Das achte Opfer
Gefühl. Mein Gefühl macht mich so sicher. Wir können jetzt nichts weiter tun als abwarten.« Sie drückte ihre Zigarette aus, stand auf.
»Ich geh mal kurz für kleine Mädchen.« Sie ging nach draußen, schloß die Tür hinter sich.
»Und, was glauben Sie?« fragte Hellmer und sah Berger an.
»Wissen Sie, ich habe damals Kollegin Durant von der Sitte zu uns geholt, weil ich von ihrem untrüglichen Gespür gehört hatte. Und genau diesem Gespür vertraue ich. Und soweit ich weiß, hat es sie noch nie im Stich gelassen.«
»Also gut, wie soll’s jetzt weitergehen?« fragte Hellmer.
»Warten wir, bis Frau Durant wieder da ist. Ich habe mich entschlossen, ihr die Leitung des Falles zu übergeben.«
Kullmer verdrehte die Augen, murmelte ein kaum hörbares »Scheiße«, während Hellmer nur mit den Schultern zuckte. »Und sollte tatsächlich noch ein zweiter Mord folgen, werden wir unverzüglich eine Sonderkommission bilden. Aber auch so muß alles daran gesetzt werden, diesen mysteriösen Fall zu lösen. Und zwar so schnell wie möglich. Ich habe vorhin von Oberstaatsanwältin Schweiger einen Anruf bekommen, in dem sie mir unmißverständlich zu verstehen gab, daß dem Mord an Matthäus absolute Priorität einzuräumen ist. Sie legt großen Wert darauf, daß wir uns hauptsächlich auf diesen Fall konzentrieren.«
Die Tür ging auf, und Julia Durant kam herein. Sie hielt einen Becher Kaffee in der Hand. Sie hatte die letzten Worte mitbekommen und fragte: »Wer will, daß wir uns hauptsächlich auf diesen Fall konzentrieren?« Sie setzte sich und zündete sich eine weitere Zigarette an.
»Unsere über alles geliebte Oberstaatsanwältin Schweiger«, sagte Berger mit unüberhörbarem Spott. »Sie hat außerdem sehr nachdrücklich betont, daß die Medien unter gar keinen Umständen Details des Mordes erfahren dürfen. Aber das hatte ich ohnehin nicht vor. Ich habe Ihren Kollegen übrigens soeben mitgeteilt, daß Sie die Leitung des Falles übernehmen werden.«
»Wenn Sie es unbedingt wünschen«, erwiderte die Kommissarin und schlürfte an dem heißen Kaffee. »Doch es wird eine verdammt schwere Arbeit werden. Vor allem, weil wirja überhaupt keinen Anhaltspunkt haben. Wir müssen, ob wir es wollen oder nicht, heute nachmittag noch einmal Frau Matthäus befragen und dann unter Umständen einige Nachbarn. Wir müssen etwas über seinen Lebenslauf, sprich Werdegang, herausfinden und vor allem, was er machte, wenn er nicht in der Bank war. Denn seine Frau sagte mir gestern abend, daß ihr Mann sich nur noch sehr selten zu Hause aufhielt. Ich würde sagen, Hellmer und ich fangen damit nach dem Mittagessen an. Sie«, sagte sie und sah Kullmer an, »fahren bitte noch einmal zur Bank. Fragen Sie, ob im Schalterraum jemand bemerkt wurde, der so gegen vier zum Aufzug gegangen ist. Jemand, der nicht zur Bank gehört. Und dann fragen Sie bitte noch einmal die Stellvertreterin von Frau Klinger, ob ihr nicht vielleicht doch einfällt, mit wem Matthäus gestern verabredet war. Ich möchte jedes auf den ersten Blick auch noch so unwichtig erscheinende Detail wissen.«
Sie stand auf, wollte gerade mit Hellmer das Büro verlassen, als Bergers Stimme sie zurückhielt. »Einen Moment noch, Kollegin. Vergessen Sie bitte nicht den Termin morgen früh im Gericht. Sie wissen schon, die Sache mit diesem Winzlow.«
»Danke, daß Sie mich daran erinnern. Ich hätt’s tatsächlich vergessen«, sagte sie mit unüberhörbarem Sarkasmus. Ihr graute vor dieser verfluchten Anhörung. Obgleich jeder im Präsidium wußte, daß Winzlow eine schmutzige Weste hatte, so war ihm doch nichts Konkretes nachzuweisen. Und er hatte einen verdammt guten Anwalt. Vielleicht sogar den besten.
Mittwoch, 13.00 Uhr
Nach dem Mittagessen, das sie in einem kleinen spanischen Lokal in der Nähe der Alten Oper eingenommen hatten, machten sich Julia Durant und Kommissar Hellmer erneut auf den Weg zu Frau Matthäus. Vom Auto aus telefonierte sie mit ihr, um ihr Kommen anzukündigen. Nach einer kurzen Unterbrechung, in der die Sonne sich einen Weg durch die Wolken gebahnt hatte, hatte es wieder angefangen zu regnen, dennoch war es schwül. Julia Durant spürte ein leichtes Stechen in der linken Schläfe, sie wußte, wenn sie nicht bald ein Aspirin einnahm, würden die Kopfschmerzen bis zum Abend unerträglich werden. Wegen einer Baustelle im Bereich der Taunusanlage kamen sie nur sehr stockend voran und benötigten deshalb für die Fahrt nach Niederrad beinahe
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