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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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um. Wieder war das Ticken der Maschinengewehre zu hören, sie mussten ganz in der Nähe sein. Mitten im Wasser standen sich Lankau und Bryan nun gegenüber. Und beide waren zum Äußersten bereit.
    Lankau hielt kurz inne. In der Linken trug er ein Messer, dessen lange und zerkratzte Schneide schräg nach oben zeigte. Ein ganz gewöhnliches Messer, wie es Bryan unzählige Male in der Hand gehabt hatte. Es stammte sicher aus dem Lazarett und war spitz wie eine Ahle.
    Wie mochte der Breitgesichtige dieses Messer in seinen Besitz gebracht haben? Aber vor allem: Wie hatte er es so zurechtschleifen können?
    Lankau betrachtete Bryan lange Zeit abschätzend, dann begann er, mit gedämpfter Stimme zu ihm zu sprechen. Ganz offensichtlich hatte er Respekt vor dem Mann, dem er gegenüberstand. Aber genauso offensichtlich war, dass nichts ihn von seinem Vorhaben abbringen würde.
    Der Kampf war unausweichlich, und es war ein ungleicher Kampf.
    Keiner von beiden wollte die Initiative dem anderen überlassen, allerdings wollte sie auch keiner übernehmen. Da mobilisierte ein kaum wahrnehmbarer Laut Bryans Sinne. Der Körper des Schmächtigen vollführte noch eine Vierteldrehung und blieb auf der Seite liegen. Dann atmete er zum letzten Mal aus. Die Luftblasen erinnerten Bryan daran, dass das Wasser sein Verbündeter war. Das Wasser, die Dunkelheit und der Altersunterschied, das alles fiel zu seinen Gunsten aus.
    Alle anderen Vorteile hatte der Breitgesichtige auf seiner Seite.
    In einem Gewirr von Zweigen bildeten lange dünne Luftwurzeln über Bryan einen riesigen, luftigen gordischen Knoten. Diese Luftwurzeln wuchsen auf der Suche nach Nahrung und Bodenkontakt abwärts.
    Blitzschnell sah Bryan seine Chance. Er hantelte sich mit Hilfe der Luftwurzeln vorwärts und war mit nur drei Zügen über seinem Feind, bereit, sich auf ihn fallen zu lassen. Als Bryan mit seinem ganzen Gewicht auf den zurückgeneigten Kopf knallte, knackte es in Lankaus Hals, und der Mann sackte in sich zusammen. Bryan spürte nur, wie die schlaffe Gestalt zur Seite glitt und unter Wasser liegen blieb.
    Der Kampf war vorbei, noch ehe er begonnen hatte.
    Bryan trat zwei Schritte zurück und ließ sich schwer auf die Böschung sinken. Das Wasser schloss sich über Lankaus Körper und wurde ganz ruhig. Die Dämmerung hatte eingesetzt, und nach und nach trat die Landschaft detaillierter hervor. Noch etwa eine Stunde, dann war es Morgen.
    Bryan fühlte sich wie erschlagen. Als er sich gerade darüber wundern wollte, dass von Lankaus Körper keine Luftblasen mehr aufstiegen, war es bereits zu spät.
    Der Breitgesichtige musste die Augen schon geöffnet haben, bevor er an die Oberfläche kam. Sein Blick war der eines Wahnsinnigen, seine Hand umklammerte noch immer das Messer. Aber Bryan war sofort auf den Beinen und hob abwehrend den Arm. Lankaus Messer drang direkt über dem Ellbogen bis zum Heft ein. Bryan zog den Arm so heftig zurück, dass Lankau stolperte. Als ihm Bryan die Finger in die Augen drückte, gab ihm sein eigenes Gewicht den Rest.
    Schreiend presste er die Hände vors Gesicht, stürzte rückwärts auf die Sandbank und blieb im Schlamm liegen. Plötzlich war in nächster Nähe eine Maschinengewehrsalve zu hören. Ohne sich noch einmal umzudrehen, kletterte Bryan die Böschung hinauf und überließ Lankau seinem Schicksal.
     
    Erst nachdem er die letzte Windschutzpflanzung am Deich hinter sich hatte, ließ er sich entkräftet auf die Knie fallen. Vorsichtig zog er das Messer aus dem Arm. Die Wunde über dem Ellbogen blutete nicht so stark, wie er befürchtet hatte.
    Weil er sonst nichts hatte, riss er Streifen von seinem Schlafrock ab und legte sich einen notdürftigen Verband an. Es war verflucht kalt, so kalt, dass ihn die reißenden Wasser des Flusses nicht erschrecken konnten. Noch viel kälter konnte ihm kaum werden. Trotzdem war die Aussicht, die sich ihm oben vom Deich offenbarte, erschreckend und irgendwie rätselhaft.
    Unten am Ufer polterte ganz in der Nähe ein Panzer entlang. Geöffnete Schranken an den Fahrspuren erlaubten den Kolonnen der nordwärts fahrenden Versorgungsfahrzeuge freie Fahrt.
    Bryan drückte sich flach auf den Boden. Er musste sofort verschwinden. Hier auf dem Deich gab es keine Deckung. Drüben, auf der anderen Seite des Flusses, konnte er einen dunklen Uferstreifen ausmachen, der sich mehrere hundert Meter nach Norden erstreckte und dort in einem noch breiteren Strom verschwand. Vor ihm lag so etwas wie eine längliche

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