Das Alexandria-Komplott
aber Pitt hatte keine Ahnung, welche von beiden. Dann bemerkte er die feinen Blutspritzer auf dem Armaturenbrett. Eine Kugel hatte eine tiefe Furche in eines von Giordinos Ohren gerissen, aber der zähe kleine Italiener gab keinen Ton von sich.
Giordino betastete unbeteiligt die Wunde, als handele es sich um die Verletzung eines anderen. Dann neigte er den Kopf zur Seite und grinste Pitt verschmitzt an. »Ich fürchte, der Wein von gestern abend kommt mir aus den Ohren heraus.«
»Schlimm?« fragte Pitt.
»Nichts, was ein plastischer Chirurg nicht für zweitausend Dollar wieder richten könnte. Wie steht's mit den Frauen?«
Ohne sich umzudrehen, schrie Pitt: »Seid ihr verletzt?«
»Ein paar Kratzer durch das umherfliegende Glas«, erwiderte Lily leichthin. »Sonst nichts.« Sie hatte zwar eine Heidenangst, verlor aber nicht die Nerven.
Aus dem Kühler des Cord ertönte jetzt ein schriller Pfeifton. Pitt merkte, daß die Maschine immer zäher lief. Wie ein Jockey, der eine Mähre ritt, die schon lange ihr Gnadenbrot verdiente, trieb er den Wagen an.
Kühl und konzentriert war er bei der Sache, als er den Cord durch die letzte Haarnadelkurve vor dem Gipfel zog. Er hatte alles aufs Spiel gesetzt, und doch war es ihm nicht gelungen, die Attentäter abzuhängen. Sie klebten immer noch an seinen Fersen.
Die Lager des Motors klapperten jetzt laut protestierend gegen Überhitzung und Überanstrengung an. Eine weitere Salve durchlöcherte den hinteren Kotflügel, und der Reifen platzte. Pitt kämpfte am Steuer, um das Hinterteil des Wagens davon abzuhalten, von der Straße abzukommen.
Der Cord starb. Seltsam blauer Rauch drang durch die Luftschlitze der Motorhaube. Öl sickerte durch einen Riß, den ein Felsen in die Ölwanne geschlagen hatte. Der Öldruckmesser sank schnell auf Null. Die Möglichkeit, es bis zur verhältnismäßigen Sicherheit auf dem Gipfel zu schaffen, rückte in weite Ferne.
Der führende Mercedes durchfuhr gerade wild schleudernd die Haarnadelkurve. Verzweifelt umklammerte Pitt das Steuer. Den Ausdruck des Triumphs auf den Gesichtern seiner Verfolger, die jetzt merkten, daß sie ihr Opfer in wenigen Sekunden eingeholt hatten, konnte er sich gut vorstellen.
Eine Stelle, an der man einen verzweifelten Fluchtversuch zu Fuß unternehmen konnte, entdeckte Pitt nicht. Sie saßen auf der engen Straße zwischen dem steilen Abhang auf der einen und dem felsübersäten Steilhang auf der anderen Seite rettungslos in der Falle. Es gab keine andere Möglichkeit, als weiterzufahren, bis die Maschine des Cord den Geist aufgab und sich festfraß.
Pitt trat das Gaspedal wieder ganz durch und sandte ein Stoßgebet gen Himmel.
Unglaublicherweise hatte das alte Schlachtroß noch einiges zu bieten. Als ob die Maschine mit eigenem Verstand gesegnet wäre, mobilisierte sie mit einem letzten Aufbäumen die tief im Innern schlummernden Reserven. Die Drehzahl erhöhte sich, die Fronträder griffen, und der Cord jagte den letzten Hang zum Gipfel empor. Eine Minute später tauchte er auf dem Kamm einer Skiabfahrt auf; dicke blaue Rauchwolken und weißer Dampf zogen hinter ihm her.
Keine hundert Meter entfernt lag die Bergstation des dreisitzigen Sessellifts. Zuerst wunderte sich Pitt, daß niemand auf dem Hang Ski fuhr, der sich unter ihnen erstreckte. Die Leute sprangen aus den Sitzen des Lifts und wandten sich der gegenüberliegenden Seite der Station zu, bevor sie auf einem Parallelhang abfuhren.
Dann fiel ihm auf, daß der auf seiner Seite liegende Hang gesperrt war. An einer Leine mit hellorangefarbenen Fähnchen hingen Schilder, die die Skiläufer davor warnten, diese Abfahrt zu benutzen, und auf die gefährlichen Eisplatten hinwiesen.
»Ende der Fahnenstange«, bemerkte Giordino ernst.
Frustriert nickte Pitt. »Zum Lift können wir nicht durchbrechen. Die würden uns niederknallen, bevor wir zehn Meter weit gekommen sind.«
»Entweder bekämpfen wir sie mit Schneebällen, oder wir versuchen unser Glück und ergeben uns.«
»Wir könnten es auch mit Plan drei versuchen.«
Neugierig musterte Giordino seinen Freund. »Kann auch nicht schlimmer sein als die ersten beiden.« Dann riß er die Augen weit auf und krächzte: »Du willst doch nicht – o Gott, nein!«
Die beiden Mercedes waren ganz nahe herangekommen. Sie hielten sich nebeneinander, um dem Cord den Rest zu geben, als Pitt plötzlich das Steuer herumriß und den Wagen den gesperrten Abhang heruntersausen ließ.
29
M öge Allah uns beistehen«,
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