Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
Klosters.
Vaterunser
Haderlein wandte sich dem Staatsanwalt zu, der zusammen mit Fidibus, Driesel und Lagerfeld unter dem großen Torbogen der Klostereinfahrt stand. »Haben Sie den Haftbefehl für den Umweltminister?«, fragte er ihn.
Der Staatsanwalt kniff die Lippen zusammen und schaute in die Nacht Oberfrankens. »Es tut mir leid, Herr Kommissar. Nach genauer Prüfung der Umstände bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass Ihre Beweise noch nicht stichhaltig genug für einen Haftbefehl sind. Schließlich geht es hier um die Aufhebung der Immunität eines Ministers, und das ist ein sehr hohes und schwerwiegendes Rechtsgut. Da ich aber auch Ihrer Meinung bin, dass der Auftraggeber der Morde hinter diesen Mauern zu finden ist und gefasst werden muss, billige ich Ihre Aktion für zwölf Stunden. Dann brauche ich Beweise, ansonsten werde ich den Hausarrest aufheben lassen, und jeder der hier Anwesenden geht seiner Wege. Alles klar, Herr Kommissar?«
Haderlein nickte. Feigling, dachte er sich. Nicht dass er die Ängstlichkeit von Edelmann nicht verstand. Der hatte auch einen Job zu verlieren. Aber ein bisschen mehr Courage hätte er sich schon gewünscht. Also blieb wieder mal alles an ihm hängen. Zwölf Stunden. Das hieß, er musste Ergebnisse vorweisen, und zwar schnell.
Ernst Ruckdeschl von der Spurensicherung unterbrach ihn in seinen Gedanken. »Haderlein, wir haben hier was. Würden Sie bitte mal mitkommen?« Er ging in das abgesperrte Museum zur Leiche von Nikolai Dassajew voraus. Haderlein folgte und war gespannt, was Ruckdeschl gefunden hatte. In der jetzigen Situation konnte der kleinste Hinweis wichtig sein.
Der Spurensicherer bückte sich und hob die rechte Hand des Toten. Haderlein versuchte zu erkennen, was er ihm zeigen wollte, doch erst nach zweimaligem Hinschauen sah er es. Unter den Fingernägeln des Zeige- und Mittelfingers von Dassajew klebten Blut und kleine Hautfetzen.
»Das Blut hier ist noch frisch, höchstens eine Stunde alt. Dieser Nikolai hat einem anderen Menschen – wahrscheinlich seinem Mörder – noch eine Verletzung beigebracht, wobei sich Haut und Blutreste unter seinen Fingernägeln festgesetzt haben«, erklärte Ruckdeschl.
»Reicht das für eine DNA -Probe?«, fragte Haderlein hoffnungsfroh.
»Das reicht sogar locker«, erwiderte Ruckdeschl lächelnd. »Jetzt brauchen wir nur noch Genmaterial von unserem Flüchtigen, und dann können wir ihn eindeutig festmachen.«
Voller Dankbarkeit klopfte der Ermittler dem Leiter der Spurensicherung auf die Schulter. Endlich mal eine uneingeschränkt positive Nachricht an diesem Tag voller Fehlschläge.
»Gut gemacht, wirklich gut gemacht. Jetzt wird’s ernst. Zum ersten Mal in meinem bisherigen Leben werde ich jetzt mit Freude und Ungeduld unseren lieben Gerichtsmediziner anrufen.« Grinsend drehte sich Ruckdeschl wieder zu seiner Leiche um.
Während er nach draußen eilte, wählte Haderlein die Notrufnummer der Gerichtsmedizin in Erlangen.
»Siebenstädter«, meldete sich ein ziemlich verschlafener Chef der Gerichtsmedizin.
»Hallo, Siebenstädter«, meldete sich Haderlein im freundlichsten Ton. »Hier ist Ihr Lieblingskommissar aus Bamberg.«
Sofort war Siebenstädter hellwach. Allerdings war er alles andere als erbaut, den Ermittler am anderen Ende der Strippe zu haben.
»Haderlein!« Siebenstädter spuckte den Namen förmlich durch das Telefon. »Wissen Sie eigentlich, was Sie und Ihr dilettantischer Knecht in meinem Sezierraum angerichtet haben? Sie Wahnsinnige, Sie! Die Drosophila hat das ganze Stockwerk verseucht. Überall Eiablage, sogar im Geschlechtsorgan des …«
Haderlein hatte keine Lust, die delikaten Einzelheiten des angerichteten Malheurs zu erfahren. Aufregen durfte sich Siebenstädter später, jetzt musste er ihnen helfen. »Siebenstädter, jetzt halten Sie mal die Luft an«, fuhr er ihn an. »Wir haben hier Proben für einen DNA -Test, der möglichst schnell gemacht werden muss. Ich würde gerne jetzt mit Kommissar Schmitt vorbeikommen und Ihnen …«
Doch Siebenstädter unterbrach ihn sofort. Alles würde er ertragen können, nur nicht noch einmal diese Elefanten in seiner Gerichtsmedizin. Dafür war er sogar bereit, das größte Opfer überhaupt zu bringen.
»Nein, nein, nein. Um Gottes willen! Wo sind Sie gerade mit Ihren Proben, Herr Kommissar?«, fragte er ungewohnt eilig und hilfsbereit.
»Auf Kloster Banz bei Bad Staffelstein«, gab Haderlein bereitwillig Auskunft. »Warum?«
»Nun, ich würde
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