Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
zogen es die beiden Beamten dann doch lieber vor, im Freien Platz zu nehmen. Haderlein bestellte eine Apfelsaftschorle und Lagerfeld ein Getränk namens Bionade. Haderlein beäugte die seinem Empfinden nach relativ klein geratene Flasche misstrauisch und erkundigte sich dann, was das denn schon wieder für ein neumodisches Zeug sei.
»Das ist die getränketechnische Erfolgsstory aus Franken schlechthin, gibt’s jetzt überall, sogar im Kino!«, begeisterte sich sein Kollege sogleich und machte eindeutige Anstalten, zu einem längeren Vortrag auszuholen.
»Schon gut, schon gut«, winkte Haderlein mit einer abwehrenden Geste seiner rechten Hand ab. »Das werden Sie mir ein andermal erzählen dürfen, Lagerfeld. Und dann können Sie mir auch gleich die Vita von Riemenschneider verkünden, da liegt ja auch noch so einiges im Dunklen. Aber bis dahin konzentrieren wir uns doch lieber auf den Wassermann-Fall. Wir sind schließlich zum Arbeiten hier.«
»Wie Sie meinen, Chef«, erwiderte Lagerfeld und nahm einen tiefen Schluck von seiner Holunderbionade.
Der Hauptkommissar stützte den Kopf in seine zusammengefalteten Hände und dachte kurz nach. »Lagerfeld, Sie haben doch alles mitgeschrieben. Fassen Sie noch mal kurz zusammen.«
Lagerfeld stellte sein Getränk weg und kramte seinen Notizblock hervor. »Also, Chef«, begann er, »da kommt schon was zusammen. Der Tote heißt Edwin Rast und war hier in der Gegend so eine Art Anglerguru, aber offensichtlich mehr einer von der unangenehmen Sorte. Hat sich’s so ziemlich bei allen verschissen – besonders bei seiner frischen Exfrau. Die ist meines Erachtens hochgradig verdächtig, hat ein so was von offensichtliches Motiv, aber angeblich ein felsenfestes Alibi, was wir noch nicht überprüft haben. Außerdem sieht sie verdammt gut aus. Wär ja ewich schad, wemmer die eibuchten müssten, Chef. … Chef? Die is doch noch ka vierzich, oder …?«
Haderlein schmunzelte, schwieg aber demonstrativ.
»Dann gibt’s als Verdächtige im Allgemeinen die Jungs und Mädels von der Paddlerei. Die und der Rast hatten anscheinend ein eher unharmonisches Verhältnis. Und dann ist da noch dieser Anglerkumpel vom Rast, der bei dem seiner Fraa nicht den allerbesten Eindruck hinterlassen hat, ums amal vorsichtich auszudrücken. So. Als wichtigste Beweismittel haben wir ein PDA sichergestellt«, Haderlein blickte ihn flehentlich an. »Verzeihung, Chef, a Handy eben, was mer aber erst eischicken müssen. Da is noch net klar, ob des dod is oder net. Außerdem«, Lagerfeld verfiel wichtigtuerisch wieder ins Hochdeutsche, »sichergestellt wurde ein Notizblock im Stiefel des toten Herrn Rast. Nur durch die vorbildliche Hilfe und Einsatzbereitschaft des Beamten Schmitt konnte eine Visitenkarte mit der gut leserlichen Aufschrift ›Kloster Kreuzberg mit Anschrift‹ in besagtem Notizbuch ausfindig gemacht werden. Ende der Aufzeichnungen.« Mit theatralischer Geste legte er den Notizblock zurück auf den Tisch, grinste seinen Chef triumphierend an und griff sich wieder seine Bionade.
Haderlein blickte seinen geliebten Lagerfeld skeptisch an. Was sollte er mit diesem Menschen nur anfangen? Nahm der denn überhaupt nichts ernst? Erst schüttelte er hilflos seinen leicht ergrauten Kopf, dann aber konnte er nicht anders, als lauthals loszulachen. »So, und Sie meinen also allen Ernstes, Sie hätten sich mit dieser Laudatio auf sich selber von der Obduktion befreit, Lagerfeld? Soso.« Lagerfelds zustimmendes Grinsen wurde breiter. »Na gut, Kollege, ich sag Ihnen was. Es ist grad mal zwei am Nachmittag. Sie werden jetzt genauso viele, nämlich zwei, Vernehmungen durchführen. Erst mal fahren Sie zum Wehr nach Hausen und schauen nach, was da los ist. Angeblich waren da Saboteure am Werk. Honeypenny meinte, das könnte etwas mit unserem Fall zu tun haben. Wenn Sie dort fertig sind, machen Sie sich zur Angelstelle des sympathischen Fischerfreundes Hubertus Graetzke auf und versuchen dort mal, auf den Busch zu klopfen. Normalerweise dürfte der Mann ja noch ziemlich ahnungslos sein, und ab fünf Uhr sitzen die Angler doch immer dort am Ufer rum. Aber, Lagerfeld, alles fundiert und keine Schludereien, bitte. Wenn Sie das Programm bis zwanzig Uhr erledigt haben und in der Dienststelle erscheinen, sind Sie vom Leichenaufschneiden befreit. Ansonsten gibt’s Nachtschicht, verstanden?«
Lagerfeld blickte auf seine Uhr und zog die Augenbrauen hoch. War eine Herausforderung, aber zu schaffen.
»Ich für
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