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Das achte Opfer

Das achte Opfer

Titel: Das achte Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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wüßte.«
    »Könnten wir bitte trotzdem seinen Namen haben?«
    »Professor Meininger. Er wohnt gleich um die Ecke, Nobelring.«
    Sie liefen durch den Regen zum Auto zurück, setzten sich hinein. Am westlichen Horizont brach die Wolkendecke auf, im Taunus schien bereits die Sonne.
    »Und jetzt?« fragte Julia Durant.
    »Am liebsten würde ich in die Stadt fahren und ein schönes Stück Erdbeertorte mit Sahne essen.«
    »Warum nicht? Vielleicht kommen uns dabei ein paarglorreiche Einfälle. Wir nehmen uns heute einfach diese Stunde.«
    Um halb drei parkten sie in der Goethestraße, gingen durch den Steinweg zum Café Hauptwache. Sie setzten sich an einen freien Tisch, bestellten jeder ein Stück Erdbeertorte mit Sahne und eine Tasse Kaffee. Während sie warteten, ließ Hellmer seinen Blick durch das Café streifen, mit einem Mal kniff er die Augen zusammen, stand auf, sagte nur: »Warte einen Moment, ich hab da hinten jemanden entdeckt, den ich lange nicht gesehen habe. Bin gleich wieder zurück.«
    Sein Mund wurde trocken, seine Knie weich. Er hatte sie wirklich lange nicht gesehen, fast zwei Jahre nicht, und jetzt auf einmal . . . Er trat an ihren Tisch, sie blickte auf.
    »Hallo, Nadine.« Sie saß vor einer Tasse Tee.
    Sie lächelte zurückhaltend. »Hallo, Frank.«
    »Darf ich mich einen Augenblick zu dir setzen?«
    »Bitte.« Er nahm ihr gegenüber Platz, um sie so besser betrachten zu können.
    Sie war noch immer so schön, wie er sie in Erinnerung behalten hatte. Ihr Gesichtsausdruck war noch immer so geheimnisvoll und unergründlich, ihre Finger so schmal und zart, ihr Gesicht so ebenmäßig und fast porenlos, nur ihr Haar trug sie kürzer als damals, wodurch sie etwas eleganter und damenhafter wirkte, was aber ihrer Anziehungskraft keinen Abbruch tat. Sie war noch immer die gleiche Nadine, auch wenn er zu sehen glaubte, daß ihre Mundwinkel einen melancholischen Zug aufwiesen. Sie trug ein gelbes Kostüm, ihre Ohrringe, die Halskette, die Ringe an ihren Fingern und das Armband schienen aus reinem Gold und mit Diamanten besetzt zu sein.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber du siehst phantastisch aus. Fast so gut wie damals.«
    »Fast so gut?« fragte sie mit neckischem Augenaufschlag.
    »Warum bist du einfach weggegangen? Du hast dich aus dem Staub gemacht und nie wieder etwas von dir hören lassen. Warum hast du das getan?«
    Sie fuhr mit einem Finger über den Rand der Tasse und sagte, ohne aufzublicken: »Es ging nicht anders. Du hättest nie etwas anderes akzeptiert. Es war der einzige Weg, der einzig akzeptable Weg für mich. Ich wäre sonst zugrunde gegangen. Es vergeht aber fast kein Tag, an dem ich nicht an dich denken muß. Es ist schon komisch, wie gegenwärtig die Vergangenheit sein kann.«
    »Und was machst du jetzt? Du bist, wie ich sehe, verheiratet?«
    »Ja, seit etwas über einem Jahr«, erwiderte sie, ohne ihn dabei anzusehen.
    Er schluckte schwer, holte eine Zigarette aus seiner Jackentasche und zündete sie an. »Bist du wenigstens glücklich?«
    Statt zu antworten, stellte sie eine Gegenfrage. »Bist du es?« Er schüttelte den Kopf, meinte mit einem bitteren Unterton: »Nein. Ganz sicher nicht.« Er machte eine Pause, nahm einen langen Zug an der Zigarette, bevor er fortfuhr: »Wie heißt du jetzt? Oder darf ich das nicht wissen?«
    »Neuhaus.«
    »Und was macht dein Mann?«
    »Er ist Immobilienmakler.«
    »Oh, der Neuhaus! Ich hätt mir denken können, daß du nicht kleckerst, sondern klotzt. Und natürlich ist er reich, ihr könnt euch alles leisten, und es geht dir blendend. Stimmt’s?« fragte er, unfähig, seinen Sarkasmus zu unterdrücken.
    »Ja, er ist reich, wir können uns alles leisten, doch das letzte«, sie seufzte auf und starrte auf ihren Tee, »stimmt ganz und gar nicht.« Auf einmal sah sie Hellmer direkt anaus ihren großen, braunen Augen, so wie er sie kannte, unergründlich, tief wie ein Meer, in das er am liebsten hineingetaucht wäre. Nach einem Moment, der wie eine Ewigkeit schien, sagte sie mit einem leichten Lächeln: »Wie ich sehe, bist du noch immer der gleiche Zyniker. Aber es ist wohl die einzige Weise, wie man sich manchmal über Wasser halten kann. Ich merke es an mir, ich bin bisweilen auch recht zynisch. Zynischer als früher. Ich war nicht immer so, aber das Leben verläuft nicht immer in den Bahnen, die wir uns wünschen. Manchmal schlägt es die seltsamsten Kapriolen, und das Traurige ist, daß wir sie meistens nicht verstehen.«
    »Bist du

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