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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Lagerfeld.
Doch der hob nur lässig die Hände: »Alles in Ordnung, Herrschaften, eine Beule,
ein flüchtiger Verdächtiger und jetzt Feierabend. Ich hab die Schnauze voll.
Ich will nur noch …«
    Der Glaspalast von Dienststellenleiter Robert Suckfüll öffnete sich,
und Fidibus stand in der Tür. »Was ist denn das hier für ein Auflauf? Ah, die
Herren Haderlein und Schmitt. Sehr fein. Wenn Sie sich bitte in mein Büro
bemühen würden.«
    Haderlein legte seinem Kollegen aufmunternd die Hand auf die
Schulter: »Na, kommen Sie, dann können Sie alles gleich beim Chef erzählen.
Aber, Entschuldigung, wenn ich Ihnen das so sage, Sie sehen wirklich grauslich
aus.«
    »Danke für die netten Worte, Chef«, bemerkte Lagerfeld bissig. »Nur
so viel: Der Graetzke is abgehauen. Als ich ihn vernehmen wollte, ist der
völlig durchgedreht, und irgendwer hat mir von hinten eins übergebraten. Wir
müssen sofort eine Fahndung ausschreiben.«
    »Ja, ja, Lagerfeld, eins nach dem anderen.« Damit schob er seinen
Kollegen in Suckfülls Büro und drückte ihn auf einen Stuhl, bevor er sich neben
ihm niederließ.
    »So, meine lieben Untergebenen, dann lassen Sie mal von Ihren
Fortschritten hören. Immerhin hatten Sie ja jetzt fast einen ganzen Tag Zeit,
um …« Er stutzte und betrachtete Lagerfeld von oben bis unten. »Ja, sagen Sie
mal, wie sehen Sie denn aus, Kommissar Schmitt? Das ist doch keine Art, so zum
Dienst zu erscheinen. Ich bin ja sehr tolerant, was die Kleiderordnung in
meiner Abteilung anbelangt, speziell die Ihrige, aber auch tolerante
Kleiderordnungen sind dazu da, eingehalten zu werden«, empörte er sich.
    »Kommissar Lager…, ich meine, Kommissar Schmitt wurde heute während
einer Vernehmung niedergeschlagen, Chef«, warf Haderlein ein, um den
Redeschwall Suckfülls zu stoppen.
    Fidibus’ Augen weiteten sich. Vor Schreck legte er sogar seine
heilige Zigarre auf die Seite. »Um Gottes willen, Schmitt! Das ändert natürlich
alles. Ich werde Sie sofort für einen Monat krankschreiben … Konnten Sie den
Missetäter denn noch dingfest machen?«
    »Chef! Ich war weggetreten. Ohnmächtig. Eine Stunde ungefähr. Und
leider kann ich niemanden festnehmen, wenn ich bewusstlos bin«, belehrte ihn
Lagerfeld genervt.
    »Wir werden die fragliche Person natürlich umgehend zur Fahndung
ausschreiben«, ergänzte Haderlein.
    »Ja, natürlich«, pflichtete ihm Fidibus bei und schaute dann seine
Mitarbeiter hoffnungsvoll an. »Aber davon mal abgesehen: Wie ist denn der Stand
der Ermittlungen? Gibt es Verdächtige?«
    »Also, Verdächtige gibt’s gleich mehrere«, begann Haderlein. »Wir
haben auch schon eine Festnahme.«
    »Was?«, rief Lagerfeld überrascht. »Davon weiß ich ja gar nichts!
Eine Festnahme?«
    »Ja, von den Paddlern in Nedensdorf hat sich einer definitiv in
Widersprüche verstrickt. Ich hab ihn vorläufig festnehmen lassen«, erläuterte
Haderlein gefasst.
    »Ja, soll das heißen, der Mörder ist gefasst?« Fidibus’ Augen
strahlten. »Haderlein, wie Sie wissen, habe ich für morgen um zwölf Uhr eine
Pressekonferenz anberaumt. Was wäre das schön, dort schon einen überführten …«
    »Nein, da muss ich Sie enttäuschen«, bremste Haderlein seinen
Vorgesetzten aus. »Kann sein, dass er der Mörder ist, kann aber auch nicht
sein. Seit fünfzehn Minuten haben wir jedenfalls einen dringenden
Tatverdächtigen mehr, würde ich sagen.« Er betrachtete nachdenklich Lagerfelds
aussagekräftige Beule. Die Pressekonferenz hatte er völlig verdrängt. Er hasste
Pressekonferenzen. Eigentlich waren die öffentlichen Auftritte eindeutig eine
Angelegenheit von Fidibus, aber den konnte man ja verbal nie allein lassen. Er
war ein genialer und knallharter Jurist, aber ein Pressesprecher?
    »Also, in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und Kommissar
Schmitts Zustand würde ich vorschlagen, das reicht für heute. Wir sehen uns
dann morgen zur Pressekonferenz, meine Herren. Und, äh, Haderlein, Sie werden
den Herren von der Zeitung dann den Stand der Dinge darlegen, und ich werde
Ihnen dabei, so gut es geht, unter die Beine greifen … äh, ja.« Er stutzte
kurz. »Genau. Das war’s dann, meine Herren.«
    »Sie legen den Eisbeutel jetzt erst mal schön auf die Beule, und
dann gehen Sie mit mir einen trinken und erzählen mir alles noch mal ganz
langsam und in Ruhe. Die Rechnung geht auf mich«, instruierte Haderlein seinen
Kollegen. Sie hatten gerade gemeinsam das Büro verlassen und wankten das
Treppenhaus hinunter.

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