Das Alabastergrab
dem Staatsanwalt Edelmann den
harmlosen Blick eines Osterhasen, der fröhlich seine Hasenmama fragt, wo denn
die nächsten Eier zu verstecken wären.
Binnen Sekunden wurde Felix Edelmanns Kopf so rot, dass man mit ihm
den ganzen Innenhof des Klosters hätte beleuchten können. Fidibus hatte mit
seiner Vermutung ins Schwarze getroffen.
Wie hatte Suckfüll davon Wind bekommen? Dass er bei der nächsten
Wahl für die Bamberger CSU als
Bürgermeister kandidieren wollte, war doch eigentlich streng geheim.
Andererseits war die Stadtratsfraktion der CSU in Bamberg ungefähr so harmonisch wie eine Flasche Nitroglyzerin im Mixer. Er
hatte schon befürchtet, dass es da undichte Stellen gab. Trotzdem konnte er so
eine Behauptung nicht auf sich sitzen lassen.
»Das geht Sie überhaupt nichts an!«, belferte Edelmann Suckfüll an.
»Und wenn hier die CSU irgendwelchen
Grünen die Füße in Beton gegossen und an der tiefsten Stelle des Mains versenkt
hätte, selbst dann bräuchte ich ausreichende Beweise. Es zählen nur Beweise!«,
schrie er. »Beweise, Beweise und noch mal Beweise!« Dann musste er seine Rede
unterbrechen, um Luft zu schnappen. Doch bei Haderlein hatte es geschnackelt.
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Komet.
Was hatte dieser rückratlose Jurist da gerade von sich gegeben? Füße
in Beton gegossen? Hektisch wühlte er in seiner Aktentasche und holte die
Zeitungsartikel heraus, die Edwin Rast ausgeschnitten hatte. Als er endlich den
gesuchten gefunden hatte, war ihm alles klar. Mit Lagerfeld ging er ein paar
Schritte auf die Seite und erklärte ihm seine Schlussfolgerungen. Dieser nickte
aufgeregt und schaute auf die Uhr. Haderlein gab ihm eine Telefonnummer und den
Zeitungsausschnitt, dann ging er selbst wieder zu seinem Chef, während
Lagerfeld sich in einen Streifenwagen setzte und mit Blaulicht, Sirene und
einem Streifenpolizisten Richtung Nordwesten davondüste.
»Dürfte ich erfahren, was Kommissar Schmitt da gerade für einen
dringenden Auftrag hat?«, fragte der immer noch leicht glühende Edelmann.
»Nein, dürfen Sie nicht«, entgegnete Haderlein abwesend. Sein Gehirn
arbeitete auf Hochtouren. Wenn er recht hatte, dann würde Lagerfeld noch diese
Nacht die Beweise sicherstellen, die dieser erbärmliche Staatsanwalt so
sehnsüchtig herbeiflennte. Der Kreis begann sich zu schließen.
Siebenstädter war mittlerweile damit beschäftigt, seine
Gerätschaften aus dem Laborwagen in das Bierstüberl des Klosters
hinüberzutragen. Das Bierstüberl war die offizielle kleine Gastwirtschaft der CSU -nahen Hans-Seidel-Stiftung. Jede
Tagungsgesellschaft, sei sie nun von der CSU oder anderen Veranstaltern, konnte sich hier in intimer Runde zurückziehen. Das
alte Kellergewölbe war mit den Fahnen der Landkreise beziehungsweise der
Regierungsbezirke Bayerns geschmückt. Vor allem aber zierten die Konterfeis der
wichtigsten CSU -Politiker
vergangener und aktueller Tage die Wände der Gaststätte. Erst gestern war in
einer feuchtfröhlichen Einweihungszeremonie das Bildnis von Alois Kohlhuber
befestigt worden. Direkt unter den Abbildungen und neben der Theke hatte
Siebenstädter nun sein umfangreiches Instrumentarium aufgebaut.
»Wie lange werden Sie ungefähr brauchen?«, fragte Haderlein
interessiert. Es war inzwischen fast Mitternacht geworden.
»Ich denke, so in zwei Stunden kann ich Ihnen sagen, ob die Probe
des Umweltministers mit den Gewebespuren aus dem Museum identisch ist«,
antwortete Siebenstädter. »Reicht das?«
Haderlein lächelte erleichtert. Damit lägen sie gut in der Zeit.
Ȇbrigens habe ich mir gerade eben noch die Leiche dieses Killers zu
Gemüte geführt«, sagte Siebenstädter. »Nur damit Sie es wissen, Herr Kommissar,
meiner Meinung nach sind das die gleichen Symptome wie bei der Leiche
Graetzke.«
»Und das heißt?«, wollte Haderlein wissen.
»Todesursache ist wieder eine Überdosis des Pflanzengifts Nikotin.
Also handelt es sich um denselben Mörder wie damals bei Graetzke, wenn Sie mich
fragen.« Haderlein nahm die Informationen gewissenhaft zur Kenntnis. Wer weiß,
wozu man sie noch brauchen konnte?
Siebenstädter hatte die beiden Proben von Nikolai und Schleycher
bereits in Flüssigkeiten getaucht, die sich in zwei getrennten Reagenzgläsern
befanden. Langsam lösten sie sich auf. In zwei Stunden würde Siebenstädter die DNA -Stränge übereinanderlegen, und sie
würden beweisen können, dass Umweltminister Schleycher derjenige war, der
Nikolai Dassajew auf dem Gewissen
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