Das achte Opfer
Gebiet, er hat bahnbrechende Entwicklungen auf dem Gebiet der Humangenetik eingeleitet. Soweit ich weiß, hat er sogar einen Lehrstuhl an der Uniklinik Frankfurt inne. Wer ihn als Arzt hat, muß wirklich über außerordentlich gute Verbindungen verfügen.«
»Oder Geld«, bemerkte Hellmer trocken, der neben Julia Durant saß und ebenfalls rauchte.
»Sicher, Geld spielt auch eine Rolle. Andererseits ist Geld indiesen Kreisen nur ein angenehmes Beiwerk, mit dem es sich gut leben läßt. Aber befragen Sie ihn, mich würde interessieren, was er über Matthäus zu sagen hat. Und erzählen Sie mir dann, welchen Eindruck Sie von ihm gewonnen haben.«
»Wieso?«
»Ich habe gehört, er soll ein ziemlich glatter Typ sein. Nicht einfach ranzukommen.«
»Was heißt das?«
»Nun, außer bei seinen Vorlesungen schottet er sich ab, soweit es nur geht. Und wenn ihm das nicht gelingt, dann ist er eben glatt, aalglatt.«
»Das paßt irgendwie nicht zusammen«, sagte Julia Durant, nahm einen letzten Zug von ihrer Zigarette und drückte sie aus. »Zum einen soll er sich abschotten, zum anderen aalglatt sein? Eine seltsame Kombination.«
»Seltsam oder nicht, sprechen Sie mit ihm. Hier, rufen Sie ihn an, machen Sie einen Termin aus. Und zwar spätestens für morgen nachmittag.«
Julia Durant nahm das Telefonbuch zur Hand, suchte nach der Nummer, fand sie aber nicht. Es gab keinen Eintrag. Deshalb rief sie bei Frau Matthäus an und ließ sich die Nummer von Meininger geben. Sie wählte, nach dem dritten Läuten wurde abgenommen. Eine sonore Stimme meldete sich.
»Professor Meininger?« fragte Julia Durant.
»Ja, bitte?«
»Hier ist Hauptkommissarin Durant von der Kripo in Frankfurt. Ich hätte Sie gern spätestens morgen kurz gesprochen. Es geht um Doktor Matthäus.«
»Warum, was habe ich damit zu tun?«
»Sie waren sein Hausarzt, wie Frau Matthäus uns mitteilte.«
»Na und? Sie wissen doch, daß es so etwas wie eine ärztliche Schweigepflicht gibt, oder? Und die gilt auch jetzt noch.«
»Dann möchte ich Sie bitten, mit Frau Matthäus zu sprechen und sich ihr Okay einzuholen. Wann würde es Ihnen also passen?«
»Wenn Sie wollen, können Sie noch heute vorbeikommen. Dann haben wir’s hinter uns. Seien Sie um fünf bei mir. Ich werde Ihnen aber nicht viel helfen können.«
»Das werden wir sehen«, sagte Julia Durant und legte auf.
»Aalglatt?« sagte sie und sah Berger grinsend an. »Der ist nicht aalglatt, der ist äußerst reserviert. Um fünf ist der Termin.« Sie lehnte sich zurück, steckte sich eine weitere Zigarette an, fragte: »Was ist übrigens mit dem Autopsiebericht und dem Bericht der Spurensicherung?«
»Beides vorhin gekommen. Hier«, sagte Berger und reichte beide Akten über den Tisch. Julia Durant nahm sie in die Hand, Hellmer las mit. Die Todeszeit wurde mit exakt sechzehn Uhr dreißig angegeben, die Tatwerkzeuge waren aller Wahrscheinlichkeit nach ein Stilett und ein Skalpell gewesen. Mit einem Mal stutzte die Kommissarin, sah Berger an, der aufmerksam ihre Reaktion verfolgte. »Wow, das ist ein Hammer«, entfuhr es ihr. »Todesursache – Zyankali. Das man ihm, kurz bevor ihm die Kehle durchgeschnitten wurde, zusammen mit Cognac verabreicht hat.« Sie klappte die Akte zu, überlegte. Schließlich sagte sie: »Daraus schließe ich, daß unser Täter auf Nummer Sicher gegangen ist. Denn wenn er Matthäus erst Zyankali verabreicht hat, dann konnte er sichergehen, daß er wirklich stirbt, und zwar ohne vorher großartig mit ihm kämpfen zu müssen. Raffiniert. Und vielleicht, als Matthäus nur noch zuckte, hat er ihm die Kehle durchgeschnitten und ihn dann kastriert. Deshalb hat auch kein Angestellter etwas mitbekommen. Der Tod durch Zyankali ist ein ziemlich schnellerund lautloser Tod . . . Aber hat man da nicht Schaum vor dem Mund? Ich habe jedenfalls keinen gesehen.«
»Der Täter hat ihn gewaschen, steht ebenfalls im Bericht. Warum auch immer er das gemacht hat, er hat ihm zumindest das Gesicht gewaschen, bevor er ihm die Zahl auf die Stirn geschrieben hat.«
»Begreife das, wer will, ich schaffe es nicht. Doch es ist unglaublich clever, wie derjenige vorgegangen ist.« Kommissarin Durant legte einen Finger auf die Lippen, überlegte. Dann sagte sie: »Aber woher hat er den Waschlappen und das Handtuch? Er muß es mitgebracht haben, was wiederum heißt, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Aktenkoffer kam. In dem sich aber keine Akten, sondern ein Waschlappen und ein Handtuch und
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