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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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verbarrikadiert hatten, lagen tot um ihn herum, bleiche Fleischinseln um eine finstere See. Kerrigor besaß jetzt keine Gestalt, doch in dem riesigen Tintenklecks seiner Präsenz brannten halb menschliche Züge: Augen aus weißem Feuer und ein gähnender Mund mit zahngleichen flackernden Kohlen, so dunkelrot wie trocknendes Blut.
    »Abhorsen ist mein«, krächzte Kerrigor. Seine Stimme war tief, zäh und feucht, als blubberten seine Worte wie mit Speichel gemischte Lava. »Du wirst sie mir überlassen!«
    Das Mogget-Wesen knisterte und bewegte sich aufs Neue. Weiße Funken fielen wie winzige Sterne von ihm herab.
    »Ich habe zu lange gewartet, als mir nun die Rache von einem anderen nehmen zu lassen!«, zischte die Kreatur und endete mit einem schrillen Jaulen, das immer noch etwas Katzenhaftes an sich hatte. Dann sprang das Wesen Kerrigor an, als brauste ein leuchtender Komet in die Dunkelheit seines Körpers, und schmetterte auf seine schattenhafte Substanz wie ein Fleischklopfer, der ein Steak mürbe macht.
    Einen Moment lang rührte sich niemand, so groß war der Schock über die Plötzlichkeit des Angriffs. Dann zog Kerrigors dunkle Gestalt sich langsam wieder zusammen. Lange Tentakel finsterster Nacht wickelten sich um seinen leuchtenden Angreifer, würgten und schluckten ihn mit der unerbittlichen Gefräßigkeit eines Kraken, der eine Schildkröte mit hellem Panzer verschlingt.
    Verzweifelt hielt Sabriel Ausschau nach Touchstone und Magistrix Greenwood. Immer noch senkte sich Ziegelstaub durch die mondhelle Luft wie ein tödliches, rostfarbenes Gas. Die herumliegenden Gestalten waren von Ziegeln oder Holzteilen der zerschmetterten Bänke getroffen worden.
    Sabriel sah die Magistrix zuerst; sie lag ein Stück entfernt zusammengekauert auf der Seite. Man hätte sie für bewusstlos halten können, doch Sabriel wusste, dass sie tot war – ein langer scharfer Splitter von einer zerschmetterten Bank hatte sie getroffen. Das eisenharte Holz hatte sie durchbohrt.
    Sie spürte, dass Touchstone lebte – und da sah sie ihn auch schon, er hatte sich auf einen Steinhaufen gestützt. In seinen Augen spiegelte sich der Mondschein.
    Sabriel ging zwischen Leichen und Schutt, zwischen Blutlachen und hoffnungslos Verwundeten zu ihm.
    »Mein Bein ist gebrochen«, stieß Touchstone hervor, und sein verzerrter Mund verriet seinen Schmerz. Er deutete mit dem Kopf zum klaffenden Loch in der Wand. »Lauf, Sabriel, solange er beschäftigt ist. Lauf in den Süden, lebe ein normales Leben…«
    »Das kann ich nicht«, entgegnete Sabriel leise. »Ich bin die Abhorsen. Außerdem – wie könntest du mit deinem gebrochenen Bein mit mir rennen?«
    »Sabriel…«
    Doch Sabriel hatte sich bereits abgewandt. Sie hob Astarael auf. Ihre geschickten Hände hielten sie still, was aber gar nicht nötig war, denn Ziegelstaub hatte die Glocke verstopft, so dass sie ihre Stimme nicht ertönen lassen konnte. Sabriel starrte Astarael kurz an; dann stellte sie die Glocke sanft auf den Boden zurück.
    Das Schwert ihres Vaters befand sich nur ein paar Schritte entfernt. Sie griff danach und beobachtete, wie die Charterzeichen die Klinge entlangflossen. Diesmal zeigten sie nicht ihre normale Inschrift, sondern besagten: »Die Clayr sahen mich, der Mauermacher erschuf mich, der König dämpfte meine Stimme, die Abhorsen schwingt mich, damit kein Toter im Leben schreiten wird. Denn das ist nicht ihr Pfad.«
    »Das ist nicht ihr Pfad«, wisperte Sabriel. Sie war entschlossen, ihre Pflicht zu tun, nahm Kampfhaltung an und blickte die Aula hinunter zu der bizarren Masse aus Finsternis, die Kerrigor war.

     

29
    Kerrigor schien das Wesen aus Freier Magie, das einst Mogget gewesen war, besiegt zu haben. Er zeigte sich wieder als gewaltige Wolke aus undurchdringlicher
    Finsternis, ohne das blendende Leuchten und ohne eine Spur jenes weißen Feuers, das zuvor in ihm geflackert hatte.
    Er verhielt sich erstaunlich still, so dass Sabriel für einen Moment hoffte, er wäre verwundet. Dann aber wurde sie von einer grauenhaften Erkenntnis erfüllt: Kerrigor verharrte nur in einem Verdauungsprozess wie ein Vielfraß nach einem viel zu üppigen Mahl.
    Sie schauderte bei diesem Gedanken, und bittere Galle stieg ihr in die Kehle. Nicht dass ihr Ende besser sein würde: Sie und Touchstone würden überwältigt und am Leben erhalten werden, bis ihr roter Lebenssaft in der Dunkelheit des Reservoirs aus durchschnittener Kehle floss…
    Sie schüttelte den Kopf, um dieses Bild

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