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Das achte Opfer

Das achte Opfer

Titel: Das achte Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ihr Gesicht. Sie schüttelte den Kopf, sagte: »Nein, ich weine nicht um ihn, es war einfach nur der schreckliche Anblick, wenn Sie verstehen. Ich habe in meinem Leben erst einmal einen Toten gesehen, und das war mein Großvater. Aber der ist friedlich in seinem Bett eingeschlafen und einfach nicht mehr aufgewacht. Das hier ist etwas anderes.«
    »Brauchen Sie einen Arzt? Etwas zur Beruhigung?«
    »Nein, es geht schon. Es war nur der erste Schock. Ich werde damit klarkommen. Danke.«
    »Trotzdem, wenn Sie Hilfe brauchen, wir werden noch eine Weile hiersein.«
    Hellmer wandte sich um, betrachtete kurz die Bilder an den Wänden, bevor er wieder nach unten ging. Die Haustür stand noch immer offen, es hatte angefangen zu regnen. Noch zwei Morde, dachte er und überlegte, wer die beiden Opfer sein könnten. Ihm fiel keiner ein.
    Die Kommissarin war immer noch damit beschäftigt, sich durch den Schreibtisch zu wühlen, bislang ohne Erfolg. Der Arzt hatte die Temperatur von Meininger gemessen und sagte: »Er dürfte etwa zwischen einundzwanzig und zweiundzwanzig Uhr getötet worden sein. Aber Ihre Pathologen werden das sicher noch genauer bestimmen können. Auf jeden Fall ist der Tod vor Mitternacht eingetreten.«
    »Und die Todesursache?« fragte Julia Durant, während sie gelangweilt eine Akte durchblätterte.
    »Wenn Sie so wollen, ist er mit Zyankali vergiftet worden, dann hat man ihm die Halsschlagader durchtrennt, ihn kastriert und ihm die Augen ausgestochen. Es sind im Prinzip vier Todesursachen.«
    Die Männer von der Pietät, die Gnadenlosen, wie sie von der Polizei genannt wurden, waren eingetroffen, ebenso die Spurensicherung.
    »Ich glaube, wir können uns das sparen«, meinte einer der Beamten lakonisch. »Wir werden hier genausowenig etwas finden wie bei den anderen auch. Der Kerl hinterläßt keine Spuren, dazu ist er zu gerissen. Keine Fingerabdrücke, keine verwertbaren Faserspuren, nichts. Er arbeitet wie ein Phantom.«
    »Trotzdem müßt ihr eure Arbeit machen«, erwiderte die Kommissarin ruhig. »Ihr wißt doch, jeder Killer hinterläßt irgendwann Spuren.«
    »Ach, Scheiße, das macht keinen Spaß!«
    »Meint Ihr vielleicht, uns macht es Spaß, hinter einem Typen herzurennen, der uns immer zehn Schritte voraus ist?! Und warum solltet ihr euch besser fühlen als wir?«
    Mit einem Mal hatte Hellmer einen Einfall, machte kehrt, begab sich noch einmal in den ersten Stock zu Miriam Schneider. Er holte die Fotos der anderen Opfer aus seiner Jackentasche und hielt sie ihr hin. »Sagen Sie, Frau Schneider, kennen Sie einen oder mehrere dieser Männer?«
    »Warum fragen Sie?«
    »Sehen Sie sich bitte die Bilder an, und dann sagen Sie, ob Sie einen darauf erkennen.« Sie nahm die Fotos in die Hand, betrachtete sie eine Weile, schließlich nickte sie.
    »Ja, drei Männer kenne ich – diesen hier, das ist Dr. Matthäus, dann Dr. Neuhaus und Domberger. Sie waren öfter hier zu Besuch.«
    »Tagsüber oder abends?«
    »Meist abends, warum?«
    »Nur so. Sie wissen aber nicht, was sie hier gemacht haben, oder?«
    »Nein«, sagte sie lachend, »sie kamen, gingen ins Büro, doch was sich hinter der Tür abspielte . . .?« Sie zuckte mit den Schultern.
    »Sagen Sie, haben die Meiningers Kinder?«
    »Einen erwachsenen Sohn, der, soweit ich weiß, in Köln lebt. Aber eigentlich hatte der Professor schon noch mehr Kinder …«
    Hellmer neigte den Kopf ein wenig zur Seite, holte eine Zigarette aus seiner Brusttasche und zündete sie an.
    »Könnte ich vielleicht auch eine haben?« fragte Miriam Schneider.
    »Natürlich«, antwortete er, hielt ihr die Schachtel hin, sie entnahm eine Zigarette, Hellmer gab ihr Feuer. »Was meinen Sie damit, daß der Professor noch mehr Kinder hatte?«
    »Es gab einige Jungs und Mädchen, denen er Nachhilfeunterricht gab. Da ist wohl seine soziale Ader durchgebrochen.«
    »Waren es deutsche Kinder oder Ausländer?«
    »Warum fragen Sie?«
    »Beantworten Sie nur meine Frage.«
    »Beides. Aber ich glaube, die meisten waren Ausländer.«
    »Wie oft kamen diese Kinder, und wie alt etwa waren sie?«
    »Sie kamen unregelmäßig, und ich schätze, sie waren so zwischen acht und zwölf oder dreizehn Jahren alt. Warum fragen Sie?«
    »Es interessiert mich einfach. Sagen Sie, gibt es in diesem großen Haus einen Raum, zu dem Sie keinen Zutritt hatten?«
    »Ja«, sagte sie und blickte Hellmer erstaunt an. »Es gibt so einen Raum im Untergeschoß. Soweit mir bekannt ist, durfte nicht einmal die Frau vom

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