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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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warum sie in diesem Moment nichts spürte außer Kälte. Sie fing an zu frieren. Irgendwann zitterte sie so stark, dass ihr die Polizistin die Bettdecke um die Schultern legte. Black tauchte endlich mit dem heißen Tee auf. »War nicht ganz einfach, das Zeug zu finden…«, murmelte er entschuldigend.
    »Wer tut denn so was?«, fragte Fiona verstört.
    »Wissen wir noch nicht«, sagte Hepburn leise.
    »Wo haben Sie sie gefunden?«
    »North Bridge.«
    »Auf der North Bridge! Aber da sind doch ständig Leute!«
    »Genauer gesagt auf der Scotsman-Treppe.«
    »Unmöglich. Die würde sie nie allein im Dunkeln…« Sie hielt inne. »Obwohl, was weiß ich schon von Mòrag.«
    »Nein, reden Sie weiter«, sagte Hepburn. »Sie sagen, Mòrag hätte in der Dunkelheit eher nicht diesen Weg genommen, richtig?«
    Fiona nickte, sie fror noch immer. Ihr fiel etwas ein. »Hatte sie so einen grün-goldenen Brokatmantel an?«
    Black hob die Augenbrauen. »Warum fragen Sie?«
    »Ja oder nein?«
    »Was wäre denn, wenn?«
    Die Kälte in ihr ließ langsam nach. »Dann hat man sie wohl verwechselt.«
    Berlin, April 1980
     
    »Und Sie sind sich ganz sicher?«
    Dr. Bartholomay nickte, offensichtlich um Ruhe bemüht. »Keine Krankenschwester, keine Ärztin, keine Putzfrau, wirklich niemand, der hier arbeitet oder mit jemandem verheiratet oder verwandt ist, der hier arbeitet, hat ein Kind in Fliss’ Alter.«
    Ella wollte schon aufstehen und sich verabschieden, aber er hielt sie zurück.
    »Ihre Freundin leidet an Verfolgungswahn. Glauben Sie mir einfach.«
    Ella schüttelte den Kopf. »Sie haben vorhin selbst gesagt, dass Sie keinerlei Familienähnlichkeit sehen und…«
    »Ach, so was kommt doch dauernd vor! Vielleicht ähnelt das Kind einer entfernten Cousine. Oder dem Großvater. Und durch die Krankheit…Nein, man kann das nicht so einfach sagen.«
    »Fällt Ihnen nicht doch noch jemand ein…«, begann Ella.
    Dr. Bartholomay stöhnte genervt. »Es ist höchst unwahrscheinlich, aber immerhin möglich, dass eine Frau auf gut Glück in dieses Krankenhaus gestolpert ist und die Kinder vertauscht hat. Oder vielleicht gibt es wirklich irgendwo Verwandte oder Bekannte unserer Mitarbeiter, die ein gleichaltriges Kind haben. Aber ganz ehrlich, ich glaube nicht daran. So was macht doch keiner.«
    »Vielleicht doch. Eine Frau, die sich nichts sehnlicher wünscht als ein gesundes Kind.«
    »Dann hätte sie doch schon bei den allerkleinsten Anzeichen wissen müssen, dass es das Hutchinson-Gilford-Syndrom ist. Nicht mal wir Ärzte haben das sofort erkannt! In dem Stadium hätte jede Mutter gedacht, dass man etwas für ihr Kind tun kann. So leichtfertig ist doch niemand!«
    »Eventuell wurde die Krankheit schon diagnostiziert. Von jemandem, der sich damit auskennt«, erwiderte Ella scharf.
    »Vergessen Sie’s.« Jetzt war Bartholomay beleidigt. »Die Krankheit ist viel zu selten. Das wäre ein sehr unwahrscheinlicher Zufall. So viele Zufälle kann es gar nicht geben. Vergessen Sie’s«, wiederholte er.
    Ella stand auf und ging zur Tür. Diesmal hielt er sie nicht zurück. »Trotzdem danke für Ihre Hilfe.« Sie öffnete die Tür. »Ich hoffe nur, Sie haben mir die Wahrheit gesagt.«
    Er packte sie am Arm. »Hat Ihre Freundin Sie angesteckt mit ihrer Paranoia? Hören Sie zu: Diese Frau ist krank. Das sage ich, das sagen meine Kollegen in der Psychiatrie, das sagt ihr Ehemann. Ich weiß nicht, wie sie Sie dazu gebracht hat, dass Sie ihr glauben. Vielleicht bezahlt sie auch dafür. Aber lassen Sie sich eins raten: Sich auf so einen Menschen einzulassen, kann verdammt gefährlich sein. Halten Sie sich lieber an die Fakten, nicht an die Hirngespinste einer Kranken.« Er stieß sie fast schon aus dem Arztzimmer und knallte die Tür hinter ihr zu. Ellas Handtasche fiel zu Boden, der Inhalt purzelte über den Krankenhausflur. Fluchend kniete sie sich hin und sammelte die Sachen ein. Eine Krankenschwester kniete sich neben sie, um ihr zu helfen.
    »Danke«, sagte Ella. »Ich komme schon zurecht.«
    »Sie sind wegen Ihrer Freundin hier«, raunte die Schwester, und da erkannte Ella sie.
    »Sie waren doch damals dabei, als…«, begann Ella.
    Die Frau legte einen Finger auf ihre Lippen. »Nicht hier.« Sie sah nervös in alle Richtungen. Am Ende des Flurs standen zwei Patienten und unterhielten sich, sonst war niemand zu sehen. Aus Dr. Bartholomays Zimmer drang kein Laut.
    »Wann und wo?«, fragte Ella schnell. Sie klaubte ihre Puderdose und den Lippenstift vom

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