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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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zu
machen. Es knirschte. Unter seinem rechten Krokodillederstiefel quoll ein
gelblicher Brei mit Schalenteilen hervor. »Verdammte Scheiße!«, fluchte er und
streifte den klebrigen Schleim am grünen Gras ab.
    Die Flussregenpfeiferin war im ersten Moment zutiefst geschockt. Das
war’s. Ein Vierteljahr Arbeit war einfach so zunichtegemacht worden, denn für
einen Flussregenpfeifer stellten Sex und die ganze Brüterei danach kein
wirkliches Vergnügen dar. Spaß und Freude bei der Fortpflanzerei gab’s nur beim
Menschen und bei denen hauptsächlich bei den Männchen. Die Menschenweibchen
waren da auch eher pragmatischer veranlagt, was sie so gehört hatte.
    Nun, dann eben nicht. Neues Jahr, neues Glück, dachte sie sich in
traditionell optimistischer Flussregenpfeifermanier. Ein letztes Mal schaute
sie zerknirscht zurück zu ihrer gewesenen Brut, dann erhob sie sich in die
Lüfte und flog Richtung Norden davon. Die Reise würde lange dauern, aber auch
das war ihr recht. Sie konnte den fränkischen Dialekt sowieso nicht mehr
ertragen. Es war bestimmt besser, sich zur Abwechslung mal in einer Gegend
niederzulassen, in der die Aussprache der Menschen verständlicher war.
Thüringen vielleicht? Mit dieser linguistischen Überlegung beschäftigt
verschwand sie am sommerlichen Abendhimmel.
    Lagerfeld war erleichtert. Endlich hatte sich dieser drüsenkranke
Vogel verdünnisiert. Er schaute auf seine Uhr. Mist. Viertel nach acht. Er
wusste, was das für ihn bedeutete. Vorsichtig sah er sich um. Von irgendwelchen
Anglern war weit und breit nichts mehr zu sehen. Was für ein Anfängerfehler,
was für ein Reinfall! Resigniert und schwankend machte er sich auf den Weg
zurück zu seinem Fahrzeug, wobei er hin und wieder einen leidenden Seufzer
ausstieß. Am Eingang des Geländes saß der Fremdenlegionär und schnitzte mit
seinem ziemlich großen Messer an einem ziemlich großen Ast herum. Als er
Lagerfeld gewahr wurde, nahm er den Ast, schwang ihn wie einen Baseballschläger
über seinem Kopf herum und ließ ihn dann krachend gegen die Eingangstür des wie
ein Tipi gebauten Gemeinschaftsraums knallen.
    Herausfordernd blickte er den Kommissar an, während er seine
tarnfarbene Schildkappe ins Genick schob. Im nächsten Moment stützte er sich
wieder auf seinen Ast und lächelte ihn extrem freundlich an. Die Narbe auf
seinem Hals war deutlich zu sehen. Lagerfeld schaute in die Runde. Überall
standen Unbeteiligte herum, die mit wichtigen Beschäftigungen wie etwa
Auf-den-Boden-Starren zugange waren. Von Graetzke keine Spur. Lagerfeld
verkniff es sich, seine Beule zu befühlen. »Ihr seid alle abgespeichert,
Herrschaften!«, rief er den Rumstehenden noch zu, bevor er sich vorsichtig in
seinem Honda niederließ und den Motor startete.
    *
    Um Viertel vor neun öffnete Kriminalhauptkommissar Haderlein die Tür
zum Büro. Sogleich kam ihm die erfreute Riemenschneider entgegen, um ihm die
Hose zu lecken. Er hob sie hoch und drückte sie liebevoll.
    »Na, sind wir heute denn auch brav gewesen und haben Fidibus nicht
geärgert?«, fragte er eigentlich nur rhetorisch. Trotzdem erhob sich Gelächter
in den Reihen der Kollegen. »Was ist los? Hast du etwa Dreck gemacht, du Böse,
du?«, schimpfte er sein Ferkelchen scherzhaft und wackelte bedeutungsvoll mit
dem Zeigefinger.
    »Nein, gar nicht«, lachte Honeypenny, während sie mit einem breiten
Grinsen auf Haderlein zukam. »Fidibus ist nur wieder mal über seine eigenen
Füße gestolpert. Im Großen und Ganzen war das nicht einer seiner besten Tage.
Eher das Gegenteil. Aber Sie sollen sich trotzdem noch mal bei ihm melden und
Bericht erstatten. Und«, sie flüsterte ihm den Rest leise ins Ohr, »seien Sie
gnädig mit ihm. Seine Frau ist heute besonders schwanger, und deswegen ist er
ein bisschen sehr neben der Spur.«
    Haderlein stöhnte wissend auf und überreichte Honeypenny das
protestierende Ferkel. »Also gut. Dann wollen wir uns mal in die Höhle des
Löwen begeben.« Dann stockte er. »Äh, was ist eigentlich mit Lagerfeld? Ist der
immer noch nicht da?« Langsam machte er sich doch Sorgen. Er zog gerade sein
Handy aus der Tasche, um Lagerfeld zu erreichen, als sich die Tür öffnete und
ein verdreckter, nasser und seinen Kopf haltender Kriminalkommissar Bernd
Schmitt die Szenerie betrat.
    »Ach du lieber Himmel, Lagerfeld, was ist denn mit Ihnen passiert?«,
rief Haderlein entsetzt. »Setzen Sie sich erst mal hin.«
    Sofort bildete sich ein Kreis hilfsbereiter Kollegen um

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