Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
verschwammen zu einer unförmigen Masse, und das höhnische Gelächter des Manns hallte in seinem Kopf wider und wider. Nikolai wusste, dass er bei diesem Auftrag nun endgültig einen Fehler zu viel gemacht hatte. Mit einem röchelnden Schrei, der sich aus seiner Kehle quälte, stürzte er sich mit letzter Kraft auf sein nur noch schemenhaftes Gegenüber. Als er dessen Kleidung zu fassen bekam, gruben sich die Finger seiner rechten Hand in das Fleisch eines Unterarmes. Dann rutschte er, das präparierte Nilkrokodil mit sich reißend, hilflos zu Boden. Er konnte noch den kokelnden Geruch von Feuer wahrnehmen und wie aus einer anderen Welt einen Hund bellen hören, dann wurde sein Geist für immer von einer undurchlässigen Dunkelheit umhüllt.
Nachdem das Spezialkommando mit einem großen Brecheisen die Eingangstür zur Petrefaktensammlung aufgestemmt hatte, drang einer nach dem anderen der schwer bewaffneten Männer in das kleine Museum ein. Als sie den aufgegrabenen Innenhof gesichert hatten, blieb nur noch ein Raum übrig, aus dem Flammen schlugen. Doch als sie hineinstürmten, gab es nichts weiter als einen brennenden Schreibtisch zu bekämpfen. Im Zimmer konnten sie keinerlei Personen mehr finden. Zumindest keine lebenden.
Als Haderlein und Lagerfeld vor der angesengten Leiche Nikolais standen, kniete sich der Hauptkommissar nieder, befühlte dessen Schlagader und schaute in seine geweiteten Pupillen.
»Der Mann hat bis vor wenigen Sekunden noch gelebt«, stellte er fest, dann ließ er den Arm sanft auf den Boden gleiten und blickte sich um. Auf den schwarzen Brettern des Schreibtischs lag ein angeschwärzter Sandsteinquader mit ägyptischen Schriftzeichen, aber kein Buch. Als Haderlein versuchte, den Stein zu sichern, krachte der verkohlte Schreibtisch in sich zusammen, der mindestens zwei Zentner schwere Stein polterte zu Boden und kam direkt neben dem Kopf von Nikolais Leiche zum Liegen. Der Quader ist bestimmt irre wertvoll, dachte Haderlein, aber irgendwie nicht gerade mein aktuelles Hauptproblem.
Frustriert umrundete er den Schreibtisch und ging in eine kleine Kammer voller Rauch, in der ihm ein Schwerbewaffneter der Sondereinheit ein offenes Fenster zeigte, das in den Innenhof der Klosteranlage führte. Der herbeigerufene Hundeführer schüttelte, ohne eine Frage abzuwarten, den Kopf. In einem verbrannten Zimmer war es für das Tier unmöglich, die Witterung eines unbekannten Flüchtigen aufzunehmen.
Als Haderlein wieder zu Fidibus, Staatsanwalt und Innenminister stieß, erstattete er Bericht. Der Minister blickte ihn herausfordernd an und fragte ihn streng, was er denn nun zu tun gedenke. Schließlich müsse er den Ministerpräsidenten informieren.
Haderlein hielt seinem Blick stand. »Herr Innenminister, in diesem Kloster befindet sich der Initiator einer beispiellosen Mordserie. Das Gebäude und seine derzeitigen Bewohner stehen von jetzt an unter Quarantäne, bis wir den Auftraggeber gefunden haben, würde ich sagen.«
Der Innenminister schaute ihn ungläubig an. Dann wanderte sein Blick hilfesuchend zum Bamberger Polizeichef Suckfüll, der nur mit den Schultern zuckte und sagte: »Ich habe vollstes Vertrauen zu meinem dienstältesten Beamten, Herr Innenminister. Auf Kloster Banz hat jemand schwere Schuld auf sich geladen, und ich werde jede Maßnahme unterstützen, die dazu dient, diese Person zu finden. Tut mir leid.«
Der Innenminister war außer sich. »Aber das hier ist die bayerische Staatsregierung. Das gesamte Kabinett ist hier versammelt, inklusive bayerischem Ministerpräsidenten. Es gibt Termine und Verpflichtungen. An den zukünftigen Aufstand in den Medien gar nicht zu denken. Wie stellen Sie sich das vor, Herr Haderlein?«
Innenminister Erlmayer war wütend und aufgebracht. Diese kleinen Strafverfolger hatten ja keine Ahnung, was das in der Presse für einen Wirbel auslösen würde. Die gesamte Führung der CSU in Sippenhaft? Völlig undenkbar. Nach dem Debakel des Rauchverbots in Bayern konnte sich die Partei keine weiteren Stimmenverluste mehr leisten. Was war denn ein flüchtiger Serienmörder im Vergleich zu einer verhunzten Politikerkarriere? Nichts! Er beschloss, erst einmal eine Krisensitzung mit Justizministerin Falter abzuhalten, bevor er die Pferde scheu machen und den Ministerpräsidenten belästigen würde. Vor Wut dampfend drehte sich Erlmayer um und marschierte mit seinem Staatssekretär schnurstracks zurück zum CSU -Ball ins Prunkzimmer des
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