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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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vernichten konnte, wie es eben den Papiersegler verbrannt hatte.
    Sabriel zog ihr Schwert und wich zurück. Sie war entschlossen, nicht in Panik zu geraten wie bei dem Mordicanten. Sie vergaß den Schmerz in ihrem Hals und riss den Kopf herum, um sich umzusehen. Ihre Gedanken rasten, überschlugen sich. Vielleicht sollte sie eine der Glocken… Doch dazu müsste sie die Kerze fallen lassen. Konnte sie damit rechnen, dass die leuchtende Kreatur genug Licht von sich gab, ihr den Weg zu weisen?
    Als könnte ihr Gegner ihre Gedanken lesen, verlor er seine Leuchtkraft und sog die Dunkelheit in seinen wirbelnden Körper, wie ein Schwamm Tinte aufsaugt. Nach wenigen Sekunden konnte Sabriel die Gestalt kaum noch ausmachen; sie war jetzt nur noch eine Furcht erregende Silhouette im orangefarbenen Schein des brennenden Papierseglers.
    Verzweifelt versuchte Sabriel sich zu erinnern, was sie von Elementargeistern und Erschaffenen Freier Magie wusste. Ihr Vater hatte diese Dinge selten erwähnt, und auch Magistrix Greenwood hatte sich nur oberflächlich mit diesem Thema befasst. Sabriel kannte zwar die Bannsprüche für die zwei niedrigeren Arten der Kreaturen Freier Magie, doch das Wesen vor ihr war weder Margrue noch Stilken.
    »Überleg weiter, Abhorsen.« Die Gestalt lachte und kam wieder näher. »Wie bedauerlich, dass dein Kopf nicht so gut arbeitet.«
    »Immerhin hast du ihn gerettet«, erwiderte Sabriel wachsam. Das Wesen hatte den Papiersegler gebremst; es steckte also möglicherweise etwas Gutes in ihm, irgendein Überbleibsel von Mogget. Wenn sie es nur an die Oberfläche bringen könnte!
    »Gefühlsduselei!«, erwiderte das Ding und glitt weiterhin lautlos näher. Wieder lachte es, und ein dunkler, tentakelähnlicher Arm löste sich plötzlich, peitschte vorwärts und schlug Sabriel quer übers Gesicht.
    »Eine Erinnerung, die jetzt gelöscht ist«, fügte es hinzu, als Sabriel unter einem zweiten Angriff rückwärts taumelte und das Schwert hob, um zu parieren. Im Gegensatz zu den silbernen Zauberpfeilen traf die Klinge mit den Machtsymbolen das unnatürliche Fleisch der Kreatur. Die einzige Wirkung bestand jedoch darin, dass Sabriels Arm heftig zu schmerzen begann.
    Auch ihre Nase blutete. Die warme, salzige Flüssigkeit brannte auf ihren vom Wind aufgerissenen Lippen. Sie versuchte es zu verdrängen und bemühte sich, den Schmerz, der vermutlich von einer gebrochenen Nase kam, zu nutzen, ihre volle Wachsamkeit und Geschwindigkeit wiederzugewinnen.
    »Erinnerungen, ja, viele Erinnerungen«, fuhr das Wesen fort. Es kreiste nun um sie und drängte sie dorthin zurück, von wo sie gekommen waren, zu dem erlöschenden Feuer des Papierseglers. Sobald es ausgebrannt war, würde es nur noch Dunkelheit geben, denn Sabriels Kerze war ausgeblasen und das flüssige Wachs tropfte unbeachtet von ihrer Hand.
    »Jahrtausende der Knechtschaft, Abhorsen. Gekettet durch Hinterlist und Verrat, gefangen in einer widerlichen fleischlichen Gestalt. Aber das wird man mir bezahlen! Nicht gnädig schnell, sondern langsam – ganz langsam.«
    Wieder peitschte ein Tentakel vorwärts, tiefer diesmal, um Sabriel zu Fall zu bringen. Sie sprang mit ausgestrecktem Schwert darüber und stach nach der Brust des Wesens, doch es tänzelte seitwärts und streckte noch mehr Tentakel aus, als Sabriel nach hinten ausweichen wollte. Die Fangarme umschlangen sie und zogen sie näher heran.
    Damit Sabriel das Schwert nicht einsetzen konnte, verstärkte das angriffslustige Ungeheuer seinen Griff, bis es Sabriel dicht an seine Brust gezogen hatte und ihr Gesicht nur noch einen Fingerbreit von seinem wabernden Fleisch entfernt war, das sich in steter Bewegung befand, als surrten Milliarden winziger Insekten hinter einer Membrane aus tiefster Finsternis.
    Ein weiterer Tentakel umklammerte ihren Helm von hinten und zwang sie aufzublicken, bis sie seinen Kopf direkt über ihrem sah. Seine Augen waren schwarze Löcher, abgrundtiefe Schächte in die Unendlichkeit. Das Wesen hatte keine Nase, jedoch einen Mund, der das grässliche Gesicht in zwei Teile zu spalten schien. Der Mund war leicht geöffnet und offenbarte das brennende blauweiße Leuchten, das es anfangs als Materie benutzt hatte.
    Aller Charterzauber hatte Sabriel verlassen. Ihr Schwert konnte sie unter der Gewalt dieses Würgegriffs nicht benutzen, ebenso wenig ihre Glocken, aber sie hätte unter diesen Umständen ohnehin nicht gewusst, wie man sie richtig gegen Nichttote einsetzen musste. Trotzdem ging

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