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Das Achtsamkeits Buch

Das Achtsamkeits Buch

Titel: Das Achtsamkeits Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halko Weiss , Thomas Dietz
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die Basis, um Neues ausprobieren und erleben zu können und damit für Veränderung.
    In Achtsamkeit einen Teil zu befragen ist deswegen so wirkungsvoll, weil es differenzierteres Sehen und Verstehen von Gefühlen, Erfahrungen und den dazu gehörigen Anschauungen von Persönlichkeitsanteilen ermöglicht. Auch wenn man im Alltag von unangenehmen Zuständen oder Reaktionen vereinnahmt wird, kann man für einen Moment innehalten und hinspüren, was der Hintergrund des Teils ist, der gerade reagiert.
    Wenn man die Erfahrungen und Überzeugungen eines Teils versteht und entdeckt, dass er von konstruktiven Absichten gesteuert ist, kann man diesen besser annehmen und würdigen. Fühlt sich der Teil in seinen Interessen gesehen und grundsätzlich geschätzt, entspannt er sich und drängt nicht mehr so.
     
    Das Auftreten des »Coolen« von Herrn R. ist in einigen konfrontativen Gesprächen mit dem Chef möglicherweise angemessen, jedoch selten im Zusammensein mit Frau und Kindern. Als Herr R. zuhause anfing, weniger von seinem »Coolen« gesteuert zu sein, fingen auch seine Frau und die Kinder an, anders zu reagieren. Sie zeigten ihm gegenüber mehr Interesse, nahmen mehr Anteil an seinem Leben und er spürte deutlich mehr Nähe zu ihnen.
     
    Durch bewusstes und achtsames Wahrnehmen von solchen neuen, positiven Erfahrungen bilden sich mit der Zeit neue Sichtweisen, insbesondere durch die Momente, die emotional intensiv sind. Achtsamkeit im Alltag hilft gerade auch hier, neue Erfahrungen wirklich an sich heran und in sich hinein zu lassen.
     
    Innere Ökologie
    Angesichts der Komplexität der inneren Zustände stellt sich die Frage, wie sie miteinander zusammenhängen und wie man sich selbst gut steuern kann. Als Beispiel kann die alltägliche Situation dienen, in der man jemanden angegriffen hat. Da kann es passieren, dass man sich sofort oder auch einige Zeit später innerlich dafür kritisiert. Wenn man sich dann vornimmt, in Achtsamkeit den angreifenden Teil zu erforschen, ist es zumeist nicht so leicht, sich diesem innerlich annehmend und offen zuzuwenden. Stattdessen bemerkt man vielleicht eher kritische Gedanken und Ungeduld. Dann wird deutlich, dass es nicht der Beobachter ist, der auf den Angreifer schaut, sondern ein »innerer Kritiker«, vielleicht auch ein »Anspruchsvoller« oder ein »Perfektionist«.
    Betrachtet man die Dynamik zwischen Teilen der Persönlichkeit, kann man sie in zwei Kategorien einordnen (vgl. Weiss, 2007): (1) Die Teile, die dafür sorgen, dass es der Person als lebendiges System gut geht und sie nach außen geschützt wird, sogenannte »Beschützer«, und (2) »Beschützte«, die sensibel und verletzlich sind und diesen Schutz brauchen. Im obigen Beispiel haben sowohl der Angreifer wie auch der kritische Teil eine beschützende Rolle. Beide wollen, wenn auch mit unterschiedlichen Strategien, dass die eigenen Interessen gut vertreten werden. Der Angreifer agiert dabei impulsiv und ungeduldig, der kritische Teil hat eine andere Perspektive und sieht die Notwendigkeit, sich in Diskussionen »vernünftiger« zu verhalten. Er will die eigenen Ideen weniger aggressiv, dafür aber langfristig geschickter verfolgen. Zwischen Teilen mit so konträren Impulsen lassen sich nicht so leicht Arbeitsbündnisse schließen. Sie sind untereinander polarisiert und »mögen« sich gegenseitig nicht. Dem Angreifer ist der Kritiker vielleicht viel zu angepasst und der Kritiker findet den Angreifer richtig peinlich. Interessanterweise können polarisierte Teile sehr ähnliche Interessen verfolgen – in diesem Beispiel, den anderen im eigenen Sinne zu überzeugen. Wenn es gelingt, zujedem dieser Teile nacheinander achtsam hinzuspüren und hinzuhorchen, können diese Gemeinsamkeiten bewusster werden und sich innere Spannungen lösen.
    Den Beschützten auf die Spur zu kommen ist wesentlich schwieriger, insbesondere, wenn man sie selbst nicht wahrhaben möchte. Ein Weg, sie zu erkennen, wäre, im inneren Dialog einen starken Beschützer, wie oben den Angreifer, zu fragen, was er denn befürchte, wenn er nicht so stark aufträte. Im ersten Anlauf können die Hinweise noch diffus sein, mit etwas Geduld kommt dann fast immer die Befürchtung zum Vorschein, dass etwas nicht genügend geschützt wäre. Hier in diesem Beispiel vielleicht: »Dann würdest Du untergebuttert werden!«, und »Dann kämst Du ja nie zu etwas.«, oder »Dann hättest Du gar keine Chance, Deine Interessen zu vertreten.« Und wenn man dann

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