Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
Vom Netzwerk:
um sich den Hals zu brechen. Aber sicher ein paar Rippen. Mòrag fühlte einen stechenden Schmerz im Rücken und konnte kaum mehr richtig atmen.
    »Nicht Fiona«, keuchte sie.
    »Natürlich nicht.« Diesmal trat er nach ihr, trat so lange nach ihr, bis sie die nächste Treppe herunterstürzte. Warum kam niemand, um ihr zu helfen? Mòrag versuchte zu schreien, aber als sie Luft holen wollte, fühlte sie wieder den stechenden Schmerz im Rücken.
    Noch eine Treppe trat er sie runter. Trat ihr erst auf die rechte Hand, dann auf die linke. Mòrag konnte die Knochen brechen hören. Sie wimmerte nur noch, flüsterte: »Bitte, hören Sie auf!« Aber er hörte nicht auf.
    Er packte sie an beiden Handgelenken, zog sie hoch, bis sie stand, packte ihre Schultern und drehte sie mit dem Rücken zu sich. Sie rief sich sein Gesicht ins Gedächtnis, versuchte sich zu erinnern, ob sie ihn nicht vielleicht doch schon einmal gesehen hatte. Er war etwas älter als sie, aber nicht viel. Er sah gut aus, gepflegt, gebildet. Aber sie hatte ihn nie zuvor gesehen. Er meinte ja auch Fiona, nicht sie. Und zum ersten Mal nach vielen Jahren wollte sie nicht mehr Fiona sein, nur noch Mòrag.
    Sie spürte, dass er seine Hände von ihren Schultern nahm. Aber es blieb ihr keine Zeit, um wegzurennen. Er umfing ihren Körper mit dem linken Arm, zog mit der rechten Hand etwas aus seiner Hosentasche. Was es war, spürte sie wenige Sekunden später, als sich das Seil um ihren Hals schloss und immer enger zuzog. Ich weiß gar nicht mehr, wer Mòrag ist, war das Letzte, was sie dachte, bevor sie das Bewusstsein verlor.

12.
     
    Kurz vor neun klingelte das Telefon. Eine Männerstimme fragte, ob sie Fiona Hayward sprechen könnte.
    »Das können Sie nicht nur, das tun Sie gerade.«
    Schweigen.
    »Hallo?«, rief Fiona ärgerlich. Welcher Idiot war das schon wieder?
    »Sie sind Fiona Hayward?«
    »Ja. Und wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Lloyd. Wir hatten einen Termin um halb neun.«
    »Ganz sicher nicht.«
    »Jedenfalls dachte ich noch bis vor zwei Minuten, ich hätte einen Termin mit Ihnen.« Der Mann klang sehr verwirrt.
    »Sagen Sie mir, was das Ganze soll, oder ich lege auf.«
    Er räusperte sich. »Das ist mir jetzt sehr unangenehm…Ich hatte heute mit einer jungen Dame telefoniert, die sich als Fiona Hayward ausgab und einen Termin bei mir wollte. Ihre Tante hätte ihr meine Nummer gegeben. Sie sagte, Patricia Garner sei ihre Tante.«
    »Das ist unmöglich«, sagte sie entschieden, aber dann verstand sie: der verschwundene Zettel mit der Nummer, die Patricia ihr noch einmal raussuchen wollte…Jemand musste ihn gefunden und sich einen Spaß erlaubt haben. Aber wüsste ein Fremder, wie ihre Tante hieß? Wie sie hieß? Hatte das alles auf dem Zettel gestanden? Aber woher hatte dann Dr. Lloyd ihre Telefonnummer?
    »Hat die Person, die Sie angerufen hat, diese Nummer als Rückrufnummer angegeben?«, fragte sie vorsichtig.
    »Nein. Eine Handynummer. Aber da meldete sich nur die Mail box.«
    »Und der Text ging ungefähr so: Hi, ich ruf euch gern zurück, aber ihr könnt es auch noch mal bei mir zu Hause versuchen, falls ich mein Handy verschlampt hab?«
    »Ganz genau so.«
    Mòrag! »Sie hat gesagt, sie sei ich?«
    »Wenn Sie Fiona Hayward sind…Es sei denn, es gibt noch eine?«
    »Nicht unter dieser Telefonnummer.« Sie war wie vor den Kopf geschlagen. Warum telefonierte Mòrag in ihrem Namen in der Gegend herum? Wenn sie den Zettel gefunden hatte, warum fragte sie Fiona nicht einfach, was es damit auf sich hatte, statt hinterrücks irgendwelche Termine zu machen? »Hören Sie, jemand hat sich einen dummen Scherz erlaubt. Das tut mir sehr leid. Ich hoffe, Sie hatten keine Unannehmlichkeiten, weil Sie auf jemanden gewartet haben. Ich…« Sie überlegte. Wollte sie wirklich wieder eine Therapie machen? »Ich hatte offen gestanden nicht vor, einen Termin mit Ihnen zu machen. Einen schönen Abend noch.« Sie legte schnell auf, bevor er noch etwas sagen konnte.
    Mòrag! Sie stürmte in das Zimmer ihrer Freundin, um sie zu fragen, was das alles zu bedeuten hatte, fand das Zimmer aber leer: Ausgeflogen. Gerade wollte sie die Tür wieder schließen, als sie innehielt. Vielleicht, dachte sie, hatte Mòrag den Zettel zufällig gefunden, weil er Patricia aus der Tasche gefallen war. Das würde nicht erklären, warum sie, statt ihn zurückzugeben, diese Nummer gewählt und in Fionas Namen einen Termin vereinbart hatte. Vielleicht aber – und das schien ihr mit jeder

Weitere Kostenlose Bücher