Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
Vom Netzwerk:
amerikanischen Lazarett in Straßburg waren Informationen zu ihm gedrungen, dass Freiburgs Stadtkern dem Erdboden gleichgemacht worden sei. »Hat keine zwanzig Minuten gedauert«, war stolz ergänzt worden. Seither hatte er Tag und Nacht an James gedacht.
    Seit ihrem Absturz hatten sie beide als vermisst gegolten. Ihre Familien trauerten seit Monaten um sie. Am schwersten würde es sein, Mr. und Mrs.   Teasdale in die Augen zu blicken. Sie würden ihren Sohn nie wiedersehen. Davon war Bryan überzeugt.
    »Die Zunge wird Ihnen auf Dauer keine Probleme bereiten. Das ist nur eine Frage des Trainings. Und würden Sie bei diesen Sitzungen etwas mehr sprechen, ginge es wohl auch etwas schneller. Sie müssen sich aber auch selbst dazu zwingen, Mr.   Young, nur das wird Ihnen helfen.«
    Der kurze Schneeschauer war in Regen übergegangen. Der Oberarzt konnte nicht aus dem beschlagenen Fenster sehen. Er stand oft so da, wandte Bryan den Rücken zu und wischte die Scheibe frei, während er mit ihm sprach.
    »Man hat Sie für eine Tapferkeitsmedaille vorgeschlagen. Wenn ich das richtig verstanden habe, wollen Sie die Ehrung nicht annehmen. Ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Ist es die Geschichte Ihres Freundes, die Ihnen zu schaffen macht?«
    »Ja.«
    »Sie wissen doch, dass Sie mit dem Nachrichtendienst zusammenarbeiten müssen, wenn Sie Ihren Freund wiedersehen wollen, oder?«
    Bryan zog die Mundwinkel herunter.
    »Na ja. Ich habe entschieden, Sie noch eine Weile hier im Krankenhaus zu behalten. Ihre körperlichen Verletzungen werden in ein paar Wochen wohl verheilt sein. Ich bin mir sicher, dass die Sehnen im Oberarm nicht irreparabel geschädigt sind. Insgesamt heilen Ihre Wunden ausgezeichnet.« Wenn der Oberarzt lächelte, trafen sich die buschigen Augenbrauen über der Nase, das sah irgendwie komisch aus. »Allerdings fürchte ich, dass Ihre seelischen Verletzungen Ihnen noch länger zu schaffen machen werden.«
    »Warum schicken Sie mich nicht nach Hause?«
    »Dann bekommen wir ja keine Antworten mehr auf unsere Fragen, Mr.   Young. Außerdem ist es dafür definitiv zu früh, meinen Sie nicht auch?«
    »Vielleicht.« Bryan sah zum Fenster. Die Scheiben warenwieder völlig beschlagen. »Aber ich habe nichts weiter zu sagen. Ich habe alles gesagt, was ich weiß.«
    Eine hochgewachsene junge Frau, die gegenüber am Bett ihres schwer verletzten Bruders saß, drehte sich um. Ein einfaches walisisches Mädchen mit vollem Haar, das im Nacken zu einem Knoten gefasst war. Sie wirkte vertrauenerweckend, strahlte Ruhe aus. Wenn sie ihn anlächelte, bildeten sich kleine Lachfalten um ihre Augen.
     
    Einige Tage nach Neujahr gab man Bryan zu verstehen, dass er bald nach Hause geschickt würde. Weihnachten war einsam gewesen. Er hatte den dringenden Wunsch verspürt, sich im Kreise seiner Lieben zu erholen.
    Vermissen würde er nur das walisische Mädchen.
    Das neue Jahr war kaum zwei Wochen alt, da hörten die Fragen auf. Bryan war nicht länger bettlägerig. Und er hatte definitiv nichts mehr zu sagen.
    An einem Dienstag besuchte ihn Offizier Wilkens vom britischen Nachrichtendienst zum letzten Mal. Am Vorabend hatte man Bryan mitgeteilt, er würde am nächsten Tag, dem 16.   Januar 1945, zwölf Uhr, entlassen. Man erwarte, dass er sich am 2.   Februar um vierzehn Uhr bei seiner Kompanie zurückmeldete. Weitere Instruktionen würden direkt von Castle Hill House zu ihm nach Hause, nach Canterbury, geschickt.
    Mechanisch beantwortete Bryan die Fragen bei der letzten Vernehmung. Die Vorstellung, wieder zu fliegen, widerstrebte ihm zutiefst. Er bezweifelte, dass er es konnte.
    »Wir möchten uns noch einmal der genauen Position des Lazaretts versichern, Mr.   Young.«
    »Warum? Ich habe sie Ihnen mindestens zehnmal angegeben.« Bryan sah sich um. Der Offizier zog an seiner Zigarette, die Glut war so dicht an seinen Fingernägeln, dass es Bryan übel wurde.
    Bryan drehte sich um und ging den Gang hinunter. Aufdem Korridor war viel los, es war schwer zu sagen, wo mehr Verwundete lagen, in den Zimmern oder auf den Gängen. Die breite Treppe führte ohne Treppenabsatz zur Etage darunter. Auch dort standen Betten dicht an dicht.
    »Warum wir das wissen wollen, Mr.   Young?« Wilkens war Bryan nachgegangen und folgte interessiert seinem Blick in die darunterliegende Etage. »Weil wir ganz sicher sein wollen, dass wir die Schlangengrube ausradiert haben!«
    »Was soll das heißen?« Bryan schnellte herum. Der kalte Blick seines Gegenübers

Weitere Kostenlose Bücher