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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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spekulieren hier nur. Lillian will unbedingt einen Sohn, weil das Testament meines Vaters entsprechend aussieht: Ein Sohn teilt sich das Vermögen mit mir, eine Tochter erhält lediglich eine festgeschriebene Summe im Jahr und zusätzliches Geld im Falle eines Studiums. Natürlich ist Lillian an der Hälfte des Vermögens interessiert. Also beauftragt sie jemanden, sagen wir ein Labor, die künstlich erzeugten Embryonen auf ihr Geschlecht hin zu untersuchen, bevor sie eingepflanzt werden.«
    »Das wäre gegen das Gesetz.«
    »Aber ändert das was an der Erbberechtigung?«
    Der Anwalt dachte einen Moment nach. »Das Kind hätte kein Verbrechen begangen. Die Mutter hätte für sich keinen finanziellen Vorteil. Begeht jemand ein Verbrechen, um sich zu bereichern, ist die Sache klar. Aber hier geht es letztlich um einen leiblichen Sohn und dessen Zukunft, wie sie sich sein Vater gewünscht hätte. Inwieweit der Zeugungsakt eine Rolle spielt…Ich werde mich erkundigen. Ich bin aber skeptisch. Vermutlich würde lediglich die Mutter als Vormund wegfallen.«
    Gute Nachrichten hörten sich anders an. Ben wusste, dass es Cedric nicht darum ging, ein paar Millionen mehr oder weniger zur Verfügung zu haben. Aber er wollte Lillian nicht einfach so davonkommen lassen, falls sie wirklich versuchte, sich das Erbe – wenn auch nur indirekt – zu erschleichen. Und vor allem wollte er gewisse Bereiche des Nachlasses nicht einfach aufgeben. Auch wenn Cedric vorhin nicht auf die Frage des Anwalts eingegangen war, so war Ben doch eines klar: Cedric wollte die Darney Media-Gesellschaft behalten. Dazu zählten diverse private Fernseh- und Radiosender sowie drei große Verlage. Einer davon war in Schottland ansässig und produzierte den Scottish Independent. Cedric hatte in den vergangenen zwei Jahren die jeweiligen Chefredakteure und Geschäftsführer behutsam auf einen Kurs gebracht, der auf eine Niveauanhebung zielte, ohne gleichzeitig die weniger gebildeten Schichten zu verlieren. Ein ehrgeiziges Ziel. Und mit Gewissheit keines, das Lillian verfolgte.
    »Wenn sie etwas zu sagen hätte, und das mögen sämtliche verfügbaren Mächte verhindern, würden die Nachrichten nur noch aus Meldungen über die aktuellsten Gerüchte aus dem Königshaus bestehen, und es liefen rund um die Uhr Soaps, Gameshows und Barbara-Cartland-Verfilmungen. Diese Frau ist leider unbeschreiblich dumm, und das Schlimmste ist, dass sie nicht einmal das weiß«, hatte ihm Cedric einmal gesagt. Dass es ihm um die Sache ging, mochte Ben gerne glauben. Dass es ihm um persönliche Ressentiments ging, konnte er aber kaum ausschließen.
    »Wir kommen zu langsam vorwärts«, sagte Ben, nachdem Cedrics Anwalt gegangen war. Sie saßen in der Bibliothek und starrten auf den Bildschirm des Computers, auf dem die Satellitenansicht des ImVac-Gebäudes zu sehen war. »Dieses Gelände ist viel zu gut gesichert, als dass ich da so ohne Weiteres herumspazieren könnte. Was halten Sie davon: Wir versuchen es über seine Frau. Wir schleusen jemanden mit einem angeblich unerfüllbaren Kinderwunsch ein und…«
    Cedric hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. »Wenn das so einfach wäre, glauben Sie nicht, ich hätte es längst getan? Alle, die ich Ihnen genannt habe, alle, die plötzlich ihr Wunschkind hatten, waren schon lange Jahre mit den Chandler-Lyttons befreundet, oder es handelte sich um Freunde von Freunden. Ich kann Ihnen vielleicht einen falschen Lebenslauf mitgeben, aber ich kann kaum die Anatomie einer Frau oder das Sperma eines Mannes so verändern, dass Mrs Chandler-Lytton ein Paar vor sich hat, von dem sie glaubt, es hätte tatsächlich Probleme damit, Kinder zu bekommen.«
    »Es geht doch nicht nur um das Problem, ein Kind zu zeugen, sondern darum, das richtige zu zeugen. Also könnten doch auch zwei vollkommen gesunde Menschen…«
    »Welchen Grund hätten die? Erbkrankheiten in der Familie? Das würde sie nachprüfen. Den Wunsch, nur Mädchen oder Jungs in die Welt zu setzen? Das würde sie doch sofort durchschauen. Und selbst wenn nicht, glaube ich nicht, dass sie so dumm wäre, sich auf dieses Risiko einzulassen. Nicht bei ihr vollkommen fremden Menschen. Da stimmt was nicht.« Er zeigte auf das Satellitenbild.
    Ben war von dem abrupten Themenwechsel irritiert. »Was stimmt nicht?«
    »Die Nebengebäude stimmen nicht mit dem Grundriss überein.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Sie haben den Grundriss doch gar nicht vor sich.« Blöde Frage, das wusste er selbst.

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