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Das achte Opfer

Das achte Opfer

Titel: Das achte Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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vorzuhalten, in dem Sie Ihre eigene, gotterbärmliche, dämonische Fratze sehen. Können Sie überhaupt noch in den Spiegel schauen, nach all den Jahren und alldem, was Sie anderen, vor allem Kindern, angetan haben? Ich an Ihrer Stelle hätte mich schon längst selbst umgebracht. Wissen Sie, wie viele Kinder und Jugendliche Sie umgebracht haben?«
    »Ich habe niemals einen Menschen getötet . . .«
    »O nein, natürlich nicht körperlich! Aber seelisch, Sie haben ihre Seele getötet, Sie haben dazu beigetragen, daß es viele, viele von den Kleinen, wie sie in der Heiligen Schrift genannt werden, gibt, die keine Seele mehr haben, deren Seele jetzt das Heroin oder der Alkohol ist, Dinge, die der Teufel für uns will. Und Sie haben sich dem Teufel hingegeben, den fleischlichen Gelüsten und Begierden, ohne Rücksicht auf das Wohl anderer. Sie haben es nicht nur zugelassen, daß die Ihnen anvertrauten Schäfchen Drogen und Alkohol nahmen, Sie haben es sogar noch unterstützt, denn dadurch waren die Kleinen williger. Sie haben ihnen Drogen und Alkohol eingeflößt, damit sie sich an nichts erinnern konnten. Was für eine erbärmliche Kreatur Sie doch sind!«
    »Ich bereue es«, sagte der Weißhaarige, dessen Körper kaum merklich zitterte, der beinahe regungslos im Sessel kauerte.
    »Sie bereuen es? Vor wem?«
    »Vor Gott.«
    »Und Sie meinen, das genügt? Sie meinen wirklich, es genügt, nur vor Gott diese abscheulichen Sünden zu bereuen? Glauben Sie im Ernst, Gott würde auch nur im entferntesten zuhören, was Sie vorzubringen haben? Ichglaube nicht einmal, daß Sie es je versucht haben. Denn zu bereuen bedeutet, es nicht mehr zu tun. Aber Sie tun es immer und immer wieder. Wann haben Sie es zuletzt getan – gestern, vorgestern oder gar heute? Sie werden sich nicht ändern, und wenn auch Ihr Körper es eines Tages nicht mehr bringt, dann wird doch Ihr Geist immer noch derselbe sein. Wissen Sie, ich trauere seit Jahren Tag für Tag, ich stürze mich in Arbeit, um zu vergessen, doch sobald ich mein Haus betrete, ist die Trauer wieder da. Sie kennen meine Frau nicht, vielleicht, aber kannten Sie meine Kinder, wer weiß. Aber das ist jetzt auch egal. Doch wenn Sie meine Frau sehen könnten, vielleicht, aber auch nur vielleicht würde der Anblick Ihr Herz brechen. Aber ich weiß auch, daß Stein nur sehr schwer zu brechen ist. Dazu bedarf es einer Menge Kraft und Anstrengung. Und diese Kraft und Anstrengung bringen Sie nicht mehr auf. Wenn Sie jetzt aufstehen würden und öffentlich zugäben, welche Verfehlungen Sie begangen haben, vielleicht hätten Sie dann noch eine Chance. Ihr Leben würde sich zwar grundlegend ändern, Sie würden Ihr Ansehen verlieren, die Achtung der Menschen, Ihre Freunde, aber Sie könnten unter Umständen wieder in den Spiegel schauen. Doch ich glaube, ein Mann wie Sie ist zu feige, sich öffentlich zu bekennen. Zuzugeben, was für ein Schwein er doch ist. Sie würden lieber sterben, als je Ihre abscheuliche Verfehlung vor Millionen von Menschen einzugestehen. Aber es gibt ja zum Glück nicht viele, die davon wissen.«
    »Was wollen Sie?« fragte der Weißhaarige mit zittriger Stimme.
    »Was ich will? Denken Sie nach, vielleicht kommen Sie drauf.«
    »Sie wollen mich umbringen, stimmt’s? Ich hätte mit allem gerechnet, nur nicht damit, daß Sie es sein würden. Es tutmir leid, Sie um Hilfe gebeten zu haben«, sagte der Weißhaarige leise. »Ich möchte Sie bitten, jetzt zu gehen, ich werde meine Probleme allein in den Griff bekommen. Und ich verspreche Ihnen, nie mehr jemandem weh zu tun. Genügt Ihnen dieses Versprechen?«
    »Sie werden Ihre Probleme nie in den Griff bekommen, weil Ihr Fleisch und Ihre Gier viel zu mächtig sind.« Der Besucher hatte seine Haltung bisher nicht verändert, jetzt drehte er sich langsam um, stand direkt neben dem Weißhaarigen, der seinen Kopf hob, die Augen zusammenkniff, aber nichts sagte.
    »Unser aller Fleisch und Gier ist zu mächtig«, fuhr der Besucher nach einer Weile des Schweigens fort und machte einen Schritt hinter den Sessel des Weißhaarigen. »Viel zu mächtig, und deshalb wird es Zeit, daß diese Erde gereinigt wird.« Er stand jetzt hinter dem Sessel, er zog die rechte Hand aus der Jackentasche. Der Weißhaarige wollte noch etwas sagen, doch er kam nicht mehr dazu. Blitzschnell fuhr die Klinge des Rasiermessers von der linken zur rechten Seite des Halses, der Besucher machte einen Schritt zurück. Im ersten Moment war etwas Blut aus den

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