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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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als Redakteur verdient hatte) und ein Gehalt von Cedric Darney, das auf ein gesondertes Konto einging. Sie rechneten damit, dass Ben mindestens zwei Monate in dem Job bleiben musste. Danach würde er genug Geld beiseitegeschafft haben, um anschließend ein dreiviertel Jahr ohne feste Arbeit auszukommen. Er hatte keine Pläne für diese Zeit, nur Nina stand ihm mit der Frage nach einem konkreten Hochzeitstermin auf den Zehen. Und ja, er war ein Feigling.
    Nina und er waren seit drei Jahren ein Paar. Seit fast vier Jahren, wenn man es ganz genau nahm. Anfangs hatte er immer gedacht, sie sei die Sorte Frau, von der er geträumt hatte. Dann hatte er gemerkt, dass sie nur die Sorte Frau war, von der er nie gedacht hatte, sie könnte sich für ihn interessieren. Nina war angenehm, hübsch und sehr gebildet. Sie hatte in Philosophie promoviert und arbeitete an der Uni. Und ihre Eltern waren sehr wohlhabend. Dass sie sich mit ihm eingelassen hatte, dem Jungen aus der Arbeiterklasse, der an einer weniger angesehenen Uni studiert hatte und versuchte, sich als Journalist durchzuschlagen, das hatte ihm geschmeichelt. Er hatte dieses Gefühl genossen und es für Liebe gehalten. Seit sie von Heirat und Kindern sprach, wusste er es besser. Und machte doch nicht Schluss. Er schleppte sich weiter durch diese Beziehung und gab sie nicht auf, weil er Angst hatte, er könnte es eines Tages bereuen.
    Fiona war passiert. So ganz anders als Nina. Nina, die Frau, die Sicherheit bot und Ruhe und intellektuelle Gespräche. Genau das hatte er gesucht und gewollt, das hatte den entscheidenden letzten Schritt zu seiner Vergangenheit signalisiert, weg von Easington, dem berühmten Easington. Berühmt, weil dort die meisten Übergewichtigen von England lebten. Weil dort die Arbeitslosigkeit hoffnungslos hoch war, und die Krankheitsrate ebenso. Berühmt als unglücklichster Ort Englands, und berühmt, weil sie hier »Billy Elliot« gedreht hatten.
    Ben, dem man zu Hause früh klargemacht hatte, dass er ein absonderliches Kind war, weil er lesen und schreiben konnte, bevor er in die Schule kam, der als nicht ganz richtig galt, weil er mit zwölf bis nach Peterlee oder Durham geradelt war, um sich Bücher zu kaufen statt Zigaretten, Ben hatte sich also geschworen, niemals so zu werden wie seine Brüder. Er war auch nicht so geworden. Nina war für ihn immer der Beweis gewesen. Und mit jedem Tag merkte er, dass es nicht mehr weiterging. Es gab so viel mehr zwischen dem Leben in Easington und dem Leben mit Nina.
    Aber er war eben ein Feigling. Er rief sie manchmal abends an und erzählte ihr Halbwahrheiten über seinen Job (»Assistent der Geschäftsführung«) und seine Familie (»Meine Eltern brauchen mich gerade«) und vertröstete sie. An diesem Wochenende müsste er definitiv noch in England bleiben. Vielleicht nächstes Wochenende. Vielleicht.
    Vielleicht könnte er diese Sache auch länger als zwei Monate hinausziehen. Warum nicht? Es gab keinen Zeitdruck. Lord Darney, Cedrics Vater, war unter mysteriösen Umständen verschwunden. Der Lord war Besitzer mehrerer Verlage und Fernsehsender gewesen. Ein solides Image, auch an seiner zweiten Ehe mit einer deutlich jüngeren Frau hatte kaum jemand Anstoß genommen. Bis herausgekommen war, dass Darney hinter der Fassade kriminellen Geschäften nachging und auch vor Mord nicht zurückschreckte. Die Polizei war ihm gerade auf die Schliche gekommen, als er auch schon verschwunden war. Zeitgleich mit ihm verschwand ein anderer Schwerverbrecher. Und das nicht etwa, weil die beiden so gute Freunde gewesen wären, ganz im Gegenteil. Die Presse kaute anschließend alle möglichen Szenarien durch: Darney war von seinem Feind ermordet worden. Oder: Darney hatte den anderen ermordet und sich abgesetzt. Oder: Die beiden hatten sich zusammengetan und gemeinsam abgesetzt. Oder: Sie hatten sich gegenseitig umgebracht und trieben als Fischfutter in der Nordsee. All das war zwei Jahre her, also blieben noch fünf Jahre, bis Lord Darney offiziell für tot erklärt werden konnte. Und erst dann würde das Testament in Kraft treten.
    Nicht, dass er vorgehabt hätte, fünf Jahre als Chauffeur zu arbeiten. Aber warum nicht länger als zwei Monate? Er würde es nur nicht mehr allzu lange unter dem Dach seiner Eltern aushalten, so viel war klar. Hier fühlte er sich wieder wie mit vierzehn. Und das war kein gutes Alter für ihn gewesen. Er musste nur noch eine Weile durchhalten, um dem Hintergrundcheck auch weiterhin

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