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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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setzten wir die angeordneten Steuern etwas herab, was zweifellos den Umsatz im Verhältnis zur Zielsetzung erhöhte. Die Fabrikanten und die anderen Arbeitgeber beklagten sich nie. Die Zusammenarbeit hätte nicht besser sein können.
    Im Laufe des Spätsommers betrug unser Gewinn gut undgerne eine Million Mark. Ein glänzendes Geschäft   – bis ein Kapo bei einer Inspektion versehentlich einen Beamten aus Berlin umstieß, dessen Brille dabei zu Bruch ging. Der Kapo warf sich sofort auf die Knie und flehte um sein Leben. Als würde sich irgendwer die Mühe machen, es ihm zu nehmen. Doch er heulte und bettelte und schrie, er würde ihm alles über die Verhältnisse im Lager berichten, wenn er ihn nur am Leben ließe.
    Zwar waren seine Kenntnisse begrenzt, aber ehe es uns gelungen war, ihn wegzubringen und uns seiner zu entledigen, hatte er schon über unsere schönen Geschäfte mit den Essensrationen geplaudert.
    Bei der anschließenden Überprüfung kam alles ans Licht, alles, was wir zur Seite geschafft hatten, wurde konfisziert. Über einen Monat saßen wir in Lublin im Zuchthaus und warteten auf die Vollstreckung des Todesurteils. Was für die Milderung des Urteils sorgte, wissen wir nicht. Da musste jemand seine Meinung geändert haben. Und dann kamen wir eben an die Ostfront.«
     
    Nach und nach konnte sich James aus den vielen Details ein Bild machen. Aus Bruchstücken von Informationen, aus kleinen Geschichten, aber vor allem aus den stundenlangen Prahlereien seiner drei Bettnachbarn erschloss sich ihm mit der Zeit die Geschichte der drei Simulanten.
    Dieter Schmidt, der Schmächtige, der am weitesten von ihm entfernt lag, sprach oft sehr leise, und vieles war deshalb schwer zu verstehen. Ob er von Natur aus eher ängstlich war oder ob es an der Angst vor Entdeckung lag, ließ sich kaum entscheiden. Auffällig war jedoch, dass seine Äußerungen immer diffuser wurden, je länger er mit Elektroschocks behandelt wurde. Kröner und Lankau hingegen schienen auf die Behandlungen nicht besonders anzusprechen, sie tauschten sich unverdrossen weiter über ihre Heldentaten aus.
    Eines Nachts würde eine Krankenschwester sie hören, hoffte James inständig. Dann wären die drei Teufel enttarnt und zumindest dieser Teil des Albtraums hätte ein Ende.
    Bis dahin musste er unbedingt dafür sorgen, dass kein Verdacht auf ihn fiel.
     
    So abscheulich der Hintergrund der Simulanten war, irgendwie fand James ihre Geschichten auch faszinierend. Sie beschäftigten ihn mehr und mehr, ein bisschen wie die Filme und Romane, die er sich in Erinnerung rief.
    Er konnte alles genau vor sich sehen.
    Wenn Dieter Schmidt von seinem anonymen Vorgesetzten sprach, nannte er ihn immer den »Postboten«, weil dieser Mann häufig zynische Witze über das »Verschicken« der Lagerinsassen machte.
    Der Postbote war laut Dieter Schmidt ein munterer und erfindungsreicher Mann, der dafür gesorgt hatte, dass ihr Leben im Konzentrationslager heimatlichen Zuständen glich.
    Aber nach der Degradierung und Versetzung war mit dem Überfluss und ihren Machenschaften Schluss gewesen. Die Mittel waren geringer, die Verantwortung hatten andere, und sie selbst wurden peinlich genau kontrolliert. Trotzdem hatte sich für Schmidt und seinen Kommandanten in ihrem neuen Wirkungsfeld ein phantastischer Glückstreffer ergeben.
    Eines Tages, als mehrere Frontabschnitte zusammenbrachen   – was man in Berlin ja lieber mit »Frontverkürzung« bezeichnete   –, hatte der Postbote die Idee gehabt. Alles schrie nach Verstärkung und Materialnachschub.
    Obergruppenführer Hoth, General der 4.   Panzerarmee, war fuchsteufelswild. Ein ganzer Güterzug mit Ersatzteilen für Panzer war verschwunden, und Schmidts Abteilung sollte sich um den Fall kümmern.
    Drei Tage, bevor die Russen Kiew eroberten, fand man tatsächlich den Güterzug in einem abgelegenen Winkel desdortigen Rangierbahnhofs. Hoth war heilfroh. Er befahl dem Postboten, persönlich zu überwachen, dass der Transport umgehend nach Winniza überführt wurde, wo die Ersatzteile dringend gebraucht wurden.
    In Winniza wurden Hunderte schwerer Holzkisten mit Motorteilen, Raupenketten, Achsen und kleineren Ersatzteilen in einem Lager entladen. Ganz hinten in diesem gewaltigen Depot, wo Tausende Kästen ungeordnet herumstanden, war es fast dunkel. Schmidt wurde stutzig, denn unter den Deckeln der Kisten dort schaute alles Mögliche hervor: Bilderrahmen, Stoffe und zahlreiche Gegenstände, die die Neugier der

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