Das aktuelle Erbrecht
hinterlassen. In ihrem Testament hat Martha Kunigunde zu einem Drittel, ihren Lieblingsenkel Erik zur Hälfte und Elfriede auf den Rest eingesetzt.
Nach gesetzlicher Erbfolge hätte Kunigunde Anspruch auf die Hälfte. Sie erhält zwar nur ein Drittel, doch ist der Pflichtteil (ein Viertel) nicht unterschritten. Elfriede soll den Rest erhalten, das wäre ein Sechstel. Auch das ist mehr als der Pflichtteil (gesetzlicher Erbteil ein Viertel, Pflichtteil ein Achtel). Auch Elfriede hat keinen Ergänzungsanspruch. Anders verhielte es sich, wenn Kunigunde lediglich einen Erbanteil von 1/6 erhalten hätte. In diesem Fall hätte sie die Differenz zu ihrem Pflichtteil von 1/4, nämlich 1/12, verlangen können.
Vom Pflichtteil ausgeschlossen?
Das gibt es, wenngleich selten. Auch wenn sich Ihre Kinder schäbig benehmen, behalten sie den Anspruch auf den Pflichtteil. Nur bei erheblichen Straftaten gegen den Erblasser kann der Pflichtteil entzogen werden. Das ist im Ergebnis überaus schwierig. Um den Pflichtteil zu entziehen, muss der Zornige ein Testament (möglichst notariell!) verfassen und sich streng an die Vorgaben des Gesetzes halten (§ 2333 ff. BGB). Der gesetzliche Katalog kann nicht erweitert werden. Seelische Verletzungen durch Missachtung etc. genügen nicht. Hat das Kind, das sich unverantwortlich benommen hat, selbst Kinder, so wird durch die Pflichtteilsentziehung nur der Täter ausgeschlossen, so dass seine Kinder pflichtteilsberechtigt bleiben. Im Testament muss das Verhalten, auf dem die Entziehung des Pflichtteils beruht, genau dargestellt werden. Später muss der Erbe die Einzelheiten beweisen können, was Jahre später außerordentlich schwierig ist, insbesondere wenn es kein Gerichtsverfahren gegeben hat. Neuerdings lässt es die Rechtsprechung zu, wenn der enttäuschte Erblasser noch zu Lebzeiten Klage erhebt, um feststellen zu lassen, dass er den Pflichtteil zu Recht entzogen hat. Umgekehrt kann jetzt auch der Belastete gerichtlich feststellen lassen, dass die Pflichtteilsentziehung zu Unrecht geschehen ist.
Der Entzug des Pflichtteils ist ein nahezu unumschiffbarer juristischer Fels. Daran hat sich durch die zum 1.1.2010 in Kraft getretene Änderung des Erbrechts wenig geändert. Der Pflichtteil kann entzogen werden (§ 2333 BGB), wenn der Pflichtteilsberechtigte:
dem Erblasser, dessen Ehegatten oder einem nahen Angehörigen nach dem Leben getrachtet hat
sich eines Verbrechens oder schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der genannten Personen schuldig gemacht hat
seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt hat
wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt worden ist und es für den Erblasser deshalb unzumutbar erscheint, dass der Betreffende etwas aus dem Nachlass erhält
Kein Pflichtteilsanspruch besteht ansonsten:
bei Erbverzicht
bei Ausschlagung der Erbschaft (Ausnahmen siehe vorangegangene Ausführungen)
beim nichtehelichen Kind, das vom Vater den vorzeitigen Erbausgleich verlangt hat
„ Beschränkung in guter Absicht “
In zwei eng abgegrenzten Fällen gestattet das Gesetz dem Erblasser, einen Abkömmling sozusagen vor sich selbst zu schützen. Voraussetzung ist, dass dieses Kind oder dieser Enkel „überschuldet“ ist oder dass ihm „Verschwendung“ vorgeworfen werden kann. In diesen, aber auch nur in diesen Fällen kann der Erblasser den Abkömmling auf den Pflichtteil setzen und ihn außerdem dadurch „in guter Absicht beschränken“, dass er Vor- und Nacherbschaft oder eine lebenslange Testamentsvollstreckung anordnet. Durch diese ergänzenden Maßnahmen entzieht der Erblasser dem Abkömmling lebenslang den Stamm des vererbten Vermögens und überlässt ihm nur die Zinsen (Rendite). Das hat auch zur Folge, dass Gläubiger des Abkömmlings keinen Zugriff auf den Vermögensstamm haben. Der Abkömmling wird nicht nur vor sich selbst, sondern auch vor den Gläubigern geschützt.
Die Vorschrift hat im Ergebnis wenig praktische Bedeutung erlangt. Das liegt einmal daran, dass nur die zwei genannten Gründeakzeptiert werden. Außerdem müssen die Erben nachweisen, dass die Voraussetzungen bei Errichtung des Testaments vorgelegen haben. Das Ganze funktioniert nur bei einem notariellen Testament unter der Voraussetzung, dass der Notar die Gründe für die Pflichtteilsbeschränkung exakt darlegt und möglichst auch dafür sorgt, dass die Erben eines Tages Beweise dafür
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