er glauben, sich verhört zu haben. Wo waren die geschickten Dementi und juristischen Winkelzüge, die bei diesen Anhörungen sonst die Regel waren?

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